Kurzbeschreibung

Ludwig von Rohden (1817–1889) war Inspektor und Lehrer an der Bildungsanstalt der Rheinischen Missions-Gesellschaft in Barmen. Die 1828 gegründete Organisation im preußischen Rheinland gehörte zu den ersten protestantischen Missionsgesellschaften in deutschen Landen, die aus der Erweckungsbewegung heraus entstanden. Die Mitglieder der Gesellschaft engagierten sich zunächst vor allem in der Inneren Mission, also in Deutschland. Schon bald richteten sie ihr Augenmerk jedoch auf die Missionsarbeit in Übersee. Die hier zitierten Passagen aus Rohdens Geschichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft beschreiben die Anfänge der internationalen Tätigkeit der Organisation in der Zeit zwischen 1838 und 1847. Dabei wird deutlich, dass die Gesellschaft darauf angewiesen war, Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Kolonialmächten zu suchen, weil damals kein deutscher Staat eigene Kolonien besaß. Im vorliegenden Fall musste die Gesellschaft in Südafrika (im Land der Nama im heutigen Namibia) mit den Briten und auf der Insel Borneo in Niederländisch-Ostindien mit den Niederländern kooperieren. In den zitierten Passagen zeigt sich, wie wichtig es war, die indigenen Sprachen zu erlernen, mit indigenen Führungsfiguren zu kooperieren und mit indigenen Bekehrten zu arbeiten, die als Multiplikatoren fungierten und weitere Menschen evangelisieren konnten. Ein besonders bedeutsamer Aspekt der Missionsarbeit in Borneo war die frühzeitige Entwicklung von Strategien zum Einwerben von Spenden für humanitäre Zwecke, die eine persönliche Verbundenheit und Empathie zwischen den Wohltätern im heimischen Europa und den Hilfeempfängern in Übersee stiften sollten. In diesem Fall wurde durch die Spendenaufrufe eine Verbindung zwischen den Spendern und den Menschen geschaffen, die mit Hilfe der Spenden aus der Sklaverei freigekauft werden konnten. Aus diesen befreiten Sklaven konnten in der Folge potenzielle Konvertiten werden. Beachtenswert sind auch Rohdens Äußerungen zur Rolle von Missionarinnen als Ehefrauen und als Helferinnen bei der Missionierung der indigenen Bevölkerung.

Ludwig von Rohden über deutsche Missionare in Borneo und Afrika: Auszüge aus der Geschichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft (1857)

Quelle

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Aber die Rheinische Gesellschaft hatte im Jahr 1838 nicht bloß Stationen im afrikanischen Caplande. Ihre Mission in Nord-Amerika hatte sie freilich schon wieder aufgeben müssen. Vier Zöglinge hatte sie dort eingebüßt. Nies war gestorben, Heyer hatte sich in unrühmlicher Weise getrennt, Mühlhäuser war den deutschen Gemeinden überlassen, und auch Nollau kehrte nach kurzem Dienst an der Heidenmission wieder zu den Deutschen in Nord-Amerika zurück. In Borneo aber waren nur erst die ersten Versuche gemacht worden. Es kostete den dortigen Brüdern gleich Anfangs viel Mühe und Schweiß, um sich in den Besitz der maleiischen und dajackischen Sprache zu setzen, ohne welche sie ihre Wirksamkeit unter den Heiden nicht beginnen konnten. Auch dort war schon ein Opfer gefallen, Krüsmann. Von den drei andern: Barnstein, Becker und Hupperts, hatte der letztere es gewagt, aus der Küstenstadt Banjermassing etwas weiter in’s Innere vorzudringen und sich in dem Sumpfland von Pulopetak unter den Dajacken niederzulassen, zugleich mit dem innig befreundeten hallischen Missionar Berger. Diesem und unserm Missionar Barnstein waren von hier zwei deutsche Mädchen nachgesandt, die sich entschlossen hatten, den Brüdern dort als Hausfrauen zur Seite zu treten. Becker und Hupperts suchten sich unter den dortigen europäischen Familien selbst ihre Frauen. Denn es hatte sich bald herausgestellt, daß Klima und Lebensart in jenen Theilen Ostindiens ein eheloses Leben nicht lange verstatteten. Eben jetzt baten die bornesischen Brüder eifrig um rasche und ansehnliche Verstärkung, es seien ihnen die Thüren nach allen Seiten hin aufgethan, aber ihre kleine Zahl wäre bei weitem nicht hinreichend, um irgend welche weitere Unternehmung im Innern zu wagen. Und während die Deputation noch mit der Berathung beschäftigt war, wie sie am füglichsten diesem Ansuchen entsprechen könnte, kam ein ähnlicher Ruf aus Afrika, der noch schwierigere Berathungen veranlaßte.

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Beginn der Mission in Namaqualand.

Der Hülferuf unserer Missionare auf Borneo hatte die Berufung einer Generalversammlung auf den 30. April 1839 veranlaßt, auf welcher die Aussendung von Hardeland und Himmelmann nach Borneo beschlossen wurde. Auf dieser Versammlung wurde zugleich hinsichtlich der afrikanischen Mission der Beschluß gefaßt, daß der frühere Zögling Andreas als Katechet und Schulgehülfe nach Stellenbosch, und Budler als Schulpfleger für die südlichen Stationen ausgesandt werden sollte, mit dem besonderen Auftrage, eingeborene Jünglinge zu Nationalgehülfen heranzubilden. Doch sollte Budler, wenn künftig die Verhältnisse es erforderten, auch ordinirt und als Missionsprediger verwendet werden. Als nun so weit alles geordnet schien, und Hardeland und Himmelmann, Budler und Andreas zur Aussendung bereit standen, kam ein Brief vom alten Miss. Schmelen aus Kommaggas an. Derselbe forderte dringend auf, sich der armen Heiden in dortiger Gegend (Buschmänner, Namaqua, Damra) zunächst durch Zusendung eines Hülfsmissionars für Kommaggas anzunehmen, da er selbst sammt seinem Mitarbeiter Wimmer auf Steinkopf, alt und schwach werde, und seine Londoner Gesellschaft ihm durch Dr. Philipp erklärt habe, sie habe die Westseite Süd-Afrika’s unserer Rheinischen Missions-Gesellschaft überlassen. Ferner wurde in einem Tagebuch von Terlinden, sowie in einem Briefe der Schwester Hahn (beide in Eben Ezer) einiges von den Gesprächen mitgetheilt, welche unsere Brüder mit dem Namaquakapitain Jan Fredrik bei seiner Durchreise durch Eben Ezer hatten. Dieser heidnische Häuptling war mit etlichen seiner Leute ausgezogen, um einen Lehrer (Missionar) für sein Volk zu gewinnen. Er pries die Stationsbewohner von Eben Ezer glücklich, und klagte ihnen seine Noth, daß er ohne christliche Unterweisung mit seinen Leuten dahin fahren müsse.

In diesen Rufen und Einladungen erkannte die Deputation einen Wink vom Herrn in das neue Arbeitsfeld unter den Namaqua einzurücken. Sie zweifelte auch nicht, daß sie gleich jetzt mit den zur Sendung nach Süd-Afrika bereits designirten Brüdern dem lieben Schmelen einen Gehülfen zusenden müsse. Da sie aber unmöglich gleich noch einmal eine Generalversammlung für diesen Zweck berufen, und doch nicht willkürlich Beschlüsse fassen durfte, so wählte sie den Mittelweg und berief wie in früherer Zeit eine Plenarversammlung der Directoren beider Gesellschaften im Wupperthal. Diese versammelten sich am 17. Juni im Saal des Missionshauses. Leipoldt entwickelte in einem ausführlichen Vortrage die Zustände der Namaquamission, und stellte dann Namens der Deputation den Antrag, bei der bevorstehenden Aussendung einen der jüngeren Zöglinge, und zwar Kleinschmidt aus Blasheim, nach Kommaggas als Gehülfe des Miss. Schmelen abzuordnen, der, wenn er erst die Sprache und die der Namaqua erlernt habe, weiter in’s Innere des Landes, nach Sitten Bethanien, gehen könne, worauf etliche andere Brüder von hier aus nachgesandt werden sollten. Die Versammlung erklärte, daß sie schon lange gewünscht habe, dem armen verlassenen Volk der Namaqua näher zu treten, und gab einstimmig ihre Zustimmung, sowohl hinsichtlich der vorgeschlagenen Person, als auch der Weise, wie die Mission begonnen werden solle. Diese Entscheidung ward den bei dieser Versammlung nicht vertretenen Gesellschaften schriftlich mitgetheilt, und da nirgendher ein Einspruch geschah, sofort mit der Aussendung vorgeschritten. In aller Eile mußte sich Kleinschmidt fertig machen, um noch an dem Examen mit Theil zu nehmen, welches Hardeland und Himmelmann, Budler und Knudsen zu bestehen hatten. Der Bildungsstufe nach wäre Knudsen viel geeigneter gewesen, nach dem Namaqualand zu gehen, als Kleinschmidt, denn ersterer war bereits 3 Jahre im Missionshause und bestand sein Ordinations-Examen, während letzterer erst 1 Jahr dem Unterricht im Missionshause beigewohnt hatte. Aber Knudsen war erst 23 Jahre, Kleinschmidt schon 27, und schien innerlich schon mehr Reife für einen so schweren Beruf zu haben. Dazu hatte Knudsen’s Vater gebeten, ihm seinen Sohn noch einmal zum Besuch nach Norwegen zu schicken, und die Deputation glaubte, diesen Anlaß benutzen zu sollen, um durch Knudsen wo möglich den Sinn für die Missionssache in seinem Vaterlande zu wecken, und zugleich seine eigene Erstarkung daselbst abzuwarten. So reiste also Knudsen auf 1 Jahr nach Norwegen, Kleinschmidt mit Budler und Andreas nach Süd-Afrika. Himmelmann und Hardeland fuhren mit ihnen bis zum Cap auf demselben Schiff und dann weiter nach Borneo.

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Verstärkung der Mission auf Borneo.

Von den beiden 1834 nach Borneo gesandten Brüdern Heyer und Barnstein war der erste ohne Borneo gesehen zu haben wieder zurückgekehrt, und von den 3 im Jahre 1836 nachgesandten Brüdern Becker, Hupperts und Krüsmann war der letzte krank nach Borneo gekommen und bald nach seiner Ankunft gestorben (S. 55). Dann kamen 1841 Hardeland und Himmelmann nach Borneo und nach wenigen Wochen wurde der eine von ihnen, Himmelmann, neben Krüsmann ins Grab gesenkt (über seinen Tod s. Barm. Miss.-Bl. 1841, Nr. 22).

Die übriggebliebenen Brüder vertheilten sich nun so, daß Hardeland bei Barnstein in Banjermassing blieb, Becker mit dem Halleschen Missionar Berger die Mission unter den sogenannten kleinen Dajacken von Pulopetak fortsetzen und Hupperts einen Versuch unter den großen Dajacken am Kahajan machen wollte. Hupperts hatte zunächst den schwersten Posten. Unter dem Anblick schrecklicher Greuel und unter den größten persönlichen Gefahren suchte er den Samen des göttlichen Wortes in Kahajan auszustreuen. Aber bald mußte er nach Banjermassing zurückkehren und mit Hardeland die Stelle tauschen, denn sein Weib war ihm gestorben, und allein wäre in jenem heidnischen Sodom nicht auszuhalten gewesen. Aber auch Hardeland vermochte in Kahajan nichts auszurichten, und mußte zurück. Die Brüder fühlten, daß solche vereinzelten Versuche nichts helfen könnten, und schrieben deshalb dringend um Verstärkung. Die Deputation freute sich dieses Rufes und war schnell bereit, ihm zu willfahren. Sie schlug deshalb der im April 1842 einberufenen Generalversammlung die Zöglinge van Höfen und Juffernbruch zur Aussendung nach Borneo vor (Bericht über diese Gen.-Vers. Im Barm. Miss.-Bl. 1842, Nr. 11). Die Versammelten gaben ihre Zustimmung. Beide Brüder sollten verheirathet hinübergesandt werden, und bis Capstadt sollten mit ihnen fahren der Zögling Alheit, der für die Schule in Tulbagh bestimmt war, und Fismer, der als Deconom die Bewirthschaftung des Gutes Wupperthal leiten sollte.

Schon waren Juffernbruch und van Höfen ordinirt und sammt Fismer und Alheit bei Gelegenheit des Elberfelder Missionsfestes am 1. Juni 1842 abgeordnet, da kam plötzlich Nachricht, daß in Holland ein Gesetz erlassen sei, durch welches es Ausländern so gut wie unmöglich gemacht würde, in den ostindischen Besitzungen Hollands, namentlich in Borneo sich niederzulassen. Hier war keine Zeit zu verlieren. Das Schiff, welches die sämmtlichen Geschwister mitnehmen und theils in Capstadt, theils in Java absetzen sollte, wollte Ende Juni in See gehn, und die Passagecontracte waren bereits abgeschlossen. Es wurden also Bittschriften gerichtet an den Minister der Colonieen im Haag, daß doch den Geschwistern Juffernbruch und van Höfen die Erlaubniß zur Niederlassung auf Borneo noch möchte ertheilt, und auch das Probejahr auf Java erlassen werden. Einflußreiche Personen wurden um Befürwortung dieses Bittgesuchs angegangen, und noch ehe die Antwort herüber kommen konnte, die reisefertigen Brüder nach Holland entlassen. Auch kam noch der Candidat Hupe aus Halle, der ebenfalls als Missionar nach Borneo gehen wollte, zur Unterstützung des Halleschen Missionars Berger auf Bethabara in Pulopetak. Daß Hupe mit unsern Brüdern reisen sollte, war schon vorher verabredet, auch schon ein Platz für ihn auf dem Schiff bestellt. Er bekam ein General-Empfehlungs-Schreiben, und wurde ebenfalls nach Holland geschickt, um dort selbst zu versuchen, wie viel er ausrichten könne. Wirklich ging alles gut, und über Erwarten. Der Herr lenkte die Herzen der Mächtigen in Holland so, daß alle drei Missionare, freilich als die allerletzten und nur ausnahmsweise, noch nach Borneo gehen durften. Der holländische Colonialminister hatte sogar dem Generalgouverneur von Ostindien anempfohlen, unsern Missionaren den Aufenthalt auf Java möglichst abzukürzen. Das hatte zur Folge, daß Juffernbruch und van Höfen unverweilt von Batavia nach Banjermassing weiter reisen durften, währen Hupe ebenso wie früher Hardeland und Himmelmann erst ein Probejahr auf Java durchmachen mußten. Den Brüdern wurde die Freude zu Theil, auf Java, wo sie am 23. November 1842 ankamen, schon den Bruder Becker zu finden, der daselbst einige Lehrbücher in dajackischer Sprache drucken ließ, und bis in die Mitte des nächsten Jahres verweilte.

Juffernbruch und van Höfen gingen zu Anfang 1843 nach Borneo hinüber. Der letztere blieb die erste Zeit bei Barnstein in Banjermassing, und legte dann eine Station in Mentangei an; Juffernbruch dagegen machte mit Hupperts noch einmal einen Versuch unter den großen Dajacken in Kahajan, der freilich auch keinen Erfolg hatte. Es wollte überhaupt gar nicht recht vorwärts mit der dajackischen Mission. Da kamen die Brüder auf den Gedanken, Sclaven oder Pandelinge (Schuldner, welche aus Unvermögen, ihre Schuld zu bezahlen, in Leibeigenschaft gerathen waren) loszukaufen, und in ihrer nächsten Umgebung unter speciellster Aufsicht zu behalten, ob nicht vielleicht durch den genauen Verkehr und die tägliche Einwirkung diese harten Herzen eher zu erweichen wären, daß der Same des Wortes Gottes in ihnen Wurzel fassen und aufgehen könnte. Die Deputation, der dieser Plan zunächst vorgelegt wurde, war zwar auch der Ansicht, daß ein solcher Versuch wohl zu machen wäre, erinnerte aber zugleich, daß die Summen, welche etwa zum Loskauf verwendet würden, nicht aus der Missionskasse genommen, sondern durch Privatbeiträge gedeckt werden müßten. Einige Mitglieder der Deputation erklärten sich auch sogleich bereit, namhafte Summen zu diesem Zwecke zu schenken. Ein Aufsatz von Becker und Hupperts, der einen Aufruf zur Betheiligung an diesem Liebeswerk enthielt, wurde im Barmer Missionsblatt (1843, Nr. 7) abgedruckt, und fand vielen Anklang, trotzdem daß die Deputation ihre mannigfachen Bedenken bei der Sache nicht verhehlt hatte, und von vorn herein erklärte, daß es nur ein Versuch sei, mit dem die Gesellschaft als solche nichts zu schaffen habe. Aber die Missionsfreunde in der Nähe und Ferne freuten sich, einmal recht unmittelbar an dem Missionswerk sich zu betheiligen. Die einzelnen Geber bestimmten, wie der von ihrem Gelde losgekaufte Pandeling bei seiner Taufe sollte genannt werden, und meinten alsdann in steter lebendiger Verbindung und regem geistlichem Verkehr mit dem also gewonnenen Täufling bleiben zu können. In dieser Erwartung vermehrten sich die Gaben von Jahr zu Jahr, und von 1843 – 49 sind weit über 2500 Thlr. für die Loskaufung von Pandelingen beigesteuert. Später hat Hardeland die Sammlung in noch viel umfangreicherer Weise nach einem noch umfassenderen Plane erneuert, und noch viel reichere Gaben zu Wege gebracht. Nun ist zwar nicht zu leugnen, daß viele Geber in ihren Erwartungen getäuscht wurden, daß keineswegs alle Losgekauften sich zu dem Herrn bekehrten, daß die unmittelbare Verbindung der Freunde mit den einzelnen Getauften nur selten oder gar nicht in’s Leben trat, allein darum sind doch diese Gaben nicht ungesegnet geblieben. Die Erstlinge unserer christlichen Gemeinden unter den Dajacken sind aus dem Kreise der losgekauften Pandelinge hervorgewachsen, und namentlich die jungen einheimischen Gehülfen, welche unsre Brüder sich allmählich heranbildeten, gehörten größtentheils diesem Kreise an.

Ehe es aber zu größeren Erfolgen kam, sollte die Mission auf Borneo erst noch durch große Tiefen gehn. Es schien eine Zeit lang, als seien unsern Brüdern alle Thüren geschlossen. In Banjermassing dauerte das laue und flaue Wesen fort, welches alle gründliche Umwandlung von Anfang an gehindert hatte. In Pulopetak war die große Masse der Dajacken fast in Aufruhr und Empörung gegen die Missionare, aus Kahajan hatte der wilde Singa Radja die Missionare zum vierten und fünften Male vertrieben, die Versuche in Mentangei und in Patei mußten ebenfalls wieder aufgegeben werden – es schien der reichlich ausgestreute Same nirgend auf guten Boden zu fallen. Dazu kam im Jahr 1845 die Verminderung der Zahl unserer Arbeiter. Hardeland mußte um seiner angegriffenen Gesundheit und der besonders gegen seine Person gerichteten Feindschaft willen, Juffernbruch um seiner kränkelnden Frau willen, die Insel verlassen und nach Süd-Afrika gehn. Der treue Freund und Mitarbeiter unsrer Brüder, der Hallesche Missionar Berger auf der Station Bethabara in Pulopetak starb; sein College Hupe kehrte wieder nach Europa zurück, und so blieben von den 10 oder 11 nach Borneo gesandten Missionaren nur 4 übrig. Es waren Barnstein auf Banjermassing, und Becker, Hupperts und van Höfen in Pulopetak. Noch ehe alle diese schlimmen Nachrichten in Barmen ankamen, hatte die Deputation schon in Berathung gezogen, ob nicht diese ganze hoffnungslos erscheinende Mission wieder aufzugeben sei, „ob es nicht Gottes Wille sei, die auf Borneo verwandten Kräfte anderswo zu verwenden?” Man meinte indeß, wenigstens so lange ausharren zu müssen, bis die von Becker und Hardeland begonnene dajackische Bibelübersetzung vollendet sei. Inzwischen vereinigte man sich, die Bornesische Mission zum Gegenstande besondrer Fürbitte zu machen.

Diese Fürbitte schien auch nicht ohne Wirkung zu bleiben. Die Schilderungen und Berichte der Wittwe des hallischen Missionars Berger, welche 1846 durch Barmen kam, einige erfrischende Briefe Beckers, Berichte über etliche tüchtige Nationalgehülfen, Beiträge von auswärts mit der besondern Bestimmung für Borneo, Anfragen aus Holland wegen einer anzulegenden holländischen Colonie, Nachrichten von der günstigen Stimmung des Gouvernements für die Rheinische Mission, und dessen Bereitwilligkeit, wieder neue Missionare zuzulassen – dies und manches ähnliche belebten aufs neue die Hoffnungen für Borneo, und die Generalversammlung am 21. Juli 1847 erklärte es auf Anfrage der Deputation für die unabweisliche Pflicht der Rheinischen Mission, dem wiederum an sie ergehenden Rufe des Herrn zu folgen, und das seit 12 Jahren bearbeitete Ackerfeld nicht gerade dann verwildern zu lassen, wenn die ersten Früchte der mühevollen Aussaat sich ankündigen. So wurden denn Beyer und Denninger am 29. September ordinirt und abgeordnet, und reisten, auf dringende Vorstellungen unseres Veteranen Barnstein auf Borneo, beide verheirathet von hier ab. Beyer sollte Becker’s Gehülfe werden, der durch seine Uebersetzungsarbeiten besonders in Anspruch genommen war, und Denninger sollte zunächst bei Barnstein in Banjermassing bleiben. Allein als sie nach Borneo kamen, hatte ein trauriges Ereigniß die Zahl der Missionare schon wieder vermindert. Hupperts hatte wegen einer sittlichen Schwachheit, in die er gerathen war, und die ihn mehrmals vor den Augen der Dajacken in bedauerlicher Weise bloßgestellt hatte, von seinem Amt entfernt werden müssen, und so mußte denn der eben angekommene Missionar Denninger sogleich die Station Bintang beziehen (van Höfen hatte die bisher Hallische Station Bethabara vom seligen Berger übernommen) und die bisherige Vierzahl der Bornesischen Brüder war also nur durch Beyer vermehrt.

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Quelle: Geschichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft (1857). Aus den Quellen mitgetheilt von L. v. Rohden, Zweitem Inspector am Rheinischen Missionsseminar. Zweite umgearbeitete und vervollständigte Ausgabe. Barmen: Druck von J. F. Steinhaus, 1871, S. 54–63. Online verfügbar unter: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10703950-7