Kurzbeschreibung

Paul Warnke war 1914 Chefredakteur des Satire-Magazins Kladderadatsch; am 8. August 1914 erklärte er, dass sein Magazin auf jegliche politische Satire verzichten und sich aktiv für den deutschen Sieg einsetzen werde. Während des Krieges veröffentlichte er zahlreiche Gedichte im Kladderadatsch und gab 1915 eine Sammlung dieser Gedichte heraus.

Dieses trauervolle Gedicht erschien in einer Ausgabe der Wochenzeitschrift Wachtfeuer: deutsche Kunstblätter zum Krieg, die vom Wirtschaftsverband bildender Künstler Berlin herausgegeben wurde. 1915 veröffentlichte die Zeitschrift eine Ausgabe mit dem Titel „Unseren deutschen Frauen“, auf deren Titelblatt ein Portrait Kaiserin Auguste Viktorias abgebildet war und dessen Beiträge die Opfer und Leistungen der deutschen Frauen an der Heimatfront schilderte. Warnckes Gedicht thematisiert die Trauer der Frauen, deren Angehörige im Krieg gefallen sind. Schwestern, frisch verheiratete Bräute, Ehefrauen und Mütter haben ihre Brüder, Ehemänner und Söhne im Krieg verloren und leiden unter tiefer, unermesslicher Trauer. Das Gedicht erkennt das Leid der Frauen und betont, dass nicht nur die gefallenen Männer, sondern auch die Frauen, die sie betrauern ohne jemals zu klagen, als Helden geehrt werden müssten.

Paul Warncke, Deutsche Frauen (1915)

Quelle

Deutsche Frauen.

Sie gehn in schwarzem Kleide,
Umflort das Angesicht;
Sie gehn in tiefem Leide
Aber sie klagen nicht.

Ich sehe einsame Schwestern,
Denen das Herz zerbricht;
Es war voll Glück noch gestern
Aber sie klagen nicht.

Ich sehe liebliche Bräute,
Ihr Weg war lauter Licht;
Sie gehn im Dunkeln heute,
Aber sie klagen nicht.

Viel Frauen beweinen den Gatten
Schwer drückt der Not Gewicht;
Mütter gehen wie Schatten,
Aber sie klagen nicht.

Sie haben Helden geboren
In treuer Liebe Pflicht;
Sie haben Helden verloren
Aber sie klagen nicht.

Sie haben Leid empfunden,
Ihr stummes Auge spricht;
Sie gehn und heilen Wunden,
Aber sie klagen nicht.

Schweigenden Ruhm soll melden
Dies Liedlein laut und schlicht:
Sprecht ihr von deutschen Helden
Vergeßt der Frauen nicht!

Paul Warncke

Quelle: Wachtfeuer: Künstlerblätter zum Krieg, Nr. 58 (1915), S.2. Online verfügbar unter: https://doi.org/10.11588/diglit.30347#0581

Paul Warncke, Deutsche Frauen (1915)

Quelle: Wachtfeuer: deutsche Kunstblätter 1914/15, Nr. 58 (1915), Titelblatt. https://doi.org/10.11588/diglit.30347#0586

UB Heidelberg

Paul Warncke, Deutsche Frauen (1915), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/das-wilhelminische-kaiserreich-und-der-erste-weltkrieg-1890-1918/ghdi:document-5490> [26.09.2025].