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An alle, die den Frieden wollen. Appell des Friedensrates der DDR an die Friedensanhänger in Westdeutschland und in allen Ländern
In ernster Stunde wenden wir uns an Sie: Das heiligste Gut der Menschheit, der Frieden, wird überschattet von Kriegshandlungen und Kriegsdrohungen. Die Völker hat Unruhe und Sorge ergriffen. Wird die Welt wieder in den Abgrund eines Krieges gerissen oder gelingt es den Völkern, diesen Abgrund für immer zuzuschütten?
In Südvietnam versucht der USA-Imperialismus, den Volkswillen nach Freiheit und Selbstbestimmung im Blut zu ertränken. In wütender Verzweiflung treibt Washington seine Bomber sogar über die Grenze, hinein in die Demokratische Republik Vietnam.
In der Dominikanischen Republik wollen die USA durch einen militärischen Eingriff das Recht des Volkes auf Demokratie und Freiheit abtöten.
Gemeinsam mit den Bonner Vorwärtsstrategen möchten die herrschenden Kreise der USA auch im Herzen Europas Konflikte auslösen. Das potenziert die Gefahr für den Frieden! Hier in Europa stehen sich die beiden Mächteblöcke direkt gegenüber. Hier ballen sich die militärischen Kräfte. Ein Funke genügt, und eine Explosion unvorstellbaren Ausmaßes reißt ganze Völker ins Nichts.
Anklagend weisen wir auf die Erhard-Regierung.
Anklagend weisen wir auf die Johnson-Regierung. In dem Kommuniqué, das Präsident Johnson und Erhard unterschrieben, schlägt sich der Bonner Regierungschef ohne Einschränkung auf die Seite des USA-Imperialismus. Er unterstützt alle militärischen Aggressionen, vor allem das Verbrechen in Vietnam, mit Propaganda, mit riesigen Geldsummen, mit materiellen Lieferungen. Das ist Erhards Preis für die Unterstützung der USA beim Griff der Bonner Hitlergenerale nach Atomwaffen. Die Erhard-Regierung will die brutalen Vergewaltigungsmethoden der USA in Südostasien nach Mitteleuropa tragen. Der westdeutsche Außenminister Schröder forderte: Wir müssen darauf gefaßt sein, kurzfristige Veränderungen in der weltpolitischen Szenerie zu unseren Gunsten zu nutzen. Hier spricht die Abenteuertaktik unverbesserlicher Welteroberer. Hinter Schröders „kurzfristigen Veränderungen“ steht Hassels Vorwärtsstrategie, der militärische Schlag bei der vermeintlich günstigsten Gelegenheit. Der Bonner Außenminister Schröder fordert: noch mehr Generäle der Bundeswehr in die höchsten Kommandostellen der NATO. Er verlangt: stärkere „Mitverantwortung und Teilhabe“ bei der Verfügungsgewalt über Atomwaffen.
Wofür? Gegen wen?
Wir klagen die Erhard-Regierung und die amerikanische Regierung der Kriegshetze gegen die Deutsche Demokratische Republik an.
Der amerikanische Präsident Johnson verstieg sich am 8. Mai 1965 zu der Forderung, daß die DDR verschwinden müsse.
Das ganze Volk Westdeutschlands soll durch eine Flut provokatorischer Tatsachen und Reden seiner Führer an die Kriegsvorbereitungen gewöhnt, für den Krieg weichgemacht werden. Eine zügellose Welle des Chauvinismus und Nationalismus soll die Vernunft hinwegspülen. Auf Hunderten Revanchistenkundgebungen der letzten Tage und Wochen werden souveräne Völker verketzert, ihre Grenzen schon ausgelöscht, ihr Selbstbestimmungsrecht wieder in imperialistische Herrschaft aufgelöst.
Wie oft und immer häufiger treibt von Westdeutschland und Westberlin aus der Unflat gezielter Provokationen gegen die Staatsgrenze der DDR! Auf gefährlich hohen Touren läuft das Bonner Räderwerk, um die inneren Voraussetzungen für die äußere Aggression herbeizuführen. Bar der letzten Hemmungen faßte der Bonner Kriegsminister Hassel Wesen und Ziel der Notstandsgesetze in einem Satz zusammen: „Ohne Stabilität im Innern ist der Kampfauftrag der Bundeswehr nicht zu erfüllen!“ Ihre Stabilität — das heißt Militärdiktatur! Ihr Kampfauftrag — das heißt Aggression! Noch immer ging in der deutschen Geschichte die Diktatur nach innen der Aggression nach außen voraus.
Berührt das nur uns Deutsche? Gerade in Europa ist der Friede unteilbar! Wir warnen vor der Annahme, daß sich Regierungen der Westmächte durch ihre Unterstützung der westdeutschen Kriegspolitik vor deren Folgen retten können. Die Geschichte hat eine andere Lehre erteilt. Die offene Kriegspolitik der Erhard-Regierung bedroht alle Nachbarvölker Westdeutschlands. Wenn wir Erhard, Hassel und Schröder hören, wenn in ihren Worten und Handlungen die Militärdiktatur sich abzeichnet, dann denken wir an den Fackelzug des 30. Januar 1933 und wie diese Fackeln die ganze Welt in Brand steckten.
In tiefer Sorge um den Frieden, um die Zukunft unseres Volkes und aller Völker wenden wir uns am Vorabend des Weltkongresses für Frieden, nationale Unabhängigkeit und allgemeine Abrüstung an alle, die den Frieden wollen, in Westdeutschland und in allen Ländern, an ihre Organisationen und Bewegungen.
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Quelle: „An alle, die den Frieden wollen. Appell des Friedensrates der DDR an die Friedensanhänger in Westdeutschland und in allen Ländern“, 28. Juli 1965, Neues Deutschland, 29. Juni 1965, S. 3 B. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.