Quelle
Mit der Entwicklung unserer Industrie, unseres Handels und Exports
hängt eng zusammen, dass wir den abgerissenen Faden der Hansa wieder
aufnahmen und auf die See hinaus gingen. Nur durch starke Berührung mit
der See können wir den für uns nötigen, weltumspannenden geistigen
Horizont gewinnen. Ich meine nicht den im Himmel oder im Abstrakten,
sondern den für den Erdenmenschen auch notwendigen hier auf der
Erde.
Unsere wirtschaftliche Entwicklung ging in den letzten
Jahrzehnten, unterstützt von deutschem Fleiß, deutscher Wissenschaft,
mit Riesenschritten vorwärts. Darin lag der Stein des Anstoßes für
England. Und zwar umso stärker, je mehr seine Trustmagnaten die ganze
Welt als die Zitrone betrachteten, die auszupressen sie das alleinige
Monopol hätten.
Noch ehe wir eine in Betracht kommende Seemacht
hatten, noch ehe ein Flottengesetz da war, das ist festzuhalten, tat
sich eine politische Gruppe in England zusammen, die auf ihre Fahne
schrieb: Germaniam esse delendam
.
Die von uns erklärte Seesperre durch die U-Boote ist keine
Vergeltungsmaßregel, obwohl wir sie bei dem brutalen Zerreißen alles
Seerechts durch England wohl als solche bezeichnen könnten. Unsere
Seesperre ist vielmehr unser legales Recht. England sieht aber aus einer
gewissen puritanischen Gedankenrichtung heraus alles als Unrecht und
sogar als Frevel an, was ihm als auserwähltem Volk ungünstig ist, alles
als Recht, was ihm günstig.
Auch hat seine politische Leitung es
meisterhaft verstanden, den Völkern etwas von dieser Auffassung durch
geschickte Propaganda und, wo erforderlich, durch das Haus einzubläuen.
Die rücksichtslose, piratenhafte Behandlung der neutralen Schifffahrt
ist nichts. Die Knebelung Portugals, die brutale Niederwerfung
Griechenlands, welches nur den Frieden für sich wollte, ist ganz in der
Ordnung. Als wir aber dem Durchmarsch der Franzosen und Engländer durch
Belgien zuvor kamen, nannte man es ein Verbrechen, das nur Barbaren und
Hunnen ausüben könnten. Doch kurz vor seinem Tode hat mir der
Generaloberst von Moltke gesagt, dass er vollständig orientiert gewesen
sei über die Stellungnahme Belgiens beim Ausbruch eines etwaigen
Weltkrieges.
Wer vor dem Kriege die Reden französischer aktiver
Minister in belgischen Städten bei offiziellen Gelegenheiten und die
sonstigen Vorgänge dort - ich erinnere nur an die Befestigungsfrage von
Vlissingen - aufmerksam verfolgt hatte, konnte es auch so wissen. Dem
Staate Belgien ist unter seinem Verhalten Recht geschehen und nicht
Unrecht. Das muss einmal klipp und klar ausgesprochen werden!
Der
gewaltige Kampf, den Deutschland jetzt führt, geht nicht um Deutschland
allein. Er geht in Wahrheit um die Freiheit des europäischen Kontinents
und seiner Völker. Gegen die alles verschlingende Tyrannei des
Anglo-Amerikanismus. Den militärischen Sieg haben wir in der Hand.
Unsere tapfere Volkswehr zu Wasser und zu Lande erwirkt ihn.
Auch
der politische Sieg wird uns mit Sicherheit werden, wenn wir das Herz
und den bewussten Willen dazu haben. Deutschland kämpft wie ein großes
Ideal. Deshalb möchte ich in alle Gaue unseres Vaterlandes hinausrufen:
Deutschland wach auf, deine Schicksalsstunde ist gekommen!
Quelle: Alfred von Tirpitz, Erklärung zum U-Boot-Krieg gegen Großbritannien, Aufnahmedatum: 24. Januar 1918. Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv