Kurzbeschreibung

Dieses aufschlussreiche Dokument verkündete Friedrich Wilhelms Entscheidung, die bislang weitverzweigte preußische Bürokratie, aufgeteilt insbesondere in militärische und finanzpolitische Behörden, in eine Art Zentralkabinett, das General-Direktorium, zu verschmelzen, in dem wesentliche Funktionen wie die Verantwortung für die Armee paarweise mit der Aufsicht über die eine oder andere Provinz des Monarchen eingeteilt wurden. Das Dokument skizziert die religiösen, sozialen und geografischen Kriterien, nach denen die Mitgliedschaft im General-Direktorium festgelegt werden würde, sowie die kollegialen Prozesse (und innerbürokratische Spionage), durch die der König ehrgeizige Minister zu kontrollieren und das Verschweigen wichtiger Informationen zu verhindern hoffte. Das Dokument legte die Verfahren dar, mit denen der König Widerstand gegen den Staat unter seinem Staatsvolk zu verhindern gedachte, sei es seitens regimekritischer Adliger oder seitens der unfreien Bevölkerung („Unterthanen“). Letzterer Begriff bezog sich wahrscheinlich auf die beschränkte Anzahl ostelbischer Dorfbewohner, die durch personenspezifische Leibeigenschaft gebunden waren. Er mag jedoch auch allgemeine feudalherrschaftliche Dorfbewohner beschrieben haben, die ihren Wohnort ohne die Zustimmung der herrschaftlichen Gerichte ihrer Feudalherren nicht frei verlassen konnten. Wenn allerdings die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt waren (was in der Praxis nicht unmöglich war), durfte diese Zustimmung rechtlich nicht verweigert werden.

Anweisungen Friedrich Wilhelms I. (des „Soldatenkönigs“) über die Gestaltung und Funktion des General-Direktoriums (20. Dezember 1722)

Quelle

Art. 1. Wegen der Bedienten bei dem General- etc. Directorio, auch Provinzialcommissariaten und Kammern und deren Instruirung.

§ 1. Nachdem Wir der höchsten Nothwendigkeit zu sein befunden, mit Unserem bisherigen Generalkriegscommissariat und Generalfinanzdirectorio eine Aenderung zu treffen und diese beide Collegia gänzlich zu cassiren und aufzuheben, an derselben Statt aber ein General-Ober-Finanz-, Krieges- und Domänendirectorium anzuordnen und demselben die Respicirung aller Affairen, die bis dato bei dem gewesenen Generalkriegescommissariat und Generalfinanzdirectorio tractiret worden, allergnädigst anzuvertrauen, als declariren Wir hiedurch, daß Wir Selbst das Präsidium über gedachtes General- etc. Directorium führen wollen, um demselben desto mehr Lüstre, Autorität und Nachdruck beizulegen, zugleich auch die besondere und ganz genaue Attention zu zeigen, so Wir auf die zu ermeldtes Directorii Ressort gehörende Affairen, ihrer äußersten Wichtigkeit nach, beständig und unermüdet zu nehmen Uns angelegen sein lassen.

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[Der zweite Paragraf benennt die Personen, die ins General-Direktorium berufen worden sind: fünf „Vicepräsidenten und dirigirende Ministri“ (Generalleutnant von Grumbkow und die wirklichen Staatsminister von Creutz, von Krautt, von Katsch und von Görne) und vierzehn Räte oder Assessores.]

§ 3. Gleichwie Wir nun dadurch zu ermeldten bei dem General- etc. Directorio von Uns angeordneten dirigirenden Ministris und Assessoribus eine besondere allergnädigste Confidenz zu setzen bezeigen, also prätendiren Wir auch hingegen, daß in specie die fünf dirigirende Ministri, [es folgen deren Namen] [] vor alles und jedes, was bei dem General- etc. Directorio vorgehet, Uns responsable sein sollen.

§ 4. Die Geheimte Finanz-, Krieges- und Domänenräthe aber haften nur vor dasjenige, was zu dem Departement, bei welchem ein jeglicher von ihnen bestellet ist, gehöret. []

[Der 5. Paragraf befasst sich mit Fragen der Rangfolge. Im Allgemeinen folgen die Mitglieder des Direktoriums direkt unter dem Rang der Geheimen Staatsräte.]

§ 6. Wann Bediente bei dem General- etc. Directorio abgehen, sollen Uns die fünf dirigirende Ministri zu Bekleidung solcher vacant gewordenen Chargen andere Subjecta allerunterthänigst vorschlagen.

§ 7. Es müssen aber so geschickte Leute sein, als weit und breit zu finden, und zwar von evangelisch-reformirter oder lutherischer Religion, die treu und redlich sind, die offene Köpfe haben, welche die Wirthschaft verstehen und sie selber getrieben, die von Commercien-, Manufactur- und anderen dahin gehörigen Sachen gute Information besitzen, dabei auch der Feder mächtig, vor allen Dingen aber Unsere angeborne Unterthanen sein, es müßte dann, so viel diesen letzten Punkt betrifft, sich fügen, daß Uns zwar ein fremder, jedoch sehr habiler Mensch vorgeschlagen würde, welchenfalls Wir endlich wohl ein oder zwei von dergleichen Subjectis bei Unserem General- etc. Directorio passiren lassen wollen. Um aber obangeführte und andere dahin gehörende Qualitäten kurz zu fassen, so müssen es solche Leute sein, die zu allem capable, worzu man sie gebrauchen will.

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[Die Paragrafen 8 und 9 legen die Qualifikationen fest, die den Präsidenten und Räten der Provinzialkommissariate und -kammern abverlangt werden.]

§ 10. Bei den Provinzialkammern müssen gute Wirthe bestellet werden, die selbst Wirthe und Beamte gewesen und selbst in hoher Pacht gestanden, auch der Feder gewachsen und rechnungsverständige, vigilante und gesunde Leute sind.

§ 11. Ferner soll es mit Wiederbesetzung der bei den Commissariaten und Kammern in den Provinzien vacant werdenden Bedienungen auf folgende Weise gehalten werden. Wann eine solche Vacanz in Preußen entstehet, sollen Uns zu deren Ersetzung von dem General- etc. Directorio vorgeschlagen werden Clevische, Märkische oder Pommerische Unterthanen, aber keine Preußen;

Zu den Clevischen Commissariats- und Kammerbedienungen Preußen, Märker und Magdeburger, aber keine Clever;

Zu den Pommerschen Commissariats- und Kammerbedienungen Preußen, Clever und Magdeburger, aber keine Pommern;

Im Magdeburgischen und Halberstädtischen Märker, Clever und Preußen, aber keine Magdeburger und Halberstädter.

Mit einem Wort, Unsere allergnädigste Intention gehet dieserwege dahin, daß Uns zu Besetzung der Provinzialkammeren und -Commissariate keine Leute in Vorschlag gebracht werden sollen, die aus der Provinz bürtig, woselbst die vacante Bedienung wieder zu besetzen.

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§ 15. Zu allen Thorschreiber-, Mühlenbereuter-, Polizeireuter-, Ausreuter- und dergleichen geringeren Bedienungen wollen Wir niemand anders als Invaliden, Unterofficierer und Soldaten employiret wissen, und zwar solche, die unter Unserer allergnädigsten Approbation von Unserem Generaladjutanten jedesmal in Vorschlag gebracht werden. []

§ 17. Wir befehlen auch dem General- etc. Directorio allergnädigst, gründlich und wohl zu untersuchen, ob nicht in den Provinzien bei den Commissariaten und Kammern, da so viel Bediente sind, einige retranchiret, auch sonst allerhand Bedienungen mit einander combiniret und dadurch die auf derselben Unterhalt zu verwendende Kosten ersparet werden können. Zum Exempel, wann in den Städten, wo Zölle sind, die Acciseeinnehmer zugleich den Zoll erheben, so kann der Zöllner Gehalt menagiret und eingezogen werden.

Wann das General- etc. Directorium diesen Punkt mit rechtem Eifer vor Unseren Dienst und Interesse zu untersuchen sich angelegen sein lassen will, wird es Uns dadurch einen confiderablen Nutzen, Vortheil und Menage stiften können. []

§ 19. Solcher Instruction ist in specie einzuverleiben, daß die Commissariatspräsidenten in den Provinzien die ihnen anvertrauete Städte fleißig bereisen, derselben Zustandes respectu des Handels und Wandels, Commercien und Manufacturen, Bürger und Einwohner und deren Nahrung und Gewerbs sich auf das genaueste erkundigen und informiren sollen, damit ihnen die unter ihr Departement gehörende Städte ebenso genau bekannt sein mögen, als Wir prätendiren, daß ein Capitän von Unserer Armee seine Compagnie kenne, bei welcher aller und jeder dazu gehörender Soldaten innerliche und äußerliche Qualitäten dem Capitän vollkommen bewußt sein müssen. []

Art. 2. Der Ministrorum Functiones

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§ 7. Die Concepte von dem, was bei dem General- etc. Directorio expediret wird, die Justizsachen allein ausgenommen, revidiren alle fünf dirigirende Ministri.

§ 8. Die Originalia contrasigniren Unser Generallieutenant, Wirkliche Etatsministri, auch Finanz-, Krieges- und Domänenräthe von Grumbkow und von Creutz, beide zugleich.

§ 9. Wenn einer von diesen beiden Ministris abwesend, so contrasigniret an desselben Statt der Wirkliche Etatsminister, auch Finanz-, Krieges- und Domänenrath von Krautt und so weiter dergestalt, daß allemal die beide älteste im General- etc. Directorio anwesende Ministri die Contrasignatur verrichten.

§ 10. Der Wirkliche Etatsminister, Generalauditeur, auch Finanz-, Krieges- und Domänenrath von Katsch revidiret und contrasigniret die Justizsachen allein.

§ 11. Das General- etc. Directorium soll alle Montage, Mittwoche, Donnerstage und Freitage an dem von Uns dazu destinirten Orte zusammenkommen und mit einander alle zu dem General- etc. Directorio gehörende Sachen collegialiter, nicht aber in den Häusern, wie bisher, tractiren.

§ 12. Des Montags ist des Generallieutenants, auch Wirklichen Staatsministri, Finanz-, Krieges- und Domänenraths von Grumbkow Departementstag, und werden alsdann die Preußische, Vor- und Hinterpommerische und Neumärkische Affairen, imgleichen die Grenzsachen und was die Ausrodung und Räumung der Brücher betrifft, vorgetragen und ausgemachet, aber keine andere Affairen, wann es gleich pressante Sachen wären, weil es in Commissariats- und Kammersachen auf drei, vier bis acht Tage nicht ankömmt.

§ 13. Des Mittwochens ist des Wirklichen Etatsministri, auch Finanz-, Krieges- und Domänenraths von Creutz Departementstag, und werden an demselben vorgetragen und decidiret die Mindisch-Ravensbergisch-, Tecklenburgisch- und Lingische, wie auch die Rechenkammer- und Proviantsachen, aber keine andern.

§ 14. Des Donnerstags fällt des Wirklichen Etatsministri, auch Finanz-, Krieges- und Domänenraths von Krautt Departementstag ein, an welchem die Kurmärkische, Magdeburgische und Halberstädtische Affairen, imgleichen die Marschsachen und was die Verpflegung Unserer Armee betrifft, tractiret werden sollen, aber keine andere.

§ 15. Des Freitags hat Unser Wirklicher Staatsminister, auch Finanz-, Krieges- und Domänenrath von Görne seinen Departementstag, und wird alsdann über diejenige Sachen deliberiret, welche Geldern, Cleve, Meurs, Neuchâtel, die Orangische Succession, imgleichen das Postwesen und das Münzwesen betreffen, aber über keine andere.

§ 16. Die Justizsachen haben keinen besonderen Departementstag, sondern es werden dieselbe an demjenigem Tage vorgetragen und ausgemachet, zu welchem die Provinz gehöret, aus welcher die Justizsache kömmt.

§ 17. Des Sommers soll sich das General- etc. Directorium versammlen des Morgens um 7 Uhr und des Winters um 8 Uhr.

§ 18. Sie sollen nicht eher auseinander gehen, bis alle und jede Sachen in dem Departement, welches du jour ist, abgethan worden, damit nicht ein Zettul davon übrig bleibe.

§ 19. Können sie in einer Stunde mit den Affairen fertig werden, so stehet ihnen frei, auseinander zu gehen; können sie aber des Vormittags nicht fertig werden, so müssen sie sans interruption bis auf den Abend um 6 Uhr oder bis sie alle Affairen abgethan, beisammen bleiben. Wir befehlen auch hiemit Unserm Obermarschall und Wirklichen Geheimen Etatsministro dem von Printzen, daß, wenn das General- etc. Directorium länger als bis 2 Uhr Nachmittags im Collegio versammlet bleibet, er vier gute Gerichte Essen aus Unserer Küche nebst nöthigem Wein und Bier aus Unserem Keller oben bringen lassen solle, damit die Halbschied der anwesenden Chefs und Membrorum essen, die andere Halbschied aber arbeiten und nachgehends die, so indessen, daß die anderen gespeiset, ihre Arbeit verrichtet haben, sodann gleichfalls essen und die übrige hinwieder arbeiten können, alsdann Unser Dienst rechtschaffen, fleißig und getreulich wird befodert werden.

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Art. 4. Wegen der Verpflegung der Königlichen Armee und besserer Einrichtung des Proviantwesens

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§ 2. Das General- etc. Directorium wird mit allem Fleiß dahin zu sehen haben, damit die Regimenter von Unserer Armee jederzeit accurat und richtig bezahlet werden und daran nie einiger Mangel erscheine.

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Art. 7. Wegen Conservation der Unterthanen.

§ 1. Von was großer Importanz die Conservation der Unterthanen vor jedweder Puissance sei und was es vor gefährliche Suiten nach sich ziehen könne, wann durch übel eingerichtete Oekonomie und gar zu schwere Lasten die Unterthanen enerviret und in solchen Stand, daß sie ihrem Landesherrn die sonst gewöhnliche Prästationes entweder gar nicht mehr oder doch nicht völlig leisten können, gesetzet werden, das ist männiglich bekannt, und hat derowegen das General- etc. Directorium auf die Conservation Unserer sämmtlichen Unterthanen mit großem Fleiß und Application sein Absehen zu richten, damit dieselbe allerseits in gutem Flor und Wohlstand erhalten, und sowohl die Krieges- als die Domänenprästanda nicht höher gesetzet werden, als sie es ertragen können.

§ 2. Es hat aber das General- etc. Directorium nicht bloß und allein auf die Conservation der Städte und um dieselbe in florissanten Zustand zu setzen, sein Absehen zu richten, sondern absonderlich auch auf die Conservation des Landmanns, der Dörfer und des platten Landes mit zu reflectiren.

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Art. 8. Wegen des Contributionswesens.

§ 1. Das Contributionswesen ist einer von den wichtigsten Punkten, worauf des General- etc. Directorii unermüdete Application und Sorgfalt gerichtet sein muß, und soll Uns auch in specie wegen dieses Punkts das ganze obermeldete Directorium, sowohl die darin sitzende Ministri, als auch in specie die Membra eines jeden Departements, jedoch so viel diese letzte betrifft, weiter nicht, als eines jeden Departement sich erstrecket, responsable sein.

§ 2. Das General- etc. Directorium soll auch insonderheit darauf Acht haben, daß die Contributiones wohl und richtig einkommen und nichts davon zurückbleibe.

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§ 4. Absonderlich hat das General- etc. Directorium wohl Acht zu geben, daß Unsere Immediatunterthanen in der Contribution und Einquartierungen nicht prägraviret werden, maßen sie an vielen Orten gegen die Mediatunterthanen in beiden Punkten prägraviret sind, und muß ermeldetes Directorium diesen Punkt genau untersuchen und, was deshalb zu ändern und zu verbessern ist, ungesäumt redressiren.

§ 5. Die von Unsern Immediatunterthanen fallende Contributiones sollen die Beamte einnehmen und solche an die Provinzialkreiskassen liefern, die es hernach an die Kriegskasse zahlen, und zwar aus der Ursach, damit der Bauer nicht doppelt geplackt werde und die Sache länger Bestand haben könne.

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Art. 10. Accisewesen.

§ 1. Bei dem Accisewesen muß eine von des General- etc. Directorii größesten Sorgen dahin gerichtet sein, daß die Tarifs accurat und gut gemachet und in denselben alle ausländische Wollen- und andere Waaren hoch und dergestalt impostiret werden, daß Unsere Landeswaaren und Manufacturen in Unseren Landen wohlfeiler gegeben und besser debitiret werden können als ausländische.

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§ 7. Es soll niemand in Unserm Königreich, Provinzien und Landen accisefrei sein, und damit aller Unterschleif desto mehr abgeschnitten werde, wollen Wir selbst nebst Unserm Königlichen Hause die Accise bezahlen, und soll sehr scharf darauf Acht gegeben werden, daß sich niemand weiter unterfange, unter dem Prätext, als wann diese oder jene Sachen oder Waaren vor Uns oder Unser Königliches Haus gehöreten, die Accise weiter zu defraudiren.

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§ 11. Das General- etc. Directorium muß auch dahin sehen und auf alle Weise verhüten, daß die in Unseren Landen angesessenen Leute ihre Gelder und Capitalien nicht in die Fremde transportiren. Und wird von ermeldetem Directorio collegialiter und reiflich zu überlegen sein, wie solches am besten zu verhüten und denen Capitalisten Gelegenheit zu geben, daß sie ihre Gelder in Unsern Landen placiren und anlegen können.

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Art. 12. Manufactursachen.

§ 1. Von was großer Importanz vor Uns und Unsere Lande die Etablirung guter und wohl eingerichteter Manufacturen sei, solches ist dem General- etc. Directorio vorhin zur Genüge bekannt, und wird also dasselbe sich alles äußersten Fleißes angelegen sein lassen müssen, damit, so viel nur immer möglich, alle Gattungen von Wollen-, Eisen-, Holz- und Ledermanufacturen und Handwerker, die noch nicht in Unsern Landen etabliret sein, in denselben angerichtet werden mögen.

§ 2. Um diesen höchst nützlichen Endzweck zu erreichen, hat das General- etc. Directorium die dazu nöthige Manufacturiers aus der Fremde kommen zu lassen, nach der Methode, wie Wir zu Potsdam die Gewehrmanufactur angeleget haben. []

Art. 14. Wegen Anhaltung der Deserteurs.

§ 1. Damit dem Desertiren bei Unserer Armee gesteuert und die Deserteurs desto leichter ertappet werden können, soll das General- etc. Directorium in Unserm Königreich, auch sämmtlichen Provinzien und Landen von Unserentwegen und in Unserem höchsten Namen ein scharfes Edict ausgehen und publiciren, auch nachgehends in den Städten, wo keine Festungen sind, ingleichen in allen Kirchdörfern monatlich am ersten darin fallenden Sonntage von neuem von den Kanzeln ablesen lassen, des Inhalts, daß Bürger und Bauren keinen Soldaten, Unterofficierer, Grenadierer, Musquetierer, Reuter oder Dragoner, Beurlaubten oder Ordonanzen, der nicht seinen rechten und guten Paß vorzeigen kann, in keinem Dorf oder Stadt passiren lassen, sondern ihn sofort arretiren und an das nächste Regiment liefern sollen, um den Deserteur weiterfort an das Regiment, dem er angehört, zu schicken, welches auch alsdann die Unkosten bezahlen wird.

Wann ein Soldat desertirt von einem Regiment oder Compagnie und es auf dem Lande und in den Städten von dem Officierer kund gemachet wird, sollen Bürger und Bauren sofort aufsitzen, die Sturmglocke läuten, die Pässe besetzen und den Deserteur weiter aufsuchen.

Wann sie ihn wieder bekommen, soll die Accise, welche dem Ort am nächsten ist, dem Bauren, Bürgern oder Beamten, die den Deserteur ertappet und abgeliefert haben, 12 Rthlr. bezahlen.

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Wer aber einen Deserteur durchhilft, hat den Galgen verwirkt, und soll derselbe sogleich, nachdem er des Verbrechens überführet ist, ohne Unsere Confirmation darüber zu erwarten, aufgehangen werden.

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Art. 18. Verpachtung der Aemter, Vorwerker und anderer Domänen.

§ 1. Das General- etc. Directorium soll mit unermüdetem Fleiß, Treue und Application darauf Acht haben und seine Gedanken dahin gerichtet sein lassen, damit alle Jahr Unsere Domänen und Aemter verbessert und melioriret, an den Orten, wo man mit Nutzen neue Vorwerker stiften oder neue Kuhmülkereien anlegen, oder auch wüste und unurbare Brücher ausraden und abziehen kann, solches nicht verabsäumet, sondern unverzüglich dazu geschritten und auf alle Weise dahin getrachtet werde, wie durch Industrie und savoir-faire wirklich und ohne gleichen oder größeren Abgang Unserer Kriegs- oder anderer Revenüen Unserer Domänen Einkünfte verbessert werden mögen. Wann zum Exempel die Domänencommission das Amt Potsdam auf 400 Rthlr. jährlich verbesserte und Wir dadurch an der andern Seite 400 Rthlr. bei der Accise zu Potsdam verlören, so wäre es eine windige Verbesserung.

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§ 3. Solche Principia muß das General- etc. Directorium bei allen Verbesserungen führen und, wo Wir reellen Vortheil finden, sofort zuschlagen, es mag das Surplus fallen an welche von Unsern Kassen es will, wann Wir nur reellen Vortheil davon haben.

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§ 29. Aus dem jetzt angeführtwird das General- etc. Directorium sattsam abnehmen können, welchergestalt Unsere Willensmeinung dahin gerichtet, daß ermeldetes Directorii an Uns erstattende Berichte und thuende Anfragen allemal so beschaffen sein sollen und müssen, daß Wir Uns kühnlich und sicher darauf verlassen und persuadiret sein können, daß alles, was in dem Bericht enthalten, der Wahrheit vollkommen gemäß und vorher wohl examinirt und ausgedroschen sei. Und wie Wir Uns an das General- etc. Directorium halten werden, wann Uns dasselbe etwas ungegründetes berichten sollte, so erhellet auch daraus, daß sie viele Espions in den Provinzien haben müssen, wofern sie sicher verfahren wollen.

Wie es dann nicht angehen wird, wann das General- etc. Directorium allenfalls die Schuld auf die Provinzialcommissariate und -Kammern sollte schieben wollen, daß nämlich dieselbe dieses oder jenes berichtet und man darauf getrauet, folglich die Sache, wie sie referiret worden, an Uns gebracht hätte.

Dergleichen Raisons werden wir nicht annehmen noch vor valable erkennen, sondern das General- etc. Directorium muß sich selbst nach der Sache informiren und in pleno examiniren, ob nicht die aus den Provinzien einkommende Berichte partialisch, ob nicht menschliche Affecten und Intriguen darunterlaufen und was weiter dahin gehöret, denn Uns ermeldtes Directorium in dergleichen und allen übrigen Fällen nach Anweisung gegenwärtiger Instruction einer vor alle und alle vor einen haften und responsable sein sollen. []

Art. 34. Wegen der Anfragen

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§ 2. Wir haben oben schon befohlen, daß das General- etc. Directorium mit den Commissariaten und Kammern, auch die Membra eines jeden Departements mit ihren in den Provinzien anzuschaffenden geheimen Correspondenten und Espions fleißig correspondiren sollen, damit sie auch die minutissima von dem, was in den Provinzien passiret, wissen und erfahren mögen, es sei in Commissariats-, Domänen- Finanz-, Landes- oder politischen Sachen, auch neue Zeitungen und allerhand particularia, die in den Provinzien vorkämen. Zum Exempel, in Preußen ist ein guter Winter und starker Frost. Es kommt viel Zufuhr und Denréen nach den Städten. Das Holz zu dem neuen Anbau wird stark aus den Wäldern angefahren. Der Bau gehet gut von Statten. Man promittiret sich eine reiche Ernte. Die Commercien, Schifffahrten und Manufacturen beginnen zu floriren. Wann J. K. M. anhero kommen, werden Sie hoffentlich mit dem guten Succeß der Sache allergnädigst zufrieden sein.

Diese oder jene Stadt oder Dorf ist abgebrannt. Die Noblesse remuiret unter der Hand, den Generalhufenschoß übern Haufen zu werfen. Gegen dieses oder jenes Edict wird stark gearbeitet. Dieser oder jener Edelmann opponiret sich gegen den Lehnscanonem. Dieses oder jenes Regiment kauft Fourage aus den benachbarten fremden Landen. Die Kammer wird ihre Quartale richtig bezahlen, oder: sie wird daran manquiren, aber doch so valable Raisons anzuführen haben, welche S. K. M. vermöge Instructionis werden annehmen müssen, oder: es wird nöthig sein, der Kammer scharf auf den Pelz zu gehen, damit sie bezahle. Die Kammer ist sehr fleißig, das Commissariat auch. Die Königlichen Verordnungen und was in der Instruction enthalten, werden exequiret oder nicht. In der und der Stadt sind 20 neue Häuser angebauet. Die Commissariate und Kammern sind fleißig im Collegio oder nicht. Dieses oder jenes Regiment hat Exactiones gethan. Die Commissariate haben bei dem Commandeur des Regiments Ansuchung gethan, daß solche Exactiones redressiret werden möchten, es ist aber nichts darauf erfolget, u. s. w.; auch allerhand nova.

Wie nun das General- etc. Directorium von Uns angewiesen ist, alle solche und andere aus denen Provinzien anlangende Nachrichten in eine kurze Relation zusammenzuziehen und Uns dergleichen Relation wochentlich einmal einzuschicken, so kann auch, im Fall sich etwas darunter fünde, worüber man Unsere allergnädigste Willensmeinung und Befehl einzuholen nöthig zu sein erachtet, deshalb allerunterthänigst bei Uns angefraget werden.

§ 3. Die Anfragen müssen aber, so viel immer müglich, kurz und deutlich gefasset, die Sache, worauf es ankommt, mit wenig Worten und nervös vorgestellet, alsdann das Gutachten beigefüget und die Raisons, worauf sich selbiges gründet, hinzugethan werden.

§ 4. Was in dem General- etc. Directorio an jedem Tage vorkommen und abgemacht worden, solches muß noch an selbigem Tage aus dem Protokoll ganz kurz extrahiret und gegen Abend Uns allerunterthänigst eingesandt werden, damit Wir es des folgenden Morgens sehen und lesen und, woferne zugleich Anfragen dabei geschehen sind, über dieselbe Unsere allergnädigste Resolution ertheilen können. []

Mit einem Wort, sie sollen allemal und bei einer jeden Anfrage ihr Gutachten beifügen, nebst den Raisons, worauf sich selbiges fundiret; Wir bleiben doch König und Herr und können thun, was Wir wollen.

Wann sie aber ihr Gutachten bei der Anfrage eröffnen, so wissen Wir erstlich, daß sie vor dessen Abstattung die Sache gründlich examiniret haben; zum zweiten sind Wir auch persuadiret, daß, wann die Sache von so viel ehrlichen und geschickten Leuten untersuchet worden, daß Wir dabei nicht können betrogen werden; und drittens haben Wir auch davon diesen Nutzen, daß sie Uns wegen ihres eröffneten Gutachtens responsable sein müssen, wie sie nämlich die Sache nicht anders als sie in der That und Wahrheit ist, vorgestellet, Uns auch nicht anders als nach ihrem besten Wissen und Gewissen angerathen haben. []

Quelle: Acta Borussica. Deutsche Akademie der Wissenschaften, Berlin, 1892 ff., Band 3, S. 575-651.