Quelle
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Die Anerkennung der „DDR“ bedeutet die völkerrechtliche Anerkennung der Teilung Deutschlands in zwei Staaten. Die Wiedervereinigung ist dann nicht mehr die Beseitigung einer vorübergehenden Störung im Organismus unseres gesamtdeutschen Staates; sie verwandelt sich vielmehr in die unendlich viel schwierigere Aufgabe, zwei verschiedene deutsche Staaten zu vereinigen. Die Geschichte der deutschen Einigung im 19. Jahrhundert beweist, was das bedeuten kann. Würde die Bundesrepublik mit dieser Anerkennung vorangehen, so würde sie selbst dazu beitragen, daß Europa und die Welt das Bewußtsein für die Anomalie des gegenwärtigen Zustandes verlieren und sich mit ihm abfinden. Sie würde die vier Mächte aus ihrer Verantwortung für die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands entlassen, die sie bisher stets – auch die Sowejtunion – anerkannt haben. Stattdessen würde sie den Pieck, Grotewohl und Ulbricht ein Vetorecht gegen die Wiedervereinigung einräumen. Darüber hinaus würde die Anerkennung der „DDR“ den Verzicht der Bundesregierung auf ihren Anspruch bedeuten, Sprecher des ganzen deutschen Volkes zu sein, eines Anspruchs, der in unserer Verfassung erhoben wird und dem sich keine Bundesregierung entziehen kann.
Die Bundesregierung kann nicht umhin, erneut klarzustellen, daß sie auch in Zukunft die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der sogenanten „DDR“ durch dritte Staaten, mit denen die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen unterhält, als einen unfreundlichen Akt ansehen müßte, der die Spaltung Deutschlands vertiefen und verhärten würde. Die Bundesregierung würde in einem solchen Falle ihre Beziehungen zu dem betreffenden Staat einer Überprüfung unterziehen müssen.
In der letzten Zeit ist verschiedentlich die Frage erörtert worden, ob es zweckmäßig und möglich sei, Beziehungenn zu den östlichen Nachbarstaaten Deutschlands aufzunehmen. Die Bundesregierung hat dieses Problem sehr eingehend gesprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß diplomatische Beziehungen zu diesen Staaten unter den augenblicklichen Umständen nicht aufgenommen werden können. Das bedeutet nicht, daß die Bundesregierung an der Herstellung normaler Beziehungen zu diesen Staaten uninteressiert wäre.
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Quelle: Heinrich von Siegler, Wiedervereinigung und Sicherheit Deutschlands. 3. Aufl., Bonn/Wien/Zürich: Verlag für Zeitarchive, 1958, S. 194.