Kurzbeschreibung

Ausgehend von dem auf dem VI. Parteitag der SED im Januar 1963 verabschiedeten Programm, wurde die Umstrukturierung des Bildungssystems in der DDR mit der Einführung des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem weitgehend abgeschlossen und für alle Schüler ein einheitlicher Lehrplan bis zur 10. Klasse eingeführt, der berufsbezogene und politisch-ideologische Ausbildung in den Vordergrund stellte.

Sozialistische Erziehung (25. Februar 1965)

Quelle

Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965

Die Deutsche Demokratische Republik ist in das neue, das sozialistische Zeitalter eingetreten. Nach dem Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse ist der umfassende Aufbau des Sozialismus zum Hauptinhalt der schöpferischen Tätigkeit der Arbeiterklasse und des ganzen Volkes geworden. Die Verwirklichung der historischen Aufgaben des Programms des Sozialismus, das der VI. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beschlossen hat, die Meisterung der technischen Revolution und die Entwicklung der sozialistischen Gemeinschaft, erfordert im Interesse der Gesellschaft und jedes einzelnen eine höhere Qualität unseres Bildungswesens, das einheitliche sozialistische Bildungssystem.

Die Arbeiterklasse hat im Bunde mit den Genossenschaftsbauern und allen anderen Werktätigen unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands die Grundlagen für den Sieg des Sozialismus geschaffen. Die Deutsche Demokratische Republik ist zu einem leistungsfähigen, modernen Industriestaat und zu einem Bollwerk des Friedens geworden. Sie ist fest mit der sozialistischen Sowjetunion, den anderen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft und allen friedliebenden Völkern verbunden. Die Menschen der Deutschen Demokratischen Republik sind frei von Ausbeutung und Unterdrückung, sie leben in sozialer Sicherheit. Die Frauen sind gleichberechtigt. Ihrer Förderung und Entwicklung wird entsprechend ihrer wichtigen Rolle in der sozialistischen Gesellschaft besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die ganze Liebe und Fürsorge des Arbeiter-und-Bauern-Staates gehört der jungen Generation, die große Leistungen in der Produktion, im politischen und kulturellen Leben vollbringt. Die Partei der Arbeiterklasse, die Regierung und die Nationale Front des demokratischen Deutschland setzen sich stets dafür ein, der Jugend Verantwortung zu übertragen, ihr Vertrauen zu schenken und ihr alle Möglichkeiten zur Qualifizierung für den Beruf und für das gesellschaftliche Leben zu geben.

Alle Bürger unseres Staates, unabhängig von ihrem Geschlecht, von ihrer sozialen Stellung, ihrer weltanschaulichen Überzeugung, ihrem Glaubensbekenntnis und ihrer Rasse, besitzen gleiche Rechte. Das Bildungsprivileg der Ausbeuterklassen ist gebrochen. Wie einst von den besten humanistischen Denkern des deutschen Volkes erträumt und gefordert, ist bei uns der Zugang zur Wissenschaft, Kultur und Technik allen geöffnet; jeder vermag seine Fähigkeiten voll zu entfalten. Alle Wege zur verantwortlichen und leitenden Arbeit in Beruf und Gesellschaft stehen den Bürgern offen.

So ist in der Deutschen Demokratischen Republik die sozialistische Gemeinschaft gewachsen. Es gilt der Grundsatz: Alles mit dem Volk, alles durch das Volk, alles für das Volk.

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Ein hohes Niveau der Bildung und des sozialistischen Verhaltens der Menschen beeinflußt entscheidend das Tempo des gesellschaftlichen Fortschritts. Zugleich werden Bildung und Kultur in einem noch weit höheren Maße als bisher zur Sache des ganzen Volkes.

Zur Erreichung dieser Ziele ist es notwendig, das einheitliche sozialistische Bildungssystem zu schaffen. Es dient dem Wachsen und Werden allseitig gebildeter, das heißt sozialistisch bewußter, hochqualifizierter, gesunder, geistig und körperlich leistungsfähiger, kulturvoller Menschen, die fähig und bereit sind, die historischen Aufgaben unserer Zeit zu erfüllen.

Bei dieser weiteren tiefgreifenden Umwälzung in der Geschichte des humanistischen Kampfes für die Bildung des ganzen Volkes stützt sich die Deutsche Demokratische Republik darauf, daß sie sich bereits ein leistungsfähiges und bewährtes Bildungssystem geschaffen hat.

Die antifaschistisch-demokratische Schul- und Hochschulreform befreite das Bildungswesen von den verhängnisvollen Einflüssen des deutschen Imperialismus, Militarismus, Nationalismus und Faschismus. Das Bildungsmonopol der Besitzenden wurde gebrochen. Die von der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung und auch schon von den demokratischen Pädagogen des Bürgertums geforderten schulpolitisch-pädagogischen Prinzipien der Weltlichkeit, der Einheitlichkeit, der Staatlichkeit des Bildungswesens, der Wissenschaftlichkeit des Bildungsgutes und der Gleichheit der Bildungsmöglichkeiten wurden erfüllt, und alles Antihumanistische verschwand aus den Schulstuben und den Hörsälen. Ein organisch gegliedertes, einheitliches Schulsystem mit einer achtjährigen Grundschule entstand. Die Einklassenschule auf dem Dorfe wurde Zug um Zug beseitigt. In allen Schulformen wurde in wachsendem Maße eine hohe Allgemeinbildung für alle Kinder des Volkes gesichert. Die junge Generation wurde im Geiste des Friedens, der Völkerfreundschaft und des Humanismus erzogen.

Die Universitäten und Hochschulen stehen erstmals in der deutschen Geschichte den Kindern der Arbeiter und Bauern offen. Die Universitäten, Hoch- und Fachschulen sind wahrhafte Bildungsstätten des Volkes geworden, weil die Deutsche Demokratische Republik nicht nur das Recht auf Bildung proklamiert, sondern auch die materiellen Voraussetzungen für die Wahrnehmung dieses Rechtes durch alle Volksschichten geschaffen hat.

Der sozialistische Aufbau stellte auch an das Bildungswesen höhere Anforderungen. Die sozialistische Schule entstand, die sich durch die weitere Erhöhung des Bildungsniveaus in allen Fächern und auf allen Stufen, durch die enge Verbindung mit dem Leben, durch die Verbindung von Unterricht und produktiver Arbeit, durch die Einführung des polytechnischen Unterrichts und durch die Erweiterung der allgemeinbildenden Schule auf zehn Jahre auszeichnet.

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Das einheitliche sozialistische Bildungssystem soll nunmehr den Erfordernissen des umfassenden Aufbaus des Sozialismus in Übereinstimmung mit der Perspektive unserer Gesellschaft entsprechen. Vor allem geht es darum, die Schule noch enger mit dem Leben zu verbinden. Der Bildungsinhalt ist den neuesten Erkenntnissen von Wissenschaft, Technik und Kultur anzupassen. Eine lebensnahe, sozialistische Erziehung, in deren Zentrum die Erziehung zur Arbeit steht, ist zu gewährleisten. Die einzelnen Glieder des Bildungswesens sind inhaltlich und strukturell so zusammenzufügen, daß sie ein geschlossenes, in sich abgestimmtes Ganzes bilden.

So wird es möglich sein, das wissenschaftliche Niveau von Bildung und Erziehung auf allen Stufen des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems weiter zu erhöhen und durch den kontinuierlichen Bildungs- und Erziehungsprozeß eine noch höhere Wirksamkeit des gesamten Bildungswesens zu erreichen. Die Bildungspolitik unseres sozialistischen Staates wird damit auf einer höheren Stufe folgerichtig weitergeführt.

Die Errungenschaften der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Gebiet des Bildungswesens und ihr weiterer systematischer Ausbau sind eine nationale Leistung, die für ganz Deutschland beispielhaft ist. Das sozialistische Bildungswesen der Deutschen Demokratischen Republik ist dem Bildungswesen in Westdeutschland um eine ganze historische Epoche voraus.

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Das einheitliche sozialistische Bildungssystem setzt neue Maßstäbe einer lebensverbundenen, demokratischen und humanistischen Menschenbildung für die ganze deutsche Nation.

Es gibt neue Impulse für die große Lernbewegung des ganzen Volkes, Millionen Menschen qualifizieren sich und erreichen ein höheres Bildungsniveau. Indem sie arbeitend lernen und lernend arbeiten, haben sie den Weg zur gebildeten, sozialistischen Nation beschritten.

Im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem verwirklicht sich die leitende kulturell erzieherische Funktion des sozialistischen Staates, der sich auf die Entfaltung der sozialistischen Demokratie stützt. Die Ziele des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems sind Sache des ganzen Volkes. Für sie wirken die Kindergärtnerinnen, die Lehrer der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen, die Berufs- und Fachschullehrer, die Hochschullehrer, die Leiter, Meister und Lehrausbilder der Betriebe, die Eltern und die Familie, der im Sozialismus eine neue moralische und erzieherische Rolle zukommt, die gesellschaftlichen Organisationen und alle Kräfte der Gesellschaft.

Die Verwirklichung des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems hat in Verbindung mit der Sicherung aller wissenschaftlichen, organisatorischen und ökonomischen Voraussetzungen planmäßig und schrittweise zu erfolgen. Dabei ist die Kontinuität des Bildungs- und Erziehungsprozesses zu wahren.

Die Lösung dieser geschichtlichen Aufgabe wird ermöglicht durch die Leistungen der Werktätigen. Sie bedarf der Anstrengungen aller Staats- und Wirtschaftsorgane und aller gesellschaftlichen Kräfte.

Die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik beschließt:

Erster Teil
Grundsätze und Ziele des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems und gesellschaftliche Erziehungsfaktoren

§ 1

(1) Das Ziel des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems ist eine hohe Bildung des ganzen Volkes, die Bildung und Erziehung allseitig und harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten, die bewußt das gesellschaftliche Leben gestalten, die Natur verändern und ein erfülltes, glückliches, menschenwürdiges Leben führen.

(2) Das sozialistische Bildungssystem trägt wesentlich dazu bei, die Bürger zu befähigen, die sozialistische Gesellschaft zu gestalten, die technische Revolution zu meistern und an der Entwicklung der sozialistischen Demokratie mitzuwirken. Es vermittelt den Menschen eine moderne Allgemeinbildung und eine hohe Spezialbildung und bildet in ihnen zugleich Charakterzüge im Sinne der Grundsätze der sozialistischen Moral heraus. Das sozialistische Bildungssystem befähigt sie, als gute Staatsbürger wertvolle Arbeit zu leisten, ständig weiter zu lernen, sich gesellschaftlich zu betätigen, mitzuplanen und Verantwortung zu übernehmen, gesund zu leben, die Freizeit sinnvoll zu nutzen, Sport zu treiben und die Künste zu pflegen.

(3) Dieses Ziel eint den sozialistischen Staat und alle gesellschaftlichen Kräfte in gemeinsamer Bildungs- und Erziehungsarbeit.

§ 2

(1) Der sozialistische Staat sichert mit dem einheitlichen sozialistischen Bildungssystem allen Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik das gleiche Recht auf Bildung.

(2) Die grundlegenden Bestandteile des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems sind:
– die Einrichtungen der Vorschulerziehung,
– die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule,
– die Einrichtungen der Berufsausbildung,
– die zur Hochschulreife führenden Bildungseinrichtungen,
– die Ingenieur- und Fachschulen,
– die Universitäten und Hochschulen,
– die Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen.
Die Sonderschuleinrichtungen nehmen Kinder mit physischen oder psychischen Schädigungen auf.

(3) Die Einheitlichkeit in der Zielsetzung und im Aufbau des sozialistischen Bildungssystems schließt, entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen und den individuellen Begabungen, Differenzierungen in den Bildungswegen auf den oberen Stufen ein.

(4) Das sozialistische Bildungssystem ist so aufgebaut, daß jedem Bürger der Übergang zur jeweils nächsthöheren Stufe bis zu den höchsten Bildungsstätten, den Universitäten und Hochschulen, möglich ist. Für die höheren Bildungseinrichtungen werden die Besten und Befähigsten ausgewählt. Dabei ist die soziale Struktur der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik zu berücksichtigen.

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Quelle: Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (online verfügbar unter: http://www.verfassungen.de/ddr/schulgesetz65.htm); abgedruckt in Siegfried Baske, Bildungspolitik in der DDR. Dokumente. Wiesbaden, 1979, S. 97–130.