Kurzbeschreibung

Dieses moralistische Flugblatt, das die Mühsal der Landbevölkerung mit dem Luxus und der Gier der städtischen Eliten kontrastiert, entstand kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. In den mageren Jahren nach Beendigung des Konflikts litt Deutschland unter Hungersnöten und Krankheiten, und es dauerte Jahre, bis die letzten ausländischen Truppen endlich abzogen. Bild und Text des Flugblatts verhießen die Verdammung der habgierigen Eliten, die den verheerenden Krieg verursacht hatten, während es versuchte, die Nöte der deutschen Bevölkerung moralisch zu erklären.

Flugblatt: „Da kommet der Karren mit dem Geld“ (ca. 1655)

Quelle

Da kommet der Karren mit dem Geld:

Freu dich! auf! du verarmte Welt.

 

Man hat / seither der Fried in Teutschland wiederkommen /

nichts mehr / als diese Sag und Klag und Frag vernommen:

Wir haben lang auf ihn gehoffet und geharrt /

und nun was nutzt er uns? der Fried hat uns genarrt.

Poeten hörte man in bösen Zeiten singen

und sagen: Güldner Fried / du wirst uns wiederbringen

Gold / Geld und guldne Zeit. Ja / sehet / wie sichs find!

Es bleibet nun wohl wahr: Poeten Lügner sind.

So klaget jederman / im Dorff und zwischen Mauren.

Die Bauren sonderlich / die abgefeimten Lauren /

sind schällig auf den Fried. Sie hatten nun so wohl

dem Lanzknecht abgelernt / wie man die Strassen soll

belauren / und die Leut berauben und ermorden:

davon sie wurden reich, sie waren ärger worden

als die Merode-Pursch. Izt haben sie verspielt

den Beutel zu dem Geld / weil Korn und Frucht nichts gilt.

Die Bürger  klagen auch / die Kauff- und Handwerksleute.

Zur Krieges Zeit es gab noch etwan eine Beute:

Sie führten der Armee / Hüt / Koller / Stiefeln / Schuh /

Roß / Rüstung / Kraut und Loht / Taback und Bivres zu /

und was deß Plunders mehr. Da kond man von dein Kriegen

auch aus der Druckerey Avisen lassen flügen:

Die trugen wacker Geld / ob sie nit waren wahr /

dergleichen itzt geschieht mit der Calender Waar.

Ists wunder / daß hierob die Unterthanen klagen?

will doch manch Obern selbst der Friede nicht behagen

Der lieber hette Krieg / so geb es auch mehr Geld:

Ohn Steuer / Zoll / Accis / man izund nit viel zehlt.

Manch Priester klaget auch: weil sicher sind die Strassen /

mög keiner geben Geld und vor sich bitten lassen /

der reiset über Land. Vor andern/ der Soldat

schalt auf dem Fried bisher, der nichts zu leben hat

und garten muste gehn / ja hüten gar der Schweine /

wie der verlohrne Sohn: Herr Leutenant / nehmt meine

nehmt meine Sau auch mir! so rieffe manche Gret

im Dorffe / wann man ist das Vieh austreiben thät.

Ist das die gute Zeit? ist das der güldne Friede?

Komm wieder / Krieg! wir sind des armen Friedens müde:

So sagte mancher izt. Ihr ungedultgen Leut!

Kondt ihrs erwarten nicht? Was gestern nicht / kommt heut.

Gut Ding / will haben weil. Der Gold und Silber Wagen /

weil er beladen schwer und grosse Säck muss tragen /

geht etwas sachte fort / und kommet langsam an.

Nun kommt er endlich doch (laufft / laufft / wer immer kan!)

 

Der Karren mit dem Geld / auf den man lang geharret.

Sage nun nit mehr / daß euch hab ein Poet genarret

und vorgelogen viel: Hier bringen sie die Frucht

der güldnen Friedenszeit / die ihr so lang gesucht

Hier Geld / wer Geld bedarff! Viel Millionen Gulden

die kommen hier / daß man bezahlt die alten Schulden /

die Zins und Capital, daß man die Pfande löß,

Das Briefe werden gut / die vormals waren böß.

Lasst ab nun / euer Gut den Juden zuzutragen /

zu kauffen Geld davor. Kommt her zu diesem Wagen /

wer durstig ist / wer gern / die Gurgel wäscht / und nascht:

seht / daß ihr / einen Sack drey Schäffel weit / erhascht /

ihr zehret lang davon. Ihr Alamodo-Praler /

auf / kommt hieher / und greifft nach 6 paar Secklein thaler /

sie sind gar wolfeil hier : so habt ihr Zeug zum Kleid /

zu Hosen / und am Hembd zu Ermeln Ellen-breit /

zu 12 paar duzet Band; so könnet ihr braviren /

und (das nur der kan thun / der Pfennig hat) spendiren;

so könnet ihr nur Glück gehn auf die Löffeley /

und zum Spaziren Ritt Pferd‘ halten auff der Streu:

und was euch mehr beliebt.    Und ihr / ihr Löffelhäute /

ihr Jungfern / die ihr zwar seit kitzelichte Leute /

doch nit gar jung und schön: Kommt her und holet Geld /

das wird euch haben bald an einen Mann vermählt /

der gar nit hölzern ist, und wären eure Wangen

mit schwarzem Runzel Flor schon um und an behangen,

Wer gerne hätt ein Ampt / der hole hier nur Geld:

so schmiret er sich durch / so wird man ihne hold.

Kommt hieher, nehmt euch Geld / Ihr Herren und Magnaten

durch Geld euch bässer wird / als durch 12 Räht / gerahten /

wie / ihr solt euren Staat befasten / und mit Sieg.

das Gott im Frieden ist / viel besser als der Krieg.

Hier Geld / hier komme her / wer vor Gericht muß kriegen:

Geld ist das beste Recht und lässet nicht erligen.

Kommt her / wer Geld bedarff / kommt her und holet Geld /

und freut euch / daß bey uns das Geld nun Einzug hält.

Verzeiht nur / daß ich teusch. Es sind gemahlte Thaler;

Diß Geld / ist nur Papier; Papier / ist heut Bezahler.

Begehrt ihr bessre Münz / und eine güldne Zeit:

so guldet euer Herz / und werdet bessre Leut.

So ein gemahltes Geld füll eure leere Kisten:

Weil ihr auch ins gemein seit nur getünchte Christen /

das Herz ist nicht im Mund. Pflanzt Gottes Reich in euch:

so werdet ihr / allhier und dorten / werden reich.

 

Zu finden bei Paulus Fürsten / Kunsthändler in Nürnberg.

Quelle: Andreas Kohl, Da kommet der Karren mit dem Geld: Freu dich! auf! Du verarmte Welt, Flugblatt, ca. 1655.
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
http://diglib.hab.de/drucke/ie-181/start.htm?image=181

HAB

Flugblatt: „Da kommet der Karren mit dem Geld“ (ca. 1655), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/das-heilige-roemische-reich-1648-1815/ghdi:image-5287> [05.11.2024].