Kurzbeschreibung

Zhou Enlai war maßgeblich an der Etablierung der Volksrepublik China auf der Weltbühne beteiligt. Anfang der 1950er Jahre befand sich der internationale Einfluss Chinas auf einem Tiefpunkt; Enlai setzte sich in seiner Position als Außenminister dafür ein, Chinas internationale Bedeutung zu erhöhen. Die Konferenz von Bandung trug entscheidend dazu bei, das Profil Chinas und Enlais selbst zu schärfen. Auf der Konferenz machten Staaten, die mit den Vereinigten Staaten verbündet waren, spaltende Bemerkungen über die UdSSR und China; daraufhin hielt Enlai eine Rede, in der er betonte, dass China nach Einheit und Neutralität strebe und den Wunsch äußerte, eine gemeinsame Basis zu finden. Die geschickte Rede sorgte dafür, dass die Neutralität im Mittelpunkt der Konferenz stand und ließ die Vereinigten Staaten als ernsthafte Bedrohung für den Frieden und die Stabilität in der Region erscheinen (ein Gedanke, der durch die allgemeine Ablehnung der Konferenz durch die Vereinigten Staaten unterstützt wurde). Enlai spielte zudem den revolutionären Kommunismus herunter und betonte, dass alle Nationen das Recht haben sollten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme zu wählen, die ihnen am besten passten (einschließlich des Kapitalismus). Enlai selbst und China im Allgemeinen gingen als große Gewinner aus der Konferenz hervor.

Stimme Asiens und Afrikas (19. April 1955)

Quelle

Bandung-Konferenz durch Staatspräsident Sukarno eröffnet – 29 Länder vertreten

Bandung (NZ/ADN). Mit einer Rede des indonesischen Staatspräsidenten Sukarno wurde am Montagmorgen die asiatisch-afrikanische Konferenz in Bandung auf Java eröffnet. An der Konferenz nehmen rund 340 Delegierte aus 23 Ländern Asiens und sechs Ländern Afrikas teil, die mehr als die Hälfte der Menschheit repräsentieren. Staatspräsident Sukarno sprach die Erwartung aus, daß die Konferenz der Menschheit den Weg zu Sicherheit und Frieden weisen und ihr vor Augen führen werde, daß ein neues Asien und ein neues Afrika geboren sind.

Sukarno nahm entschieden gegen die Bildung militärischer Mächteblocks und die Drohung mit Atomwaffen Stellung. Die moralische Kraft der Nationen, die für den Frieden sind, müsse jetzt mobilisiert werden. Während der Genfer Konferenz hätten die Colombo-Mächte eine nicht zu übersehende Rolle gespielt. Die Welt habe damals die Stimme Asiens gehört. Im gleichen Geiste friedlicher Tätigkeit werde auch die asiatisch-afrikanische Konferenz, deren Delegierte nicht Vertreter eines Blocks seien, der einem anderen Block entgegenzutreten versuche, zum Erfolge führen.

Zum Präsidenten der Konferenz wählten die Delegierten den indonesischen Ministerpräsidenten Sastroamidjojo. Auf der Tagesordnung der Konferenz stehen folgende Punkte als Hauptthemen: kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit, Probleme der abhängigen Völker, Kolonialismus und Rassendiskriminierung, Menschenrechte und Selbstbestimmung, friedliche Anwendung der Atomenergie, Massenvernichtungswaffen, friedliche Koexistenz, Förderung des Weltfriedens und der internationalen Zusammenarbeit.

Bei der Ankunft des Ministerpräsidenten und Außenministers der Volksrepublik China, Tschou En-lai, in Bandung jubelten ihm viele die Straßen säumende Einwohner zu. Reuter meldet dazu: „Es war die eindrucksvollste Begrüßung, die einem der bisher eingetroffenen Delegierten zuteil wurde.“

Regierung der DDR an die Konferenz

Berlin (ADN). Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat der Konferenz asiatisch-afrikanischer Länder in Bandung ein Telegramm übermittelt, in dem es u. a. heißt: „Die Regierung der DDR erblickt in der Konferenz zu Bandung einen bedeutsamen Beitrag zur Minderung der Spannungen und zur Festigung des Friedens in Asien und Afrika. Angesichts der Tatsache, daß sich jede Verminderung der Spannungen in den internationalen Beziehungen positiv auf die Bestrebungen zur friedlichen Regelung jeglicher noch ungelöster internationaler Probleme auswirkt und zur Gewährleistung der Sicherheit aller Völker beiträgt, verfolgen die Regierung der DDR und alle friedliebenden Deutschen die Konferenz asiatischer und afrikanischer Länder in Bandung mit großer Aufmerksamkeit und wünschen ihr die besten Erfolge.“

Grußtelegramm Woroschilows

Moskau (NZ/ADN). Der Vorsitzende des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, K. Woroschilow, hat in einem Telegramm die Teilnehmer der Bandung-Konferenz gegrüßt. „Ich wünsche aufrichtig fruchtbringende Arbeit und Erfolge bei der Lösung der hohen Aufgaben, die vor der Konferenz stehen“, heißt es in dem Telegramm.

Der Stellvertreter des sowjetischen Außenministers, W. W. Kusnezow, hat in einer Erklärung betont, die Völker der Sowjetunion hätten volles Verständnis für den Kampf der Länder Asiens und Afrikas gegen jegliche Formen der Kolonialherrschaft, für ihre politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Auch er wünschte der Konferenz in Bandung eine fruchtbringende Tätigkeit.

Zwei Kontinente sind erwacht

G.F. In der javanischen Stadt Bandung hat gestern eine Konferenz begonnen, die als ein Ereignis von historischem Rang in die Geschichte der nationalen Befreiungsbewegungen, in die Geschichte des Kampfes um den Weltfrieden eingehen wird. 29 asiatische und afrikanische Länder, die zusammen mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Welt repräsentieren, sind zum ersten Male in der Geschichte zu einer Tagung ohne die Kolonialmächte, ja gegen die Kolonialmächte zusammengetreten. Der indische Ministerpräsident Nehru kennzeichnete die Bedeutung dieser Konferenz mit den Worten, sie werde das Erwachen Asiens und Afrikas nach 200jähriger Beherrschung durch die Westmächte zum Ausdruck bringen, und der Vorsitzende der indischen Kongreß-Partei ergänzte diese Feststellung mit dem Hinweis, die Konferenz werde der Welt eine neue Richtung für die Lösung internationaler Probleme durch den Geist der Zusammenarbeit und des guten Willens zeigen. Der gastgebende indonesische Staatspräsident Sukarno umriß das Ziel dieser Tagung mit den Worten, die asiatisch-afrikanische Konferenz wolle die Kraft von 1,4 Milliarden Menschen mobilisieren, um den Frieden zu erzwingen. Hören wir schließlich den Vorsitzenden der Nationalpartei, der regierungsbildenden Partei Indonesiens: „Wer auch immer versuchen wird, einen Krieg zu entfesseln, – er wird zukünftig stets die friedlichen Bestrebungen der asiatischen und afrikanischen Völker in Rechnung ziehen müssen.“

Auf unterschiedlicher politischer und wirtschaftlicher Entwicklungsstufe stehen die Länder, die sich in Bandung zusammengefunden haben – einig aber sind sich die Völker dieser Länder in dem Willen, den Frieden zu erhalten und ihre nationale Unabhängigkeit zu festigen. Gemeinsam haben sie in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten die zweifelhaften „Segnungen“ des Kolonialregimes am eigenen Leibe erlebt, und gemeinsam sind sie zu der Auffassung gelangt, daß es heute notwendig ist, sich im Kampfe gegen die Ausbeuter, im Kampfe gegen die Kriegstreiber zusammenzuschließen. Die fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz – gegenseitige Achtung der territorialen Integrität und Souveränität, Nichtangriff, Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder, Gleichberechtigung und gegenseitiger Vorteil mit dem Ziele des friedlichen Nebeneinanderlebens -, von den Ministerpräsidenten Volkschinas und Indiens im vorigen Jahre gemeinsam verkündet, werden der Tagesordnung der Konferenz das Gepräge geben. Ihre Verhandlungen werden daher auf die Erhaltung des Friedens, auf den Kampf gegen Kolonialismus und Rassenverhetzung, auf freundschaftliche wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit und auf die friedliche Lösung aller schwebenden internationalen Probleme, vor allem im asiatisch-afrikanischen Raum, abzielen.

Dem Vorbild der Sowjetunion folgend, hat die Volksrepublik China den Völkern Asiens und Afrikas das große Beispiel für die Befreiung aus jahrhundertealten Ketten kolonialer Versklavung, das Beispiel für die großen Möglichkeiten eines friedlichen und arbeitsamen Aufstiegs aus eigener Kraft gegeben. Dieses Beispiel ist in Asien und Afrika weithin beachtet worden. Es ist daher nicht verwunderlich, daß nicht das China Tschiang Kai-scheks, sondern die Volksrepublik China die Interessen des chinesischen Volkes in Bandung vertritt. Unzweideutig erklärte Indonesiens Ministerpräsident Sastroamidjojo dazu: „Was China anbelangt, so gibt es nur ein einziges China, und zwar das der Pekinger Regierung.“

Vor wenigen Tagen ging in Neu-Delhi eine Konferenz asiatischer Länder zu Ende, die wesentliche Vorarbeiten für Bandung geleistet hat. Die Moskauer „Prawda“ stellte zu den Ergebnissen von Neu-Delhi fest: „Die Konferenz hat mit großer Überzeugungskraft gezeigt, daß die Völker Asiens Frieden, Einheit, nationale Unabhängigkeit und gegenseitige Zusammenarbeit auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit allen Ländern wollen. Sie haben die Lehren der Vergangenheit beherzigt – heute kämpfen sie für Einheit und Solidarität. Die Beschlüsse der Konferenz in Neu-Delhi . . . werden in den Herzen von Millionen Menschen neue Hoffnungen und den Glauben an eine friedliche Lösung aller internationalen Probleme wecken.“ Dieser Glaube, diese Hoffnungen werden durch die Beschlüsse von Bandung – daran besteht kein Zweifel – wirksam bestätigt werden.

Es ist verständlich, daß Washington dem Verlauf dieser Konferenz mit deutlich spürbarer Beunruhigung entgegensieht. Der Kommentator der „New York World Telegramm and Sun“, Dennen, bemerkt treffend, man befürchte, daß die Konferenz „das Prestige der USA in Asien und Afrika noch mehr untergraben und die USA als einen imperialistischen Staat brandmarken“ könne. Washington versuchte daher, die Konferenz zu bagatellisieren – ohne Erfolg. Es versuchte, einige der eingeladenen Staaten zur Absage zu zwingen – ohne Erfolg. Es versuchte, weitere Staaten Asiens mit dem Versprechen wirtschaftlicher und militärischer „Hilfe“ zu ködern – ohne nennenswerten Erfolg. Es wird versuchen, durch seine Vasallen die Konferenz von innen her zu sprengen – sicherlich ohne nennenswerten Erfolg. Indiens Premierminister Nehru hat dazu mit Recht festgestellt: „Wenn etwas mit der Zeit und dem historischen Prozeß in Einklang steht, so muß es trotz aller Schwierigkeiten triumphieren. Deshalb muß der Erfolg unser sein.“

Quelle: „Stimme Asiens und Afrikas – Zwei Kontinente sind Erwacht”, Neue Zeit, 11. Jahrgang, Nr. 90,19. April 1955, S. 1.