Kurzbeschreibung
Im Jahr 1875 erreichten die Beziehungen zwischen Preußen und der
katholischen Kirche den absoluten Tiefpunkt. Im Februar dieses Jahres
hatte der Papst eine Enzyklika herausgegeben, die besagte, dass die vom
preußischen Kultusminister Adalbert Falk erlassenen Kulturkampfgesetze
ungültig und für katholische Priester nicht bindend seien. Als Reaktion
initiierte die preußische Regierung eine Kampagne, die allen Priestern
die staatlichen Zuwendungen entzog, wenn sie nicht eine schriftliche
Erklärung abgaben, dass sie die Gesetze des Landes befolgen würden. In
der Karikatur „Zwischen Berlin und Rom“ (1875), veröffentlicht im
satirischen Wochenblatt
Kladderadatsch, wird dieser Konflikt
mit hohem Einsatz als Schachpartie dargestellt. Die Spieler sind
Bismarck und Papst Pius IX. (1792–1878; gewählt 1846). Der Bildtext legt
nahe, dass der Papst noch nicht aufgibt, Bismarck sich jedoch in
Deutschland als baldiger Sieger wähnt. Rechts neben Bismarck befinden
sich in einer Schachtel Schachfiguren, die „interniert“ worden sind und
den vom preußischen Staat beschlagnahmten Kirchenbesitz verkörpern.
Bismarcks Dame ist Germania; eine andere seiner Figuren hat die
Aufschrift „Presse“ und seine Bauern tragen die Symbole weiterer
Gesetzesparagrafen (§§) zur Verringerung des geistlichen Einflusses. Zu
den Ressourcen des Papstes gehören päpstliche Enzykliken, Syllabi (z. B.
der Syllabus errorum, 1864) sowie die Exkommunikation. Eine der Figuren
ist mit „W“ markiert, was für den Anführer der Zentrumspartei Ludwig
Windthorst (1812–1891) steht.