Kurzbeschreibung

Selbst nach der Festigung seiner Alleinherrschaft war Hitler stets darauf bedacht, die Loyalität und Unterstützung der deutschen Bevölkerung zu bewahren. So beschränkte er die radikalsten Maßnahmen seiner Bevölkerungspolitik weitgehend auf soziale und andere Minderheiten, wobei ihre Durchführung nicht für das Auge der Öffentlichkeit bestimmt war. Wie der folgende Vermerk des Chefs der Parteikanzlei Martin Bormann vom 29. Januar 1944 belegt, hielt Hitler jedoch für die Nachkriegszeit eine radikale Abkehr von bisherigen, bürgerlichen und religiösen Moral- und Sexualvorstellungen vonnöten, um die erheblichen menschlichen Kriegsverluste möglichst schnell auszugleichen und so das Fortbestehen des deutschen Volkes zu sichern.

Martin Bormanns Vermerk über die „Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes“ (29. Januar 1944)

  • Martin Bormann

Quelle

Führerhauptquartier, 29. Januar 1944

Vermerk.

Betrifft: Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes

1.) In der Nacht vom 27./28. Januar unterhielt sich der Führer mit uns über das Problem unserer volklichen Zukunft. Aus dieser und früheren Unterhaltungen und Überlegungen sei folgendes festgehalten:

Unsere volkliche Lage wird nach diesem Kriege eine katastrophale sein, denn unser Volk erlebt jetzt den zweiten gewaltigen Aderlaß im Zeitraum von 30 Jahren. Wir werden den Krieg militärisch auf jeden Fall gewinnen, ihn volklich aber verlieren, wenn wir nicht zu einer ganz entscheidenden Umstellung der ganzen bisherigen Auffassungen und daraus resultierenden Haltung kommen.

Der blutliche Verlust ist ja nicht etwas Einmaliges, sondern er wirkt sich Jahr um Jahr bis in die fernste Zukunft hinein aus:

Ein einziges Beispiel:

Wieviele Kinder wären in diesem Kriege mehr geboren worden, wenn es möglich gewesen wäre, unseren Frontsoldaten überhaupt oder häufiger Urlaub zu geben!

Welche fürchterlichen politischen Folgen ein Krieg haben kann, zeigt uns der Dreißigjährige Krieg: bei seinem Beginn zählte das deutsche Volk über 18 Millionen, bei seinem Ende knapp 3½ Millionen. Die Folgen dieses blutlichen Verlustes sind bis heute nicht aufgeholt und ausgeglichen, denn wir verloren die Weltherrschaft, zu der bei Beginn des Dreißigjährigen Krieges in erster Linie das deutsche Volk prädestiniert schien; unsere staatliche Zerrisenheit dauerte bis 1870, unsere volkliche im großen gesehen bis 1933; die konfessionelle Zerrissenheit ist heute noch nicht ausgeglichen.

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3.) Nach diesem Krieg werden wir, wie der Führer betonte, 3 bis 4 Millionen Frauen haben, die keine Männer mehr haben bzw. bekommen. Der sich hieraus ergebende Geburtenausfall wäre für unser Volk garnicht zu ertragen: wieviele Divisionen würden – betonte der Führer – uns in 20 bis 45 Jahren und weiter fehlen!

4.) Zukunft–Leben eines Volkes sind desto gesicherter, je zahlreicher die Geburten dieses Volkes sind.

Die Rechnung mancher Eltern, sie müßten ihre Kinderzahl beschränkt halten, um die Zukunft der geborenen Kinder zu sichern, ist also grundverkehrt: das Gegenteil ist richtig! Bei genügender Einsicht müßten also alle Frauen, die ein Kind besitzen, größten Wert darauf legen, daß nicht nur sie selbst, sondern auch alle anderen Frauen so viele Kinder wie nur möglich bekommen, denn die Zukunft dieser Kinder ist desto gesicherter, je größer ihre Zahl ist. Das ist eine ganz nüchterne Rechnung.

5.) Nun können die Frauen, die nach diesem Weltkrieg nicht mit einem Mann verheiratet sind oder werden, ihre Kinder ja nicht vom heiligen Geist bekommen, sondern nur von den dann noch vorhandenen deutschen Männern. Verstärkte Fortpflanzung des einzelnen Mannes ist – selbstverständlich vom Standpunkt des Volkswohls – nur bei einem Teil dieser Männer erwünscht. Die anständigen, charaktervollen, physisch und psychisch gesunden Männer sollen sich verstärkt fortpflanzen, nicht die körperlich und geistig Verbogenen.

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7.) Gerade auf diesem vielfach heiklen Gebiet nützen nun staatliche Anordnungen allein garnichts. Hier kann nur eine von der Bewegung getragene sehr ernste Überzeugung zur notwendigen Einsicht führen. Für dumme Witze und schlechte Scherze ist die Frage zu ernst; hier geht es wirklich um die Sicherung der Zukunft unseres Volkes.

8.) Befehlen können wir auch nach diesem Kriege nicht, daß Frauen und Mädchen Kinder kriegen sollen. Verständnisvollste – hier ist der viel zu oft verwandte Superlativ angebracht – Aufklärung ist notwendig.

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12.) [] Zunächst werden einmal viele Frauen – Mangel an Logik ist nun einmal den Frauen angeboren – die Richtigkeit im allgemeinen bejahen, im Einzelfall für ihre persönlichen Verhältnisse fanatisch ablehnen.

13.) Die öffentliche, d.h. allgemeine Aufklärung kann aus einleuchtenden Gründen erst nach dem Kriege einsetzen. Nur ein Grund hierfür sei angeführt: Wir können heute noch nicht an die Frauen, deren Männer voraussichtlich noch fallen werden, appellieren und wir können unsere Aufklärung mit Rücksicht auch auf unsere Soldaten nicht beginnen; das würde voraussetzen, daß wir auch unsere Männer, die jetzt Soldaten sind, zunächst mit diesen Gedankengängen vertraut machen müssen, denn ohne weiteres wird es nicht jedem der Soldaten erwünscht sein, wenn seine Frau oder Braut nach seinem Tode Kinder von einem anderen Manne bekommt.

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15.) Schon jetzt müssen wir alle unerwünschten Hemmnisse unserer Zielsetzung abbauen: insbesondere gilt es, Dichter und Schriftsteller unserer Zeit auszurichten. Neue Romane, Novellen und Bühnenstücke, die Ehedrama – Ehebruch setzen, sind nicht mehr zuzulassen, ebensowenig irgendwelche Dichtungen, Schriftstellereien, Kinostücke, die das außereheliche Kind als minderwertiges, uneheliches behandeln.

16.) Nun hat die Abneigung gegen die außerehelichen Kinder zweifellos einen Grund, den auch wir – richtiger, gerade wir, anerkennen müssen.

Auch wir wünschen nicht, daß unsere Schwester oder Töchter leichtfertigerweise von irgendeinem Manne Kinder bekommen bzw. sogar einmal von diesem und einmal von jenem Kinder bekommen. Wir müssen also wünschen, daß die Frauen unseres Volkes, die sich nach diesem Kriege nicht in der bisherigen Weise verheiraten können, sich mit einem Mann verbinden, der wirklich zu ihnen paßt und mit diesem Kinder zeugen.

Wenn ich in der Tierzucht genau darauf achte, daß nur zueinanderpassende Tiere miteinander verkoppelt werden, dann muß ich die für alle Säugetiere geltenden Regeln auch beim Menschen beachten: will ich Kinder, die einen ausgeglichenen Charakter haben und keinen in sich zerrissenen, dann muß ich propagieren, daß nur Menschen, die wirklich zueinander passen, miteinander Kinder erzeugen.

Mit anderen Worten: wir können nicht wünschen, daß eine Frau – und sei es auf dem Wege sogenannter Fernzeugung – von irgendeinem Manne Kinder bekommt; vielmehr sollten nur Menschen, die sich wirklich von Herzen zugetan sind, weil sie zueinander passen, Kinder zeugen.

17.) Folgerung: Wir müssen wünschen, daß die Frauen, die nach diesem Krieg keinen Ehemann mehr haben oder bekommen, mit möglichst einem Mann ein eheähnliches Verhältnis, aus dem möglichst viele Kinder erwachsen, eingehen.

Daß nicht alle derartigen Verhältnisse ein Leben lang halten werden, spricht nicht dagegen, sondern ist natürlich, auch viele Ehen werden nach längerer oder kürzerer Dauer wieder geschieden. Im übrigen bin ich sogar der Überzeugung, daß zwei Menschen, die sich in Freundschaft verbunden sind, sich dabei aber garnicht allzu häufig sehen, leichter ein Leben lang zusammenhalten als andere; dies erst recht, wenn Kinder der Liebe und Freundschaft dieses Band verstärken.

18.) Schon oben hatte ich angeführt, es müsse jede Diffamierung volklich erwünschter Verhältnisse unterbunden werden. Wer eine Frau, die ohne Ehemann (im jetzigen Sinn) Kinder bekommt, beleidigt, muß hart bestraft werden. Wer – das wird manchen Pfarrer treffen – gegen die Propagierung volklicher Notwendigkeiten redet, ist ebenfalls ganz hart zu bestrafen.

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21.) Sehr viele Frauen und Mädchen würden sehr gern Kinder, und zwar viele Kinder bekommen, wenn sie genau wüßten, daß sie ihr Leben lang dann auch wirklich versorgt werden. Sie möchten nicht Kinder kriegen und dann eines Tages, weil der Vater dieser Kinder stirbt, verarmt oder sie verläßt, unversorgt mit ihren Kindern auf Gnade und Barmherzigkeit irgendwelcher Wohlfahrtseinrichtungen angewiesen sein.

22.) Daß Frauen, die berufstätig sind und Kinder bekommen, entsprechend höher besoldet werden müssen, daß ferner diesen Frauen Wohnungen zuzuteilen sind, die der Kopfzahl ihrer Familie entsprechen, liegt auf der Hand.

23.) Ich möchte nach dem Kriege im Sonnenwinkel solche Wohnungen für Mitarbeiterinnen der Partei-Kanzlei, die Kinder bekommen, schaffen.

24.) Die Zahl der Heimschulen [] ist gewaltig zu steigern, damit alle Frauen, die irgendwelcher Gründe halber ihre Kinder zeitweise oder dauernd nicht selbst erziehen können, sie ohne Schwierigkeiten auf den Heimschulen erziehen lassen können. Das gilt für Knaben wie Mädchen. Diese Heimschulen sind auch deshalb notwendig, weil die besten und tüchtigsten Männer in ihrer Jugend meist rechte Wildlinge und von Müttern allein kaum zu bändigen sind.

25.) Indessen sollen diese Frauen ihre Kinder nicht erst im schulpflichtigen Alter auf Internate-Heimschulen geben können, sondern laut Führer-Anordnung soll die NSV., wie schon früher betont, die besten Entbindungsheime schaffen und außerdem die besten Kinderheime, in denen die Kinder vom Kleinkind bis zum schulpflichtigen Alter erzogen werden. Die Erziehung in diesen Kinderheimen muß weit besser sein, als sie im allgemeinen Schoße der Familie sein kann. Dies ist die große Zukunftsaufgabe der NSV!

26.) Wir müssen – um der Zukunft unseres Volkes willen – geradezu einen Mutterkult treiben und hierin darf es keinen Unterschied zwischen Frauen, die nach der bisherigen Weise verheiratet sind und Frauen, die von einem Mann, dem sie in Freundschaft verbunden sind, Kinder bekommen, geben! Alle diese Mütter sind in gleicher Weise zu ehren.

(Selbstverständlich gilt das nicht z.B. für jene asozialen Elemente, die nicht einmal wissen, wer die Väter ihrer Kinder sein könnten.)

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1.) Wir müssen auch für die Mütter, die nicht in der bisherigen Weise standesamtlich verheiratet sind, eine ganz ähnliche umfassende ideelle wie materielle Sicherung schaffen. Dazu gehört unter anderem: auf jeden Fall müssen die Kinder ohne Schwierigkeit den Namen des Vaters bekommen.

2.) Ferner: Auf besonderen Antrag sollen Männer nicht nur mit einer Frau, sondern mit einer weiteren ein festes Eheverhältnis eingehen können, in dem die Frau dann ohne weiteres den Namen erhält, die Kinder ohne weiteres den Namen des Vaters.

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4.) Wie ich schon früher erwähnte, ist es notwendig, daß wir die jetzigen Verhältnis-Bezeichnungen, die einen mehr oder weniger anrüchigen Klang haben, abschaffen und verbieten. Wir müssen im Gegenteil sogar gute, freundliche Namen finden. Wir müssen uns also überlegen, wie das Verhältnis, das eine Frau mit einem Manne hat, mit dem sie in bisheriger Weise nicht verheiratet sein kann, bezeichnet wird, wir müssen uns überlegen, wie die Kinder aus einem solchen Freundschaftsbund bezeichnet werden sollen usw.

Je glücklicher wir in der Namensfindung sein werden, desto leichter werden wir die bestehenden Hemmungen beseitigen. Diese Hemmungen müssen aber beseitigt werden, denn sonst sind die ganzen Opfer des vorigen Weltkrieges und dieses Krieges umsonst gewesen, weil unser Volk den nächsten Stürmen zum Opfer fallen muß. In zwanzig oder dreißig oder vierzig oder fünfzig Jahren fehlen uns dann die Divisionen, die wir unbedingt brauchen, wenn unser Volk nicht untergehen soll.

5.) Nach diesem Krieg müssen die kinderlosen Ehen und die Junggesellen weit schärfer als bisher versteuert werden. Die bisherige Versteuerung der Junggesellen muß ein Kinderspiel gegen die Steuerlasten, die ihnen künftig aufzuerlegen sind, sein.

Die Einnahmen aus diesen Junggesellensteuern müssen zur Unterstützung der Mütter, die Kinder bekommen, dienen, d.h. zur materiellen Unterstützung unserer Nachwuchsbestrebungen.

Ich bitte Sie, sich über das gesamte Problem einmal eingehend Gedanken zu machen und mir danach Ihre Stellungnahme zu übermitteln.

gez. M. Bormann

Quelle: Vermerk vom 29. 1. 1944. Martin Bormann über „Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes“; abgedruckt in Jochen von Lang, Der Sekretär: Martin Bormann, der Mann, der Hitler beherrschte. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1977, S. 478–82.