Kurzbeschreibung

Während des Zweiten Weltkriegs konzentrierten sich die Bedenken der Alliierten gegenüber der deutschen Waffenentwicklung auf das Potenzial einer „Superwaffe“, mit der die Deutschen das Blatt wenden könnten. Die deutsche Propaganda griff die Entwicklung einer solchen Waffe auf, und insbesondere die Briten fürchteten ihren Einsatz als Vergeltung für ihre Bombenangriffe auf deutsche Städte. Obwohl die Kenntnisse über die spezifischen deutschen Programme vage waren, hatten die Alliierten Kenntnis von den in Deutschland laufenden Projekten für Langstreckenraketen. Die „Vergeltungsraketen“ (V1 und V2) waren den Alliierten bekannt, wie dieser Bericht der Air Scientific Intelligence deutlich macht. Die V1 „fliegende Bombe“ oder „Doodlebug“ (so benannt nach den Geräuschen, die ihr Triebwerk im Flug erzeugte) bestand aus einem Rumpf, der die Elektronik und die Nutzlast enthielt, einem Paar Flügel und einem Impulsstrahltriebwerk für den Antrieb. Die V2 war eine Rakete mit Flüssigtreibstoff, die erste ballistische Langstrecken-Lenkwaffe der Welt. Die V2 basierte auf den Forschungen von Wernher von Braun, dessen Arbeiten zum Flüssigkeitsantrieb bis 1934 zum Start von zwei Testraketen geführt hatten. Bis zum Kriegsende wurden 1944-45 etwa 9500 V1- und über 3000 V2-Raketen gegen alliierte Ziele, vor allem englische Küstenstädte, abgefeuert. Die Alliierten fürchteten auch die Entwicklung von Uranbomben in Deutschland, und obwohl es diese Projekte gab, waren die Amerikaner die ersten, die erfolgreich solche Waffen herstellten, nämlich die Atombomben, die 1945 auf Japan abgeworfen wurden.

„Wunderwaffen“: Air Scientific Intelligence Zwischenbericht über deutsche Langstreckenraketen (26. Juni 1943)

Quelle

ZUSAMMENFASSUNG

Die Beweise für die Existenz einer Langstreckenrakete werden überprüft; diese Beweise stammen hauptsächlich aus drei Arten von Quellen: Geheimagenten, Kriegsgefangene und Fotografien. Daneben werden auch Beweise aus anderen Arten von Quellen berücksichtigt.

Die Beweise zeigen zweifelsfrei, dass die Deutschen seit einiger Zeit in Peenemünde eine Langstreckenrakete entwickeln. In ihrer derzeitigen Form ist diese Rakete etwa 38 Fuß lang und hat einen Durchmesser von 6-7 Fuß, was wahrscheinlich drei Heckflossen entspricht, und ein Gewicht von 40-80 Tonnen; sie wurde fotografiert. Es ist ungewiss, wie groß der Anteil der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeiten in Peenemünde ist, aber es würde mit der großen Mehrheit der Berichte übereinstimmen, wenn Peenemünde der einzige Standort wäre.

Das Hauptproblem war die Steuerung der Rakete während des Fluges, und es ist zweifelhaft, ob dieses Problem bereits vollständig überwunden wurde. Die technischen Behörden würden es daher wahrscheinlich vorziehen, den Einsatz der Rakete mindestens bis zum nächsten Jahr hinauszuzögern, aber es heißt, der Führer verlange ihren Einsatz so schnell wie möglich, d.h. innerhalb der nächsten Monate. In diesem Fall wird die Rakete wahrscheinlich unberechenbar sein, und London wäre das einzige lohnende Ziel. Die derzeitige Produktion von Raketen ist wahrscheinlich gering, so dass die Bombardierungsrate nicht hoch sein würde. Die einzige sofortige Gegenmaßnahme, die auf der Hand liegt, ist die Bombardierung der Einrichtung in Peenemünde.

Quelle des englischen Originaltextes: An Extract from Air Scientific Intelligence Interim Report on German Long-range Rockets (DEFE 40/12) (26. Juni 1943), National Archives, U.K. http://www.nationalarchives.gov.uk/education/resources/british-response-v1-and-v2/source-1/

Übersetzung: Insa Kummer