Quelle
An den großen Gesandten des Kaisers,
Gouverneur
Leutwein.
Deinen Brief habe ich erhalten, und ich habe gut verstanden, was Du mir und meinen Großleuten geschrieben hast. Ich und meine Großleute antworten folgendermaßen: Der Anfang des Krieges ist nicht jetzt in diesem Jahr durch mich begonnen worden, sondern er ist begonnen worden von den Weißen; wie Du weißt, wie viele Hereros durch die weißen Leute, besonders Händler, mit Gewehren und in Gefängnissen getötet sind. Und immer, wenn ich diese Sache nach Windhuk brachte, immer kostete das Blut meiner Leute [nicht mehr, als] einige [Stück] Kleinvieh, nämlich fünfzig oder fünfzehn. Die Händler vermehrten die Not noch in der Weise, daß sie aus sich selbst meinen Leuten auf Borg gaben. Nachdem sie so getan, raubten sie sie aus, bis sie soweit gingen, sich bezahlen zu lassen, indem sie für 1 Pfund [Sterling] Schuld zwei oder drei Rinder gewaltsam wegnahmen. Diese Dinge sind es, die den Krieg in diesem Lande erweckt haben.
Und jetzt in diesen Tagen, da die Weißen sahen, daß Du, der Du Frieden mit uns und Liebe zu uns hast [nicht da warst], da begannen sie uns zu sagen: Der Gouverneur, der euch lieb hat, ist in einen schweren Krieg gezogen, er ist tot, und weil er tot ist[1], werdet ihr auch sterben. Sie gingen so weit, daß sie zwei Herero des Häuptlings Tjetjo töteten, bis Leutnant N. anfing, meine Leute im Gefängnis zu töten. Es starben zehn, und es hieß, sie seien an Krankheit gestorben, aber die starben durch die Arbeitsaufseher und durch die Knüttel. Zuletzt fing Leutnant N. an, auch mich schlecht zu behandeln und eine Ursache zu suchen, wegen deren er mich töten könne, indem er sagte: die Leute von Kambasembi und Uanja machen Krieg. Da rief er mich, mich zu befragen. Ich antwortete wahrheitsgemäß, nämlich „nein“. Aber er glaubte nicht. Zuletzt setzte und verbarg er in der Schanze [Feste] Soldaten in Kisten[2]. Und er rief mich, damit wenn ich käme, er mich erschieße. Ich ging nicht hin; ich merkte [die Absicht], und deshalb entfloh ich. Darauf schickte Leutnant N. Leute mit Gewehren, mich zu erschießen. Darüber wurde ich zornig und sagte: „Jetzt muß ich die Weißen töten [sei es selbst, daß] ich sterbe.“ Denn daß ich sterben sollte, habe ich gehört von einem Weißen mit Namen X. […]
Ich bin der Häuptling Samuel Maharero!
Anmerkungen
Quelle: Paul Rohrbach, Deutsche Kolonialwirtschaft, Bd. 1: Südwest-Afrika, Berlin-Schöneberg 1907, S. 333 f. Zitiert nach Horst Gründer, „… da und dort ein junges Deutschland gründen.“ Rassismus, Kolonien und kolonialer Gedanke vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. München, 1999, S. 151–52.