Kurzbeschreibung

Die erste Parteikonferenz der SED propagiert am 28. Januar 1949 die Weiterentwicklung zu einer leninistisch-stalinistischen Kaderpartei mit zentralistischer Führung durch ein Politbüro und strikter Parteidisziplin, in der die bisherige formale Gleichberechtigung von KPD- und SPD-Funktionären keine Gültigkeit mehr hat. In ihren politischen Zielen und ihrer ideologischen Ausrichtung soll die SED uneingeschränkt dem sowjetischen Vorbild folgen.

Aus der Entschließung der 1. Parteikonferenz der SED (28. Januar 1949)

Quelle

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IV. Die Entwicklung der SED zu einer Partei neuen Typus

1. Die großen Aufgaben, die vor dem werktätigen Volke Deutschlands stehen, machen es erforderlich, das große historische Versäumnis der deutschen Arbeiterbewegung nachzuholen und die SED zu einer Partei neuen Typus zu entwickeln.

Die Verschmelzung der KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands war das bedeutendste Ereignis in der jüngsten Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Die Einheit hat sich bewährt – das beweisen die Erfolge im demokratischen Aufbau der Ostzone. Das beweist auch die ideologische Einheit und Festigkeit der Partei, die in den fast drei Jahren seit der Vereinigung erzielt wurden.

Es muß selbstkritisch festgestellt werden, daß der Kampf um die ideologische Klarheit in der Partei nach der Vereinigung nicht mit genügender Aktivität geführt wurde. Insbesondere wurde der bedeutende Schritt, den der II. Parteitag zur ideologischen Klärung vorwärts tat, nicht genügend in der ganzen Partei ausgewertet. Auch gab es ernste Schwächen im ideologischen Kampf, die gewisse Elemente ermutigten, Versuche zu unternehmen, die SED zu einer opportunistischen Partei westlicher Prägung zu machen. Diese Versuche wurden dadurch gefördert, daß der Klassenfeind durch seine Schumacher-Agentur Spione und Agenten in die Reihen unserer Partei entsandte mit der Aufgabe, innerhalb der SED antisowjetische und nationalistische Tendenzen und Stimmungen zu erzeugen.

Die damit heraufbeschworene Gefahr wurde dadurch abgewendet, daß der Parteivorstand auf seiner 11. Tagung im Juni eine entschiedene Wendung vollzog und mit der Annahme des Zweijahrplans die Aufgabe verband, die SED zu einer Partei neuen Typus zu entwickeln. Diese Arbeit wurde auf der 12. und 13. Tagung des Parteivorstandes fortgesetzt und besonders die Frage des ideologischen Kampfes in den Vordergrund der Parteiarbeit gerückt. Die der 13. Tagung folgende Parteidiskussion, in der eine Reihe grundsätzlicher Fragen geklärt wurde (unser Verhältnis zur Sowjetunion, zum Marxismus-Leninismus, der Weg zum Sozialismus, die falsche Theorie des besonderen deutschen Weges, die Entartung der jugoslawischen Parteiführer, das Bündnis mit der Bauernschaft, die Rolle der Partei, die Bedeutung und Aufgaben der Betriebsgruppenarbeit u. a.), hat gezeigt, daß die Partei bereits ein beachtliches theoretisches Niveau und eine weitgehende ideologische Einheit erreicht hat. Die Meinungsverschiedenheiten, die zum Austrag gebracht wurden, zeigten, daß der frühere ideologische Unterschied zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten weitgehend verschwunden ist und daß in der Partei zahlreiche neue Kräfte herangewachsen sind, die keiner der alten Parteien angehört haben. Die Parteidiskussion hat ebenso wie die praktische Parteiarbeit bewiesen, daß das bisherige Prinzip der paritätischen Besetzung aller führenden Funktionen sich überlebt hat und zu einem Hemmschuh für die zweckmäßige Einsetzung der Kräfte geworden ist.

Die Parteidiskussion hat zugleich Klarheit darüber geschaffen, daß wir auf dem Wege zu einer Partei neuen Typus, d. h. einer Kampfpartei des Marxismus-Leninismus sind.

2. Die Kennzeichen einer Partei neuen Typus sind:

Die marxistisch-leninistische Partei ist die bewußte Vorhut der Arbeiterklasse. Das heißt, sie muß eine Arbeiterpartei sein, die in erster Linie die besten Elemente der Arbeiterklasse in ihren Reihen zählt, die ständig ihr Klassenbewußtsein erhöhen. Die Partei kann ihre führende Rolle als Vorhut des Proletariats nur erfüllen, wenn sie die marxistisch-leninistische Theorie beherrscht, die ihr die Einsicht in die gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze vermittelt. Daher ist die erste Aufgabe zur Entwicklung der SED zu einer Partei neuen Typus die ideologisch-politische Erziehung der Parteimitglieder und besonders der Funktionäre im Geiste des Marxismus-Leninismus.

Die Rolle der Partei als Vorhut der Arbeiterklasse wird in der täglichen operativen Leitung der Parteiarbeit verwirklicht. Sie ermöglicht es, die gesamte Parteiarbeit auf den Gebieten des Staates, der Wirtschaft und des Kulturlebens allseitig zu leiten. Um dies zu erreichen, ist die Schaffung einer kollektiven operativen Führung der Partei durch die Wahl eines Politischen Büros (Politbüro) notwendig.

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Die marxistisch-leninistische Partei beruht auf dem Grundsatz des demokratischen Zentralismus. Dies bedeutet die strengste Einhaltung des Prinzips der Wählbarkeit der Leitungen und Funktionäre und der Rechnungslegung der Gewählten vor den Mitgliedern. Auf dieser innerparteilichen Demokratie beruht die straffe Parteidisziplin, die dem sozialistischen Bewußtsein der Mitglieder entspringt. Die Parteibeschlüsse haben ausnahmslos für alle Parteimitglieder Gültigkeit, insbesondere auch für die in Parlamenten, Regierungen, Verwaltungsorganen und in den Leitungen der Massenorganisationen tätigen Parteimitglieder.

Demokratischer Zentralismus bedeutet die Entfaltung der Kritik und Selbstkritik in der Partei, die Kontrolle der konsequenten Durchführung der Beschlüsse durch die Leitungen und die Mitglieder.

Die Duldung von Fraktionen und Gruppierungen innerhalb der Partei ist unvereinbar mit ihrem marxistisch-leninistischen Charakter.

Die marxistisch-leninistische Partei wird durch den Kampf gegen den Opportunismus gestärkt. Die Arbeiterklasse ist keine nach außen abgeschlossene Klasse. Der Geist des Opportunismus wird ständig durch bürgerliche Kräfte in sie hineingetragen und ruft dadurch Unsicherheit und Schwankungen in ihren Reihen hervor. Deshalb ist der schonungslose Kampf gegen alle opportunistischen Einflüsse die unerläßliche Voraussetzung für die Stärkung der Kampfkraft der Partei.

Höchste Klassenwachsamkeit ist unbedingte Pflicht eines jeden Parteimitgliedes. Durch sie muß auch das Eindringen von Spionen, Agenten der Geheimdienste und des Ostbüros Schumachers in die Partei und die demokratischen Organe verhindert werden.

Die marxistisch-leninistische Partei ist vom Geiste des Internationalismus durchdrungen. Dieser Internationalismus bestimmt ihren Platz in der weltweiten Auseinandersetzung zwischen den Kriegshetzern und den Friedenskräften, zwischen Reaktion und Fortschritt, zwischen Kapitalismus und Sozialismus. In diesem Kampfe steht die marxistisch-leninistische Partei eindeutig im Lager der Demokratie und des Friedens, an der Seite der Volksdemokratien und der revolutionären Arbeiterparteien der ganzen Welt. Sie erkennt die führende Rolle der Sowjetunion und der KPdSU (B) im Kampfe gegen den Imperialismus an und erklärt es zur Pflicht jedes Werktätigen, die sozialistische Sowjetunion mit allen Kräften zu unterstützen.

Quelle: Aus der Entschließung der 1. Parteikonferenz der SED (28. Januar 1949), in Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Bd. II. Berlin 1951, S. 179–82; auch abgedruckt in Ernst Deuerlein, Hrsg., DDR. München, 1966, S. 82–85.