Quelle
Einstellungen zur allgemeinen Wirtschaftslage
Befragte: 3022 Befragte in der amerikanischen Zone sowie im amerikanischen und britischen Sektor Berlins.
Untersuchungszeitraum: erste Novemberhälfte 1946 (25 Seiten).
Von Juli bis November 1946 sanken die monatlichen Familieneinkommen um 20 RM (Reichsmark) in der amerikanischen Zone und um 30 RM in West-Berlin. Im November 1946 betrug das durchschnittliche Familieneinkommen in der amerikanischen Zone 129 RM, in Berlin 199 RM. Von den drei Ländern in der amerikanischen Zone war in Württemberg-Baden das höchste monatliche Durchschnittseinkommen zu verzeichnen (150 RM), gefolgt von Bayern (123 RM) und Hessen (120 RM). Das höchste Monatseinkommen erzielten Freiberufler und Geschäftsleute (287 RM), Bewohner von Städten mit einer Bevölkerung von über 260 000 (188 RM), Personen mit einer Schulbildung über 11 Jahren (177 RM), Männer (153 RM) und Personen zwischen 40 und 49 Jahren (148 RM).
Im November 1946 gaben 39 Prozent der Bewohner der amerikanischen Zone an, ihr Familieneinkommen würde nicht zur Deckung der Lebenshaltungskosten reichen, in West-Berlin waren es 48 Prozent. Diese Zahlen waren die höchsten seit Beginn der Erhebungen im November 1945. Unter den drei Ländern der amerikanischen Zone klagten mehr Befragte in Hessen (41%) über ein unzureichendes Einkommen als in Bayern (39%) und Württemberg-Baden (37%). Der höchste Anteil an Personen mit unzureichendem Einkommen wurde unter Bewohnern von Städten mit 100 000 bis 249 999 Einwohnern (46%) erreicht, unter Hilfsarbeitern (53%), Personen mit 12 und mehr Jahren Ausbildung (46%), Frauen (41%), Personen zwischen 30 und 39 Jahren (48%) sowie unter Einkommenslosen (86%).
Eine beträchtliche Anzahl (26%) von AMZON-Befragten musste ihre notwendigen Ausgaben aus Ersparnissen bestreiten. Viele West-Berliner (18%) behalfen sich mit Tauschhandel und dem Verkauf ihrer persönlichen Habe, nur zehn Prozent tasteten ihre Ersparnisse an. Anzumerken ist allerdings, dass ein wachsender Prozentsatz sagte, nicht alles, was sie brauchten, kaufen zu können (sieben Prozent in der amerikanischen Zone; 13 Prozent in West-Berlin).
Die Hälfte (52%) der Befragten in der amerikanischen Zone ebenso wie in West-Berlin befürwortete die Senkung oder gerechtere Verteilung einiger Steuern. Mit Ausnahme der drei Länder der amerikanischen Zone stieg die Kritik an den derzeitigen Steuern mit der Höhe des Einkommens. Die Hälfte (52%) der Befragten in Bayern, wo die Einkommen eher niedriger waren, meinte, die Besteuerung sei nicht gerecht verteilt oder sollte gesenkt werden, ähnlich äußerten sich 49 Prozent der Befragten in Württemberg-Baden und 44 Prozent in Hessen. Die Kritik der Befragten in der amerikanischen Zone richtete sich am stärksten gegen die Besteuerung von Tabak (25%) sowie von Alkohol und Luxusgütern (16%). In West-Berlin missfiel am meisten die Lohn- und Kommunalsteuer (23%) sowie die Einkommens- und Vermögenssteuer (14%).
Seit April 1946 war das Vertrauen in den Wert der Reichsmark gesunken. Ein substanzieller Teil (43%) der Befragten in der amerikanischen Zone und in West-Berlin meinte im November 1946, die Reichsmark würde in sechs Monaten weniger wert sein. Die Häfte (50%) der Befragten in West-Berlin erwartete allerdings keinen solchen inflationären Trend. Hinsichtlich ihres Vertrauens in die Reichsmark im Vergleich zur Militärwährung der Alliierten sahen die meisten Menschen (55% in AMZON; 46% in West-Berlin) keinen Unterschied zwischen den beiden Währungen.
Zur Wirtschaftslage in den kommenden sechs Monaten äußerten sich die Befragten optimistisch: 45 Prozent der AMZON-Befragten und 51 Prozent der West-Berliner waren der Meinung, die Wirtschaftslage würde sich in den nächsten sechs Monaten verbessern; 22 bzw. 18 Prozent erwarteten keine Veränderung, 24 bzw. 13 Prozent eine Verschlechterung der Wirtschaftslage.
Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 131–33.