Kurzbeschreibung

Diese Aufnahme der Stimme Kaiser Wilhelms II. stammt vom 24. Januar 1904. Er rezitiert darauf mehrere kurze Passagen aus dem Roman Das Schweigen im Walde (1899) von Ludwig Ganghofer, einem produktiven und sehr erfolgreichen Autor sentimentaler Heimatromane, die zumeist in seiner bayerischen Heimat angesiedelt waren und mit dem Wilhelm gut bekannt war. Es ist wahrscheinlich, dass Wilhelm die Textpassagen selbst ausgewählt hatte. Der Text fordert die Hörer auf, ihr Schicksal mit Demut und Gottvertrauen anzunehmen, ein Thema, das in Ganghofers Romanen, die unter den „einfachen, ehrlichen“ Menschen der bayerischen Alpen spielen, häufig vorkommt. Die Tonaufnahme wurde vom amerikanischen Sprachwissenschaftler E.W. Scripture angefertigt und war für die Sammlung der Library of Congress in Washington, DC bestimmt. Seit der Erfindung der Tonaufzeichnungstechnik (und bevor der Rundfunk erfunden wurde) hatten viele Sprachwissenschaftler und Institutionen großes Interesse daran, die Stimmen von Monarchen, Politikern und anderen berühmten Persönlichkeiten aufzunehmen. Sowohl vom Tonfall als auch vom Inhalt her scheint diese Aufnahme eher untypisch für Wilhelm II. zu sein, der für seine martialischen und undiplomatischen öffentlichen Reden berüchtigt war.

Tonaufnahme Wilhelms II., „Stark sein im Schmerz“ (24. Januar 1904)

Quelle

Stark sein im Schmerz; nicht wünschen, was unerreichbar oder wertlos ist; zufrieden mit dem Tag, wie er kommt; in allem das Gute suchen und Freude an der Natur und an den Menschen haben, so, wie sie nun einmal sind; für tausend bittere Stunden sich mit einer einzigen trösten, welche schön ist; und aus Herz und Können immer sein Bestes geben, wenn es auch keinen Dank erfährt – wer das lernt und kann, der ist ein Glücklicher! Frei und stolz! Immer schön wird sein Leben sein.

Wer mißtrauisch ist, begeht ein Unrecht gegen andere und schädigt sich selbst. Wir haben die Pflicht, jeden Menschen für gut zu halten, solange er uns nicht das Gegenteil beweist.

Die Welt ist so groß und wir Menschen sind so klein, da kann sich doch nicht alles um uns alleine drehen. Wenn uns was schadet, wer kann wissen ob das nicht notwendig ist zum Nutzen der ganzen Schöpfung? In jedem Ding der Welt, ob es tot ist oder atmet, lebt der große weise Wille des allmächtigen und allwissenden Schöpfers. Uns kleinen Menschen fehlt nur der Verstand, um ihn zu begreifen. Wie alles ist, so muß es sein in der Welt. Und wie es auch sein mag, immer ist es gut im Sinne des Schöpfers.

Quelle: Wilhelm II. Rede des deutschen Kaisers, 24. Januar 1904. Edison-Walze. Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

DRA