Kurzbeschreibung
Dieses Gemälde von Wilhelm Leibl (1844–1900) zeigt den Künstler auf
der Höhe seines schöpferischen Talents; es ist ein Meisterwerk sowohl
bezüglich der Komposition als auch Ausführung. Gemalt in Öl auf
Mahagoniholz, handelt es sich um ein ziemlich großes Werk (113 x 77
Zentimeter), dessen Fertigstellung fast dreieinhalb Jahr dauerte (von
Oktober 1878 bis Dezember 1881). Die Mühe lohnte sich jedoch durchaus,
denn es verschaffte Leibl – im relativ jungen Alter von 38 Jahren – die
Anerkennung als einem der bedeutendsten Vertreter des Realismus in
Deutschland. Leibl hatte bereits 1869 und Anfang der 1870er Jahre
Aufmerksamkeit erregt, als er in München malte. Er verließ die
bayerische Hauptstadt allerdings 1873 und verbrachte sie folgenden Jahre
auf dem tiefsten Land (vor allem im Gebiet um den Ammersee) und malte
dort Dorfszenen. Zu seinen bekanntesten Werken dieser Periode zählen
Zwei Dachauerinnen im Wirtshaus
(1874–75), Älterer Bauer und junges
Mädchen („Das Ungleiche Paar“)
(1876–77) und Bauern im Gespräch
[Dorfpolitiker] (1877). Kurz nach der
Vollendung von Bauern im Gespräch
erklärte Leibl seine Absicht, sein Hauptlebenswerk zu beginnen.
Leibls feines Auge für Details und seine originalgetreue Wiedergabe
der lokalen Trachten in Drei Frauen in der
Kirche ist erstaunlich, zumal angesichts der – wie Leibl an seine
Schwester schrieb – unzureichenden Beleuchtung in der als Hintergrund
dienenden Kirche. Kompositorische Herausforderungen tauchten ebenfalls
auf und ließen dem Künstler kaum eine Wahl als zu hoffen, dass die
Kenntnis des Betrachters von Kircheninnenräumen es ihm erlauben würden,
die beiden Kirchenbänke als parallel zueinander aufzufassen. Die
gewählte Perspektive lässt zudem die Hände der Frauen als zu groß im
Verhältnis zu ihren Körpern erscheinen. Doch insgesamt gelang Leibl eine
hervorragende Darstellung dreier Frauengenerationen, und seine
Fähigkeit, einen einfachen, aber individuellen Ausdruck der Frömmigkeit
in den Gesichtszügen jeder Frau zu schaffen, beeindruckte seine
Künstlerzeitgenossen zutiefst, nicht zuletzt Vincent van Gogh. Wie das
frühere Bauern im Gespräch legt
Leibls Drei Frauen in der Kirche
nahe, dass er zu einem Chronisten des bäuerlichen Wesens Deutschlands
geworden war, indem er den Stil der alten Meister übernahm. Im Laufe der
Zeit entstand um Leibl eine Anhängerschaft aus Malerkollegen – der
„Leibl-Kreis“ –, der mit weiteren Spielarten des Realismus
experimentierte. Mit seinem Werk in den 1890er Jahren erwarb er sich
weitere Schüler und Bewunderer sowie Preise bei internationalen
Kunstausstellungen. Trotzdem erreichte Leibl in der Bismarckzeit seine
größte Wirkung auf die deutsche Kunst, indem er sich entschloss,
Dorfbewohner und Bauern in ihrem natürlichen Umfeld zu malen. Wie Leibl
selbst es in einem Brief an seine Mutter formulierte, hatte er immerzu
versucht, dem „Schwindel u. [der] Stümperei in der deutschen Kunst” zu
widerstehen, die aus den verklärenden und historisierenden Tendenzen der
kaiserlichen Kultur resultierten. (Götz Czymmek und Christian Lenz,
Hrsg., Wilhelm Leibl zum 150.
Geburtstag, Heidelberg: Edition Braus, 1994, S. 67).