Kurzbeschreibung

Im Juli 1949 schätzt rund die Hälfte der Deutschen in der amerikanischen Zone ihre wirtschaftliche Lage positiver als vor einem Jahr ein. Dazu haben die Währungsreform im Juni 1948 und die Marshall-Plan-Hilfe aus den USA beigetragen. Immerhin knapp ein Fünftel der Befragten klagt aber immer noch über ein ungenügendes Einkommen und schlechtere wirtschaftliche Perspektiven.

OMGUS-Umfragen: Die Öffentlichkeit vergleicht ihre gegenwärtige und vergangene ökonomische Situation (Juli 1949)

Quelle

Befragte: 3000 in der Amerikanischen Zone, 500 in Westberlin und 250 in Bremen.

Untersuchungszeitraum: Juli 1949 (4 Seiten).

Die meisten Menschen (48 Prozent in der Amerikanischen Zone, 57 Prozent in Westberlin und 61 Prozent in Bremen) schätzten ihre wirtschaftliche Lage im Juli 1949 besser ein als ein Jahr zuvor. Jene, denen es schlechter ging (17 Prozent in der Amerikanischen Zone und in Westberlin, 14 Prozent in Bremen), gehörten keiner bestimmten, klar definierten, zusammenhängenen Gruppe an. Freilich klagten mehr Menschen in niedrigeren als in höheren Einkommensgruppen, dass es ihnen ökonomisch schlechter ging als im Vorjahr. Auch Menschen, die nur über eine mittlere Schulbildung verfügten und aus der Unterschicht stammten, neigten eher zu dieser Klage als gebildetere Bevölkerungsschichten und jene aus höheren sozialen Kreisen. Doch die Unterschiede waren generell nicht sonderlich ausgeprägt, und keinesfalls gab es eine einzelne Gruppe, die dem allgemeinen Einstellungstrend zuwider gelaufen wäre.

Menschen, die meinten, es ginge ihnen im Juli 1949 schlechter, neigten dazu, auch andere ökonomische Fragen etwas pessimistischer zu betrachten als jene, die meinten, es ginge ihnen besser als im Jahr zuvor, pessimistischer auch als die Gesamtbevölkerung der Amerikanischen Zone. Sie neigten dazu, die Aussichten in der von den Amerikanern besetzten Zone düsterer zu sehen, obwohl die Meinung einer Vielzahl von Menschen optimistischer ausfiel. Sie waren auch in Bezug auf die Preisentwicklung und den Wert der Mark pessimistischer. Ihre Konsumerwartungen fielen erheblich geringer aus, und weit weniger Menschen aus dieser Gruppe gaben an, genügend zu essen zu haben, um ihre Arbeit gut zu verrichten. Und schließlich gab eine viel größere Zahl von ihnen an, mit ihrem gegenwärtigen Einkommen nicht zu Recht zu kommen.

DER MARSHALLPLAN UND WESTDEUTSCHLAND

Befragte: eine unspezifische Zahl von Befragten, ein Querschnitt durch die Bewohner der Amerikanischen Zone, Westberlins und Bremens.

Untersuchungszeitraum: die letzten beiden Augustwochen 1949 (8 Seiten).

Große Mehrheiten (67 Prozent in der Amerikanischen Zone, 73 Prozent in Westberlin, 76 Prozent in Bremen) meinten, die wirtschaftliche Lage in Westdeutschland habe sich im vergangenen Jahr verbessert. Die Hilfe aus dem Ausland wurde nach der Währungsreform als frei genannter Grund für diese Verbesserung angegeben.

Sieben von zehn AMZON-Bewohnern (69%) waren sich der amerikanischen Europahilfe bewusst und Mehrheiten (53%) konnten dieses Hilfsprogramm mit den Bezeichnungen Marshallplan, ERP oder ECA benennen. Sehr vielen Menschen (67 Prozent der Gesamtbevökerung, 97 Prozent jener, die über ein amerikanisches Hilfsprogramm Bescheid wussten) war bewusst, dass Westdeutschland und Westberlin die Marshallplanhilfe erhielten, besonders Männer, Gebildetere und Personen der oberen Gesellschaftschichten. Unter denen, die über ERP Bescheid wussten, wussten 71 Prozent auch, dass die Sowjetunion keine Hilfe erhielt; 62 Prozent wussten, dass die Sowjets ihre Teilnahme abgelehnt hatten.

Allgemein wurde der Marshallplan als für Westdeutschland günstig angesehen (84 Prozent in der Amerikanischen Zone, 94 Prozent in Westberlin und 88 Prozent in Bremen). Eine Minderheit der AMZON-Deutschen (29%) meinte, die Vereinigten Staaten würden den Marshallplan benutzen, um das politische und wirtschaftliche Leben in Westdeutschland zu beeinflussen, und weitere 45 Prozent waren davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten die Zuweisung von Geld und Material ohne jede Einmischung in innerdeutsche Angelegenheiten überwachen würden; nur 17 Prozent erwarteten von den USA, bloß Geld und Material zur Verfügung zu stellen und den Deutschen die Zuweisung zu überlassen. Nur wenige dachten, dass eine solche Hilfe nicht an Bedingungen geknüpft sei. In der Amerikanischen Zone meinten 63 Prozent, die Vereinigten Staaten würden diese Hilfe in erster Linie gewähren, um den Vormarsch des Kommunismus zu bremsen.

Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 312–13.

Übersetzung: Erica Fischer