Kurzbeschreibung

Obwohl dieser Artikel in der Neuen Zeit, einer ostdeutschen Zeitung, darauf besteht, dass die Schuld am Koreakrieg auf der südkoreanischen Seite lag, sind sich die Historiker*innen im Allgemeinen einig, dass Stalins „grünes Licht“ für die von Kim Il-Sung geplante Invasion Südkoreas, das im Januar 1950 erteilt wurde, letztlich für den Ausbruch des Krieges verantwortlich war. Historiker*innen nennen vor allem zwei Gründe, warum Stalin sich entschlossen haben könnte, den Krieg zu billigen. Erstens hielt US-Außenminister Dean Acheson am 12. Januar 1950 eine Rede, in der er andeutete, dass die USA Südkorea im Falle eines Angriffs möglicherweise nicht verteidigen würden; Stalin gab Ende Januar grünes Licht für Kim Il Sungs Vorschlag, was darauf hindeutet, dass die Außenpolitik der USA eine wesentliche Rolle bei Stalins Entscheidung spielte. Zweitens unterzeichneten die Sowjets im Februar desselben Jahres einen Freundschaftsvertrag mit China; Stalin war sich daher sicher, dass China den Feldzug Nordkoreas wesentlich unterstützen würde. Der Vertrag besagte auch, dass auch im Fall der Beteiligung der Sowjetunion oder Chinas an einem Krieg in Asien die Sowjetunion Zugang zum Hafen von Lüshun (Port Arthur) und der China Eastern Railway (CER) haben würden, beides wichtige Punkte in China, die für die Sowjetunion von entscheidender Bedeutung waren, da sie ihr den Zugang zum Pazifischen Ozean ermöglichten. Durch ihre Beteiligung am Koreakrieg konnten die Sowjets sowohl den Hafen als auch die Eisenbahn weiterhin nutzen.

Die Schuld am Koreakonflikt (11. Juli 1950)

Quelle

Eingeständnisse von Kim-I-Sek und „Combat“ – Vorbereitungen von langer Hand

Kim-I-Sek, Innenminister der Regierung Syng-Man-Rhee’s bis zum Frühjahr 1950 und daher mit den Vorgängen im südkoreanischen Lager besonders vertraut, gab in einer Rundfunkrede über den Sender Söul Erklärungen zur Vorgeschichte des Koreakrieges ab, welche einwandfrei erkennen lassen, auf wessen Seite die Schuld an dem Ausbruch des offenen Krieges in Korea liegt.

Wie Kim-I-Sek berichtete, sollte bereits Mitte des Jahres 1949, und zwar am 15. Juli 1949, ein Großangriff gegen die Volksrepublik Korea inszeniert werden. Einzig die in einer außergewöhnlich starken Partisanentätigkeit zum Ausdruck kommende Unzuverlässigkeit der südkoreanischen Bevölkerung gegenüber seinem Regime hinderte Syng-Man-Rhee (und seine Verbündeten), bereits damals loszuschlagen. Die Angriffsaktion, an welcher Kim-I-Sek als Innenminister mitbeteiligt war, wurde jedoch nicht aufgegeben, sondern lediglich auf einen günstigeren Zeitpunkt verschoben.

Daß dieser Zeitpunkt im Einvernehmen mit dem USA-Befehlshaber in Japan, General McArthur, festgesetzt werden mußte, ergab sich klar, als der südkoreanische Ministerpräsident Syng-Man-Rhee im Frühjahr 1950 nach Tokio ins USA-Hauptquartier beordert wurde und nach seiner Rückkehr von dort den 25. Juni 1950 als Tag des Angriffs auf Nordkorea bestimmte. Auch an der Vorbereitung des neuen Angriffsplanes hatte Kim-I-Sek seinen gemessenen Anteil.

Diese Enthüllungen des ehemaligen südkoreanischen Innenministers werden bestätigt und ergänzt durch Darlegungen der Pariser Zeitung Combat“ über die Tatsache, daß die industrielle Mobilmachung in den USA: die Umstellung von Friedens- auf Kriegsproduktion mit ihren charakteristischen Begleiterscheinungen (auffallende Verringerung der Erzeugung für Zivilbedarf, fühlbare Verknappung an Eisen und Stahl, erhebliche Preiserhöhungen für Produkte der Schwerindustrie, Inbetriebnahme der stillgelegten Erzeugung synthetischen Kautschuks) schon vor mehreren Monaten begonnen hat. Zu gleicher Zeit nahm die Einfuhr sogenannter strategischer Rohstoffe (Uranium) und industrieller Produkte zur Ausrüstung der Armee aus den Ländern des britischen Reiches nach den USA sehr erheblich zu.

Auch der Widerstand der USA und ihrer Parteigänger gegen die Anerkennung Volks-Chinas als Inhabers des chinesischen Sitzes im Weltsicherheitsrat gewinnt in diesem Zusammenhange eine besondere Bedeutung. Bei Teilnahme Volks-Chinas und der Sowjetunion an den Verhandlungen des Weltsicherheitsrates hätte es nie zu der den Weltfrieden gefährdenden, von den USA inspirierten und durchgepeitschten—übrigens rechtlich ungültigen— „Resolution“ des Weltsicherheitsrates kommen können, welche Truman und MacArthur eine Scheinrechtfertigung ihres Angriffs auf Korea und des Mißbrauchs der UNO-Organisation bot. Die Nichtanerkennung Volks-Chinas als Mitglied des Weltsicherheitsrates stellt sich somit als eine weitere Vorbereitungsmaßnahme der USA für ihr Korea-Abenteuer heraus.

Quelle: „Die Schuld am Koreakonflikt”, Neue Zeit, 6. Jahrgang 1950, Nr. 158, 11. Juli 1950.

Die Schuld am Koreakonflikt (11. Juli 1950), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/die-besatzungszeit-und-die-entstehung-zweier-staaten-1945-1961/ghdi:document-5219> [24.04.2024].