Kurzbeschreibung

Dieses Schreiben von Lothar von Trotha (1848–1920), dem Befehlshaber der deutschen Kolonialtruppen in Südwestafrika, wurde im Oktober 1904 während des Herero-Aufstandes an die Herero geschickt. Trotha hatte zuvor Feldzüge gegen Rebellen in Ostafrika und gegen chinesische Aufständische während des Boxeraufstands geführt. In Deutschland führte der Vernichtungsbefehl zu einem öffentlichen Aufschrei und wurde daraufhin von Wilhelm II. offiziell aufgehoben. Die Herero waren zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits dezimiert worden, schätzungsweise 80 % ihrer Bevölkerung wurden getötet, der Rest wurde in Zwangsarbeitslager gesperrt, wo zahlreiche weitere an Krankheiten, Unterernährung und Überarbeitung starben. Im Jahr 2021 erkannte die deutsche Regierung diese Handlungen offiziell als Völkermord an.

Lothar von Trothas Vernichtungsbefehl (2. Oktober 1904)

Quelle

Abschrift. Osombo-Windhuk, 2.10.04
Kommando der Schutztruppe.
J. Nr. 3737

Ich der große General der Deutschen Soldaten sende diesen Brief an das Volk der Herero.

Die Herero sind nicht mehr Deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. Ich sage dem Volk: Jeder der einen der Kapitäne an eine meiner Stationen als Gefangenen abliefert, erhält tausend Mark, wer Samuel Maherero bringt, erhält fünftausend Mark. Das Volk der Herero muß jedoch das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr [kapholländisch, Geschütz, Kanone] dazu zwingen.

Innerhalb der Deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schießen.

Dies sind meine Worte an das Volk der Herero.
Der große General des mächtigen Deutschen Kaisers.

Dieser Erlaß ist bei den Appells den Truppen mitzuteilen mit dem Hinzufügen, daß auch der Truppe, die einen der Kapitäne fängt, die entsprechende Belohnung zu teil wird, und daß das Schießen auf Weiber und Kinder so zu verstehen ist, daß über sie hinweggeschossen wird, um sie zum Laufen zu zwingen. Ich nehme mit Bestimmtheit an, daß dieser Erlaß dazu führen wird, keine männliche Gefangene mehr zu machen, aber nicht zu Grausamkeiten gegen Weiber und Kinder ausartet. Diese werden schon fortlaufen, wenn zweimal über sie hinweggeschossen wird. Die Truppe wird sich des guten Rufes der Deutschen Soldaten bewußt bleiben.

Der Kommandeur.
gez. v. Trotha
Generalleutnant.

Quelle: Bundesarchiv Berlin: R 1001/2089, Bl. 7. Zitiert nach Horst Gründer, „da und dort ein junges Deutschland gründen.“ Rassismus, Kolonien und kolonialer Gedanke vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. München, 1999, S. 152–53.