Kurzbeschreibung

Das deutsche Reichsmarineamt richtete ein eigenes Nachrichtenbureau ein, um für den Bau einer deutschen Kriegsflotte zu werben. Die Marineleitung suchte die öffentliche Unterstützung zu gewinnen und wendete hierzu gezielt „moderne“ Kommunikationstechniken an: Das Reichsmarineamt lancierte Artikel in Zeitungen, bezahlte deutsche Professoren für eine wohlwollende Darstellung des Schiffbaues und unterstützte eine populäre Organisationen, den Deutschen Marinebund, der auf mehrere hunderttausend Mitglieder anwuchs.

Das Reichsmarineamt und die öffentliche Meinung (24. September 1900)

  • August von Heeringen

Quelle

Allgemeines

Das Nachrichtenbüro wurde im Sommer 1897 gebildet, als man zu der Überzeugung gekommen war, daß die Schaffung einer starken Flotte für Deutschland notwendig und daß hierzu eine Aufklärung und Belehrung des deutschen Volkes über seine maritimen Aufgaben und Bedürfnisse erforderlich sei.

Die dem Nachrichtenbüro in der Zukunft erwachsenden Aufgaben werden sich ergeben aus der allgemeinen inneren und äußeren politischen Lage und aus den Zielen, die hinsichtlich des weiteren Flottenausbaues gesteckt werden. Da nach den Bestimmungen des Gesetzes von 1900 die zu bewilligenden Neubauraten alljährlich der Beschlußfassung des Reichstags unterliegen wird bei den kommenden Etatberatungen eine erhöhte Tätigkeit des Nachrichtenbüros gelegentlich notwendig werden.

Was die äußere Politik anbetrifft, so läßt sich naturgemäß nicht voraussehen, ob besondere Ereignisse (kriegerische Konflikte pp.) eintreten werden, die für Aufklärungszwecke ausgenutzt werden müßten. Auch ohne besondere äußere Anlässe wird dem Wachstum anderer Marinen, der Ausbreitung imperialistischer Ideen und dem friedlichen Wettbewerb um den Weltmarkt und die Welthandelsstraßen Aufmerksamkeit zu schenken sein und das Interesse des deutschen Volkes für derartige Vorgänge weiter geweckt und rege erhalten werden müssen.

Rückblick

Für die zweckentsprechende Ausnutzung der zukünftigen innerpolitischen Situation ist ein Rückblick auf das bisher Erreichte und die zur Anwendung gelangten Methoden von Bedeutung.

Die Tätigkeit des Nachrichtenbüros hat sich nach verschiedenen Richtungen hin erstreckt:

a) Unmittelbare Arbeit in der Tagespresse;

b) Unterstützung der bestehenden Vereine wie Kolonialges[ellschaft] und Alldeutscher Verband, Flottenverein, Auslandsverein und verwandter Bestrebungen einzelner Personen oder von Vereinigungen in der Aufklärungsarbeit auf maritimem Gebiet.

c) Anregung und Unterstützung aller Bestrebungen, durch welche die Bedeutung und die Aufgaben der Flotte in Wort, Schrift oder Bild dem deutschen Volk vor Augen geführt werden können.

d) Anregung bedeutender Männer aus der wissenschaftlichen und politischen Welt zu selbständigem Vorgehen in der Aufklärungsarbeit, Herbeischaffen, Zusammenstellen von Material und Versorgen derartiger Persönlichkeiten.

e) Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Arbeiten über die Seeinteressen eines Staates und ihren Schutz und zwar sowohl aus dem historischen, volkswirtschaftlichen wie militärisch-maritimen Gebiet, teils in Aufsätzen in ersten Zeitungen, Wochen- und Monatsschriften, teils in Büchern (Nauticus-Schriften). Die Sachen sind zum Teil vom Nachrichtenbüro selbst, zum Teil unter Heranziehung einer mit den Jahren gestiegenen Zahl fester Mitarbeiter zu Stande gekommen. Die Tätigkeit war vom Sommer 1897 bis zum Frühjahr 1898 und vom Herbst 1899 bis zum Frühjahr 1900 eine gesteigerte und mitunter polemische und agitatorische, dagegen vom Frühjahr 1898 bis Herbst 1899 und dem Frühjahr 1900 eine ruhigere und aufklärende. In der ruhigeren Zeit sind unter anderem die „Jahrbücher für Deutschlands Seeinteressen“ (Nauticus) entstanden.

Ein Erfolg trat, wenn man in Betracht zieht, daß es sich bei der ganzen Sache um ein novum handelte, verhältnismäßig rasch ein. Es tritt dies heute in Erscheinung, wenn man die Tagespresse und die Zeitschriften auf maritime Dinge verfolgt. Es ergibt sich dann, daß im Vergleich zu früher viel mehr in quantitativer und qualitativer Weise produziert wird. Heute billigt weitaus der größte Teil der oben erwähnten Bevölkerungskreise das Flottenprogramm der Regierung und geht zum Teil darüber hinaus. Zahlreiche Mitarbeiter, aufgeforderte und unaufgeforderte, halfen bei der Verbreitung der Ideen mit, so daß es später (1898/1900) mitunter nur notwendig wurde, ab und zu den Grundton anzugeben, literarische Publikationen zu unterstützen oder aber unerwünschte, politisch unkluge oder vorschnelle Äußerungen zu verhindern oder abzuschwächen. Ganz auffallend schnell gelang es, die in Frage kommenden Kreise von der Richtigkeit der einzuschlagenden Richtung des Flottenausbaus (Linienschiffsbau) zu überzeugen. Vereinzelte Versuche – auch von Fachleuten – hieran zu rütteln, mißlangen. Ich glaube, daß man heute auch in Seeoffizierkreisen dem Linienschiffsbau als der Grundlage der Flottenvergrößerung fast rückhaltlos zustimmt. In Laienkreisen gilt diese Richtung jedenfalls als die natürliche und gegebene.

Gelegentlich der Kampagne Winter 1899/1900 wurde auch begonnen breitere Volksschichten in energischerer Weise für die Flottenfrage zu interessieren. Der unbestreitbar vorhandene Erfolg ist hierbei der, daß sich auch Teile der Masse zum wenigsten mit der Frage selbst beschäftigt haben.

Anzeichen mancher Art sprechen dafür, daß nicht nur ein Interesse überhaupt, sondern auch ein wohlwollendes Interesse, an einigen Stellen auch ein gewisses Verständnis für die Bedeutung dieser Fragen geweckt worden ist. Beim Studium der damals völlig negierenden sozialdemokratischen Aufsätze bekommt man aber nicht selten den Eindruck, daß die Verfasser nur künstlich ihre abweichende Meinung zu stützen versuchen.

Ein ganz zutreffendes Bild davon, wie weit der Flottengedanke in die Masse eingedrungen ist, kann man sich schwer machen. Im Großen und Ganzen ist die Masse noch nicht erfaßt. Erfahrungsmäßig gehört auch eine beträchtliche Zeit dazu, ehe die kleine Presse für derartige neue, ihr unbekannte Materien genügend interessiert ist und ehe sie ihren Einfluß auf die Bevölkerung ausübt.

Man darf vielleicht dahin resumieren, daß allem Anschein nach durch die Agitation in agrarischen Kreisen leider die Abneigung gegen die Flotte bestärkt, in gewerblichen und industriellen Kreisen dagegen zurückgegangen ist. Das letztere gilt auch von manchen Arbeitskreisen, ausgenommen natürlich die ganz zielbewußten Sozialdemokraten.

Mit großem Erfolge ist – wie aus allerlei kleinen Anzeichen zu schließen ist – in kleinerem Maßstabe bisher unternommene Agitation unter der jüngeren Generation gewesen.

In Summa läßt sich sagen, daß die ganze Flottenbewegung, wie dies auch immer vorausgesagt war, eine ganz bestimmte volkseinende Kraft entwickelt und gezeigt hat, die bei etwaigen Neuwahlen nicht ohne Bedeutung gewesen wäre. Leider ist dieses Moment dadurch nicht voll zur Wirkung gekommen, daß gleichzeitig mit dem Flottengesetz – beabsichtigter oder unbeabsichtigter Weise – eine Reihe von anderen Gesetzen (Fleischschaugesetz, lex Heinze) die öffentliche Meinung beschäftigte, die ihrer Art nach geeignet waren trennend zu wirken.

[]

Ausblicke

Von der nächsten innerpolitischen Zukunft läßt sich vielleicht das Folgende voraussagen:

Die parlamentarischen Kämpfe und die sich daran anschließende oder vorausgehende Volksbewegung haben in der nächsten Zeit als Mittelpunkt den Neuabschluß der Handelsverträge.

Das parlamentarische und politische Leben wird sich hierbei zum Teil zu einem Kampfe zwischen Agrariertum und Industrialismus zuspitzen. Das Interesse an der Flotte selbst wird dann zeitweilig zurücktreten. Es wird sich aber kaum vermeiden lassen, daß die starke Betonung der wirtschaftlichen Interessen, die zur Zeit der Flottenkampagne das beste Argument der Flottenfreunde bildeten, zur Zeit der Debatten über die Handelsverträge weiter ausgenutzt werden wird. Seeinteressen und agrarische Bestrebungen werden dadurch erneut in Gegensatz zueinander gebracht und der Flottengedanke wird im agrarischen Lager an Boden nicht gewinnen.

Soweit ich mir eine Anschauung habe bilden können, glaube ich, daß, wie die Dinge nun einmal liegen, der Gegensatz zwischen Industrie und Agrariertum immer schärfer werden wird und daß – obwohl zur Zeit der Reichstag in seiner Mehrheit zu Zugeständnissen an die Agrarier geneigt sein wird – schließlich dem Drucke der Verhältnisse entsprechend die industrielle Richtung siegen wird. Dieser Zeitpunkt liegt aber wohl noch einige Jahrzehnte ab.

Der naheliegende Einwand, daß die Marineleitung dies alles gar nichts anginge, ist meines Erachtens nach mit Rücksicht auf die Zukunft nicht stichhaltig. [Auch der Marineleitung werden in Zukunft aus diesen wirtschaftlichen Kämpfen Schwierigkeiten erwachsen.]

Nach allem, was vorausgegangen ist, muß die Marineverwaltung auch weiterhin den wirtschaftlich politischen Verhältnissen große Aufmerksamkeit zuwenden.

Ein weiteres Hervorheben der wirtschaftlichen Interessen für die Notwendigkeit des Flottenbaues, die unbestreitbar auf dem Blühen der Industrie beruhen und mit ihr wachsen, schafft der Marine aber Feinde in dem Lager, welches für die Durchbringung von Regierungsforderungen immer maßgebend war und bis zu einem hohen Grade auch bleiben wird. Ein Verzicht auf diese Argumente würde von agrarischer Seite in entsprechender Weise ausgenutzt werden und überdies den Versuch illusorisch machen, linksstehende breite Volksschichten weiter für die Flotte zu gewinnen, die an der Industrie interessiert sind, heute schon zum Teil gemäßigtere Anschauungen haben und in allen agrarischen Bestrebungen etwas ihnen feindseliges erblicken.

Die bisherigen Hilfsmittel der Agitation und ihre Anwendung in der nächsten Zukunft. Vertrauensmänner. Mitarbeiter.

Wie schon erwähnt, begann die bisherige Agitation mit der Interessierung wissenschaftlich gebildeter Männer. Der Kreis solcher Mitarbeiter hat sich allmählich erheblich erweitert. Am nachdrücklichsten ist ein Erfolg dann immer eingetreten, wenn diese Herren auf dem Wege der persönlichen Bekanntschaft gewonnen wurden. Es dürfte sich empfehlen, diese persönlichen Beziehungen auch ferner fortzusetzen und zu versuchen, auf diesem Wege noch weitere Kräfte und besonders solche, die von Einfluß auf ganz bestimmte Schichten sind (katholische Professoren, Vereinsvorstände) zur Mitarbeit anzuregen. Diesen Mitarbeitern werden auch von Zeit zu Zeit durch Vermittlung des Reichs-Marine-Amts Allerhöchste Anerkennungen zuzuwenden sein.

Druckschriftenversendung

Ein Hilfsmittel zur Unterhaltung der Beziehungen war und muß ferner sein die Zusendung von einschlägigen literarischen Erzeugnissen an alle solche Persönlichkeiten die Interesse bekundet haben. Es wird damit einmal erreicht, daß diese laufend unterrichtet bleiben, zur Mitarbeit angeregt werden, und daß sie, ohne daß ihnen dies immer deutlich wird, nach der richtigen Richtung hin beeinflußt werden. Um den letzteren Zweck vollständig zu erreichen, wird es wie bisher notwendig sein, ihnen im Besonderen Drucksachen zuzusenden, die im Nachrichtenbureau entstanden oder von dort veranlaßt sind.

In Zeiten, wo das politische Leben das allgemeine Interesse mit anderen Fragen stark in Anspruch nimmt, dürfte es sich empfehlen, solche Drucksachen etwas seltener zu versenden. Der Zweck ist dann lediglich, das Interesse an der Flottenfrage nicht einschlafen zu lassen. Zu anderer, weniger bewegter Zeit kommen sachlich geschriebene, längere Artikel und Druckschriften in Betracht. In beiden Fällen werden nicht selten auch volkswirtschaftliche Fragen zu behandeln und deswegen die ständige Unterstützung durch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter nicht zu entbehren sein.

Durch alle vom Nachrichtenbureau aus beeinflußten Pressesachen muß sich nach wie vor, wie ein roter Faden, der Gedanke hindurchziehen, der in Zukunft die Richtung beim weiteren Flottenausbau angibt und der später die Grundlage für eine erneute Agitation bilden soll. – Diese Richtung wird durch Seine Exzellenz zum Nachrichtenbureau angegeben werden müssen. (Ausbau der Auslandsflotte.)

Der aus dem Reklamewesen entnommene Erfahrungssatz, daß nur immer wiederholtes vor Augen führen zum Ziele führt, gilt auch hier.

Tagespresse

Die Unterstützung der Tagespresse, die im Jahre 1897/98 vom Nachrichtenbureau selbst stärker direkt beeinflußt worden ist, wie während der letzten Kampagne, muß auch fernerhin stattfinden. Als bestes Mittel, eine kürzere Nachricht, deren offiziöser Charakter hervortreten soll, zu verbreiten, ist das Wolff‘sche Depeschenbüro anzusehen. Für weniger offiziöse, etwas längere Sachen kommen zweckmäßig die „Korrespondenzen“ in Betracht.

Die Erfahrung hat gelehrt, daß die größeren Berliner Blätter sich durch Beschaffung geeigneter Mitarbeiter und auf Grund des diesen gelieferten Materials mit der Zeit ziemlich unabhängig gemacht haben. Zeitweise sind sie sogar spröde gewesen, wenn es sich um Aufnahme vom Nachrichtenbureau gewünschter Artikel handelte. (Eine Ausnahme bildet natürlich die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, die zu hochoffiziösen Mitteilungen nach wie vor heranzuziehen sein wird.)

Ohne diesen Blättern die etwa erbetene Unterstützung zu versagen und neben der gelegentlichen Benutzung derselben zu wichtigeren Publikationen, dürfte es sich empfehlen, den Versuch zu machen, die kleinere Presse, womöglich auch die linke oder abseits stehende, mehr zu interessieren auf empfängliche, eifrig ihr Provinzblatt lesende Zeitungsleser einzuwirken. Erfahrungen nach dieser Richtung liegen bisher kaum vor. Allenfalls ist zu konstatieren, daß allen Wünschen, die bisher nach dieser Richtung von Seiten kleiner Provinzialblätter an das Nachrichtenbureau herantraten, zwar Erfüllung zugesagt worden ist, meist jedoch eine Beteiligung nur einmalig und dann erfolgte, wenn eine direkte Anfrage zu erledigen war.

Es würde vielleicht eine der nächsten Aufgaben sein können, eine solche Pressebeeinflussung zu organisieren. Beratend bei dieser Organisation würde vielleicht der Prediger Hülle in Betracht kommen. Die Gefahr hierbei ist, daß, wie auch bei allen einseitig tätigen Korrespondenzen (Marinekorrespondenzen), leicht Stoffmangel eintritt, dem mit den Kräften des Nachrichtenbüros nicht vorzubeugen ist. Die dauernde Anstellung eines gewandten Journalisten könnte dem abhelfen.

Vielleicht würde auch eine vermehrte Heranziehung schriftstellerisch begabter Seeoffiziere wirksam sein. In diesem Falle käme eventuell die Milderung bestehender bezüglicher Dienstvorschriften in Betracht. Die größeren nicht in Berlin erscheinenden Blätter werden nach wie vor von Zeit zu Zeit mit Hilfe der im Nachrichtenbureau bekannten Korrespondenten und unter in Anspruchnahme journalistischer Hilfskräfte auf dem Laufenden zu halten sein. Technisch ist von Bedeutung, daß alle solche Artikel kurz (1½ Spalten) und fesselnd geschrieben sind. Den illustrierten Journalen müßte größere Beachtung wie bisher geschenkt werden. Eine große Zahl derselben weiß noch nicht, wie bereit das Nachrichtenbureau ist, ihnen auf Wunsch Abbildungen oder Text zur Verfügung zu stellen. Ihr Einfluß ist ein sehr großer und es muß versucht werden, Fühlung mit ihnen zu bekommen und sie durch die pekuniären und sonstigen Vorteile, die ihnen aus diesen Beziehungen erwachsen, dauernd zu fesseln. Auch nach dieser Richtung hat das Nachrichtenbureau noch eine Erweiterung seiner Aufgabe vor sich. Durch Beschaffung aktueller, für diese Redaktionen sonst schwer erhältlicher. Photographien und kostenloser Abgabe derselben wird sich der gewünschte Zweck erreichen lassen.

Zur weiteren Hebung des Interesses für die Marine und zwecks Verbreitung von Kenntnissen müssen Ausstellungsunternehmungen, Vorführung von Lichtbildern, gemeinsame Reiseunternehmungen, Vorträge auf das bereitwilligste unterstützt werden.

Mit Lichtbildervorträgen sind im letzten Winter zweifellos große Erfolge erzielt worden.

Man wird auch hier nicht immer warten können, bis Anfragen nach Photographien erfolgen, sondern wird in vorsichtiger Weise den Vertrieb solcher Bilder und die Abhaltung passender Vorträge anregen müssen.

Auskünfte über Einstellungsfragen, Material, Literatur müssen – selbst wenn in dieser Beziehung weitgehende Anforderungen gestellt werden – erteilt werden. Bei generellen Sachen – z. B. Schiffsjungeneinstellungen – werden periodische Publikationen, die in verständlicherer Form wie die offiziellen Bestimmungen kurz zum Ausdruck bringen, was zu geschehen hat, wenn man eingestellt werden will, großen Nutzen haben.

In wie weit das Nachrichtenbureau nach dieser Richtung hin (Personalfrage) in Zukunft mehr wie bisher wirken soll, wird davon abhängig zu machen sein, ob sich ein Mangel an Schiffsjungen oder Kadetten bemerkbar macht. Die Agitation nach dieser Richtung erfolgreich auszudehnen, dürfte mit Hilfe einiger Mittel nicht schwer sein.

Durch geeignete Unterstützung von Jugendschriften, Abgabe solcher an Lehranstalten, Schaffung billiger illustrierter für die Volksbibliotheken und Schulen geeigneter Marinedrucksachen, Wandkarten (z. B. Weltkarten für die Gemeindeschulen), Postkarten und sonstiger Artikel der Papierbranche, muß versucht werden, der nächsten Generation Interesse für die Flotte einzuflößen. Wichtig ist hierbei, daß mit dem wachsenden Interesse auch größere Kenntnisse sowohl über marinetechnische Dinge als auch über die wirtschaftlichen Grundlagen verbreitet werden. Als Ziel muß im Auge behalten werden, die künftige Generation in diesen Fragen auf eine Bildungsstufe zu bringen, wie sie die englische und amerikanische Bevölkerung besitzt.

Sollte es gelingen einen bekannten und vielgelesenen Jugendschriftsteller für diese Frage zu interessieren und zur Schaffung von Marine-Jugendschriften anzuregen, so würde hiervon sehr großer Nutzen zu erwarten sein. Auch ein für Erwachsene bestimmter, Aufsehen erregender Roman oder Bühnenwerk würde für die Belebung des Interesses für die Marine höchst förderlich sein. Es ist schade, daß die deutsche neuere Geschichte nur wenig geeigneten Stoff für solche Themata bietet.

Vereine

Die patriotischen Vereine, die für die Flottensache wirken (Kolonialgesellschaft, Alldeutscher Verband, Flottenverein), sind bisher nach jeder Richtung unterstützt worden. Auch in Zukunft wird hieran im Prinzip festzuhalten sein.

Verhältnismäßig leicht wird diese Unterstützung bei dem Alldeutschen Verband und der Kolonialgesellschaft, schwieriger vielleicht bei dem Flottenverein sein. Bei letzterem liegt die Gefahr nahe, daß er, gestützt auf die bisher erzielten, zum großen Teil dem Nachrichtenbureau zu verdankenden Erfolge, versuchen wird, eigene Wege zu gehen und das Nachrichtenbureau in seinen Maßnahmen nicht zu Rate zu ziehen. In diesem Falle ist es möglich, daß der Verein der Flottensache schließlich unter Umständen schadet. Diese Gefahr liegt um so eher vor, als aus mancherlei Gründen der Verein in breiteren Volksschichten kaum jemals recht populär werden wird, weil er von Anfang an auf eine falsche Basis gestellt ist.

Das Nachrichtenbureau wird versuchen müssen, die Fühlung mit dem Flottenverein möglichst lange zu erhalten und dessen Leitung vor Mißgriffen zu bewahren.

Am meisten ist hierbei von dem persönlichen Einfluß des Vorstandes des Nachrichtenbureaus auf die Vereinsleitung zu erwarten.

Quelle: Auszug aus der Denkschrift des Fregattenkapitäns August von Heeringen vom 24. September 1900 über Aufgaben und Arbeitsmethoden des Nachrichtenbureaus Bundesarchiv/Militärarchiv, RM 3/9551.; abgedruckt in Volker Berghahn und Wilhelm Deist, Rüstung im Zeichen der wilhelminischen Weltpolitik: Grundlegende Dokumente 1890–1914. Düsseldorf, 1988, S. 201–11.