Kurzbeschreibung

Diese Aufnahme wurde als Werbeartikel zum zehnjährigen Jubiläum des Phonographenherstellers und Plattenlabels Deutsche Grammophon im Jahr 1908 produziert. Die Deutsche Grammophon wurde 1898 von Emile Berliner, dem Erfinder der Schallplatte und des Grammophons, gegründet. Berliner, der 1870 aus Deutschland in die Vereinigten Staaten ausgewandert war, hatte zuvor bereits Grammophonfirmen in den USA und Großbritannien gegründet. Diese Aufnahme spielt in der Zukunft im Jahr 2000, als die Besucher eines „Sprechmaschinenfestes“ von der Stimme einer solchen „Sprechmaschine“ begrüßt werden. Mit humorvoller Vorwegnahme der Entwicklung von Computern und künstlicher Intelligenz blickt die Stimme auf die Zeit zurück, bevor alle menschlichen Tätigkeiten von Maschinen übernommen wurden, und erinnert die Zuhörer daran, wie glücklich sie sich schätzen könnten, nicht mehr selbst laufen, schreiben, sprechen oder sogar denken zu müssen. Die Stimme auf dieser Aufnahme ist die des Komikers Gustav Schönwald, der zu den ersten deutschen Schauspielern gehörte, der Tonaufnahmen für Schallplattenlabel machte. Während dieses futuristische Szenario dem Autor 1908 noch amüsant unwahrscheinlich erschien, beunruhigten die rasanten Fortschritte in Mechanisierung und Technologie viele Deutsche hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Leben und die Arbeit der Menschen. Manche wandten sich Reformbewegungen zu, die eine Rückkehr zu einer weniger technologisch geprägten Lebensweise anstrebten.

Festrede zum Sprechmaschinenfest im Jahre 2000 (1908)

Quelle

 Verehrte Zeit- und Festgenossen, wenn wir heute im Jahre 2000 an jene längst vergangenen Zeiten zurückdenken, in denen die Menschen gezwungen waren, alles persönlich zu tun, was heute durch genial erdachte Maschinen ausgeführt wird, dann beschleicht uns ein geheimes Grauen. In primitivster Weise war man zu jener Zeit gezwungen, selbst zu gehen, zu schreiben, zu essen, zu sprechen, ja manchmal sogar zu denken. Wohl uns, dass wir dies heute nicht mehr nötig haben. Zum Beweise hierfür sehen Sie auch heute hier keinen lebenden Redner vor sich, sondern ich, die Sprechmaschine habe das Vergnügen, Sie alle im Namen der Veranstalter dieses Festes auf das Herzlichste zu begrüßen. Frei von allen jenen Sorgen, die uns früher verantwortungsvolle Tätigkeit aufbürdete, fordere ich Sie auf, sich heute nur dem Vergnügen hinzugeben, umso mehr, als Ihnen dieses löbliche Beginnen durch alle Errungenschaften des Jahres 2000 erleichtert werden soll. Und deshalb, meine Damen und Herren, rufe ich Ihnen zu, so laut es meine Konstruktion gestattet: Viel Vergnügen!

Quelle: Gustav Schönwald, Festrede zum Sprechmaschinenfest im Jahre 2000, 1908. Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

DRA