Kurzbeschreibung

Mit diesem Erlass des Generalstabschefs des Feldheeres vom 28. November 1914 und dem Folgeerlass vom 20. November 1916 reagierte die deutsche Heeresleitung auf Berichte über die Fraternisierung mit Soldaten der Kriegsgegner, so z.B. durch stillschweigend vereinbarte Waffenruhen, die bereits vor Weihnachten 1914 und auch danach stattfanden.

Verbot der Fraternisierung (1914/16)

Quelle

Erlass des Chefs des Generalstabes des Feldheeres vom 28. November 1914

Aus mehrfachen hierher gelangten Mitteilungen aus der Front und aus Zeitungsartikeln geht hervor, daß sich an einzelnen Stellen unserer vorderen Linie, wo sich Freund und Feind besonders nahe gegenüberliegen, eine Art von Fraternisieren beider Parteien herausgebildet hat. Es soll sogar zu Verabredungen, gegenseitig das Schießen einzustellen, gekommen sein. In solchen Vorgängen liegt eine außerordentliche Gefahr. Der feste Wille jedes Einzelnen jeder Zeit und überall mit allen Kräften dem Gegner Abbruch zu tun, darf unter keinen Umständen Einbuße erleiden. Wenn wir siegen wollen – und wir wollen und müssen siegen –, dann müssen wir auch die Pflege der bisherigen Kampfesfreudigkeit unserer Leute uns angelegen sein lassen. Auch der Positionskampf, da wo es augenblicklich zu einem solchen gekommen sein sollte, muß überall der Vernichtung des Gegners gelten! Vorgänge, wie sie oben angeführt wurden, sind daher von den näheren Vorgesetzten aufmerksam zu verfolgen und auf das Energischste zu unterbinden

Folgeerlass vom 20. November 1916

Aus Mitteilungen von der Heimat geht hervor, daß man dort öfters aus Gesprächen beurlaubter Mannschaften den Eindruck gewinnt, es bestände an manchen Stellen ruhiger Fronten, an denen sich dieselben Truppenverbände schon längere Zeit gegenüberstehen ein gewisses stillschweigendes Abkommen mit dem Gegner, nicht aufeinander zu schießen; es seien „ja alle Familienväter“. Auch sollen sich an einzelnen Stellen, an denen die Schützengräben nur wenig voneinander entfernt sind, die Leute gegenseitig in kameradschaftlicher Weise Zeitungen zuwerfen.

Wenn ich auch an sich derartigen Redereien in der Heimat keine wesentliche Bedeutung zumesse und sie in der Hauptsache auf törichte Übertreibungen beurlaubter Leute zurückführe, so kommen sie doch in Umlauf, werden leicht geglaubt und weitergetragen und geben ein falsches Bild von dem Ernst der Auffassung, die draußen im Felde herrscht.

Es ist aber andererseits nicht von der Hand zu weisen, daß bei der langen Kriegsdauer an ruhigen Fronten doch einmal hinter dem Rücken der Vorgesetzten und in unbeobachteten Augenblicken seitens einiger schlaffer und weicher Leute solche Ungehörigkeiten vorkommen. Ich bitte deshalb erneut (vgl. mein Schreiben 28.11.1914 M.J. Nr. 10406) durch entsprechenden scharfe Maßnahmen jeden Verkehr mit dem Feinde zu unterbinden.

Quelle: Bayrisches Hauptstaatsarchiv München, Abt. IV (Kriegsarchiv), I, A.K. Bund 96 Erlaß Nr. 10406 and Bund 173 Erlaß Ia 39 904. Abgedruckt in Bernd Ulrich und Benjamin Ziemann, Frontalltag im Ersten Weltkrieg. Wahn und Wirklichkeit. Berlin, 1995, S. 166–7.