Kurzbeschreibung

Das bekannte Meinungsforschungsinstitut Forschungsgruppe Wahlen liefert Wahlanalysen für einen der beiden großen deutschen Fernsehsender, das ZDF, und ist eine häufig genutzte Quelle für Forscher. Hier sind die Ergebnisse der Bundestagswahl 2017 zusammengefasst.

Die Bundestagswahl 2017 (24. September 2017)

Quelle

Wahlanalyse Bundestagswahl

Angela Merkel sichert verlustreichen CDU/CSU-Wahlsieg

SPD am Boden, FDP-Comeback, AfD drittstärkste Partei

Bei der 19. Wahl zum Deutschen Bundestag wird die Union zum 16. Mal stärkste Partei, muss aber nach einem Rekordverlust mit 32,9% ihr schwächstes Er­gebnis nach 1949 hinnehmen. Die SPD fällt mit ledig­lich 20,5% auf ihr schlechtestes Ergebnis im Bund überhaupt. Linke (9,2%) und Grüne (8,9%) können marginal zulegen. Der FDP gelingt nach ihrem Ab­sturz 2013 mit 10,7% ein starkes Parlaments-Comeback und mit der AfD erzielt erstmals seit 34 Jahren eine neue Partei Mandate, die nach einem bei Bundestagswahlen außergewöhnlichen Plus mit 12,6% zur drittstärksten politischen Kraft im Deut­schen Bundestag avanciert.

Wahlergebnis Bundestagswahl 2017

Vorläufiges amtliches Ergebnis, Anteile der Zweitstimmen in Prozent

Substanziell getragen von den Wählern der beteili­gungsstarken Generation 60plus heißen die wichtigs­ten Gründe für den Unionswahlsieg Parteiansehen, Regierungsarbeit, Sachkompetenz und natürlich An­gela Merkel. Flankiert vom Wunsch nach einer uni­onsgeführten Bundesregierung profitiert die CDU/CSU auch weiter von der Arbeit und Reputation einer Kanzlerin, die in einem ökonomisch starken Deutschland und global fragilen Umfeld Stabilität und Führungsstärke vermittelt. Selbst wenn Angela Mer­kel inzwischen partiell polarisiert, bescheinigen ihr fast wie im hervorragenden Schnitt der letzten zwölf Jahre 73% der Deutschen als Kanzlerin gute Arbeit.

Als Bundeskanzler/in möchten 56% der Deutschen lieber Angela Merkel und nur 34% Martin Schulz (SPD), was neben der starken Leistungsbilanz der Amtsinhaberin auch am SPD-Kandidaten liegt. Beim Image auf der +5/-5-Skala mit 1,0 zwar besser als Peer Steinbrück 2013 (0,7), bleibt Schulz weit entfernt vom hohen Ansehen Merkels (1,8; 2013: 2,1), die gegenüber Schulz als sympathischer, glaubwürdiger und vor allem kompetenter gilt. Nach Ansicht von 70% der Befragten ist Merkel für das CDU/CSU Abschneiden hilfreich, nur 32% meinen das über Schulz und die SPD (schadet: 9% bzw. 23%; weder/noch: 17% bzw. 40%).

Nachdem die Bundesbürger ihre private wie auch die allgemeine wirtschaftliche Lage bei uns so gut bewerten wie noch nie vor einer Bundestagswahl, wir aber gleichzeitig für 67% in „weltweit besonders unsicheren Zeiten leben“, sind neben den ökonomischen auch außenpolitische Aspekte hochrelevant: Bei Wirtschaft und Jobs der SPD klar überlegen, wird der CDU/CSU in der Außenpolitik ebenfalls mehr zugetraut. Für 59% kann Angela Merkel und nur für 11% Martin Schulz „Deutschland eher durch unsichere Zeiten führen“.

Nach ihren symptomatischen Defiziten beim Spitzenkandidat und ökonomischen Themen kann die SPD neben der Familienpolitik zwar mit sozialer Gerechtigkeit punkten, konkurriert hier aber stärker als 2013 2 mit der Linken. In einem Land, in dem sich für 82% aller Befragten die Unterschiede zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren vergrößert haben, ist die Linke für 81% ihrer Wähler „die einzige Partei, die Politik für sozial Schwache macht“.

Parteikompetenzen im Bereich

Parteikompetenzen im Bereich

Beim Top-Thema Flüchtlinge fühlen sich 35% aller Befragten am ehesten von der CDU/CSU vertreten, nur 15% von der SPD und 12% von der AfD. Konträr zur optimistischen Grundstimmung bezweifeln 87% der AfD-Wähler (alle Befragte: 37%), dass Deutsch­land die vielen Flüchtlinge verkraftet. 98% der AfD- Wähler (alle Befragte: 43%) kritisieren Merkels Flüchtlingspolitik, wobei ihnen neben der Kanzlerin auch die Bundesregierung als Projektionsfläche für ihren Unmut dient: Nur 25% aller Befragten, aber 83% der AfD-Wähler sind mit der Arbeit der großen Koalition „alles in allem gesehen“ unzufrieden.

Als politischer Kommunikator bindet die AfD somit Protest, Sorgen und Unzufriedenheit einer Wähler­gruppe, die – mit Parallelen zur Linken – ein erheb­lich gewachsenes Wohlstandsgefälle sowie eine schlechte Zukunftsvorbereitung Deutschlands rekla­miert. Als Partei vom eigenen Klientel hochgeschätzt, ist die AfD für alle Deutschen inzwischen weit nach Rechtsaußen gerückt, beim Image stürzt sie auf mi­serable minus 2,8 (2013: minus 1,4).

Linke und Grüne können zwar mit einem gemäßigteren bzw. etwas besseren Ansehen aufwarten, für ihre Oppositionsarbeit gibt es aber schwache Noten. Dagegen schafft die FDP diesmal ohne parlamentarischen Leistungsnachweis eine nie dagewesene Imagekorrektur. Neben relativ viel Vertrauen in ihre Steuer- und Bildungspolitik profitiert sie von Spitzenkandidat Christian Lindner sowie taktischen Motiven im schwarz-gelben Lager: Gut einem Drittel der FDP-Wähler gefallen als Partei CDU bzw. CSU besser.

Ihre besten Ergebnisse erzielt die Union wie gewohnt – aber nach ebenfalls deutlichen Einbußen – mit 41% bei allen ab 60-jährigen Wählern und hier speziell bei den ab 60-jährigen Frauen mit 46%, wobei der Gender-Gap auch insgesamt groß ausfällt: 37% aller Frauen, aber nur 29% der Männer haben CDU/CSU gewählt. Die AfD ist bei Männern wesentlich stärker als bei Frauen (16% bzw. 9%), im Osten ist die AfD bei Männern sogar etwas stärker als die CDU.

Wahlentscheidung nach Geschlecht

Wahlentscheidung in den Altersgruppen

Die FDP, genau wie die Grünen im Westen deutlich stärker als im Osten der Republik, punktet mit 13% überproportional bei unter 30-jährigen Wählern. Besonders viel Zuspruch für die Liberalen gibt es von Selbstständigen. Bei Arbeitslosen oder Gewerkschaftsmitgliedern, wo die SPD stärkste Partei bleibt, ist die FDP relativ schwach.

Während die Grünen in Großstädten und bei Hochschulabsolventen ihre Domänen behalten, ist die Linke im Osten insgesamt mehr als doppelt so stark wie im Westen, wo sie allerdings ihren Status als zweitstärkste politische Kraft verliert: Im Osten Deutschlands lässt die AfD die Linke beim Gesamtergebnis klar hinter sich.

Woher kommen die Wähler der AfD? Von den

Wählern der AfD heute haben 2013 gewählt

Bei viel politischem Interesse, aber auch hoher Unzufriedenheit in manchen Bevölkerungsteilen ist die Wahlbeteiligung deutlich auf 76,2% (+4,6) angestiegen. Nachdem mit der FDP sowie einer AfD, die zahlreiche ehemalige Nichtwähler mobilisiert, der Bundestag so stark fragmentiert sein wird wie seit sechs Jahrzehnten nicht mehr, ist neben einer großen Koalition praktisch nur eine „Jamaika“-Koalition mehrheitsfähig. Dabei polarisiert eine Koalition aus Union und SPD anders als 2013 stark (gut: 40%; schlecht: 43%; egal: 14%) und gegenüber einer Regierung aus CDU/CSU, FDP und Grünen gibt es sichtbare Vorbehalte (gut: 30%; schlecht: 47%; egal: 20%).

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Quelle: Forschungsgruppe Wahlen e.V., Bundestagswahl 24. September 2017, http://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Wahlanalyse_Bundestagswahl/Newsl_Bund_170928.pdf.