Quelle
Quellen Archivmappe Hammerer
Dok. 3: Brief des Peter
Hammerer vom 3.11.1916 an seine Frau Rosina Hammerer in Haslach bei
Kempten (Allgau), Post Wertach:
„Geschrieben den 3 November 1916.
Liebste Frau
Rosina,
Ich teile dir mit das ich deinen Brief bekomen habe von
23 Oktober 1916. Liebe Frau mir hat das sachen schon geschmekt wo du
den Michael Mayer mitgeschickt hast. Das Große Paget. Liebe Frau
schicke ja kein so Groses nicht mehr den das ist ales zu teuer.
Liebe Frau Rosina ich habe dir im 23 Oktober eine Karte geschrieben
u. diese habens in Haslach auf der Post Oy wieder mir zuruk
geschickt u. schreiben darauf unbekant du bist nicht in Haslach ist
das nicht eine schlecht Bande u. sie kenen dich gut da kan man es
ihmer sehen was du vier eine Hielfe hast Liebe Frau. Was wirst du
vier ein Elend haben wen du diesen Monat in das [Wochen-] Bett
kombst u. ich bin nicht bei dir keine Hielfe als die Kinder. Und der
Teufels Schwindel wird nicht gar ich weis mir bald keinen Rad mehr
was ich anfang von lauter studiren mit dir Liebe Frau Rosina. Da
schreiben die Hurn Bande imer herein dir wird so geholfen u.
bekombst so viel die Schwindelnazion Liebe Frau wie die Kruziviex
Bandie hereingeschriben hat das ich nichts getan hab drausend als wi
gesofen ale Tag.
Ich sol vier eine solche Bandie den Kopf hin heben nein die Solen ihre Schädel selbst hin heben ich hab keinen Nutzen von ihnen nur Schaden. Liebe Frau es kan gehen wie es wil ich hab sat Ich bin Etliche Tag länger bei dir geblieben u. jezt habe ich zwei Monat Gefängnis bekomen. Es ist kleich Liebe Frau Rosina ich weis meine gedanken. Ich hab es Ihnen schon gesagt in der Verhandlung Ich wil entlasen sein ich wil nichts mehr wissen von den Elent. Das wär der Lohn vier die Jahre wo man die Groskapaliesten [Großkapitalisten] ihre Sachen Schützt die solens ihnen selbst Schützen u. nicht solche die in der Welt drausend ihr Fortkomen Suchen müssen ich habe nichts von ihnen u. wil auch nichts als zu dir heim jezt ist es über zwei Jahr das du u. die Kinder Not u. Elent habt u. ich selbst. Ich hab nichts zum Verteidigen jezt wil ich hinaus ich wil mir meine Sachen selbst Verdienen ich brauche nichts von ihnen als Hunger u. Not zufressen gebens uns auch nichts mehr als Kolasch [Gulasch] aber das sind nur Kartofel u. das andre Fresen die wo hinter uns sind. Die tragen Schädel rum das es nicht mehr schön ist u. haben ihren Grosen gehalt dazu Liebe Frau du kanst es dir nicht denken wie schlecht es uns geht es wird ale Tag schlechter für beser. Darin ist es das gleiche wie drausend hast es schon gesehen in Kempten die Grosen die haben heisen Fleisch zu Fresen das kein Hirt übersprüngen kan. Und darin ist das Kleiche. Liebe Frau ich kan dir blos miteilen das diejenigen in der Gefangenschaft viel beser haben als wier. Da heist es was der im Fleld zum Anspruch hat ja dopelte Minarsch u. nichts zu fressen wie Kartofel u. Kraut. Wegs den ist es so die haben Grosen gehalt u. beser zu Esen damit sie die Manschaften dum machen. Aber das ist Rum es kents jeder das Schwindel ist. Viele Herzliche Grüse v d L [von Deinem lieben] Man Auf ein baldiges wiedersehen.
[auf separatem Zettel ebenda:] Liebe Frau Rosina ich teile dir
noch mahl mit schreibe du mir wen du keine Mark nicht hast. Wen dir
schlecht gehen sol ich werde dan gleich bei dir sein u. kan es
gerade gehen wie es wil. Sie solen aufhören oder soln mich hinaus
tuhn entweder entlasen oder aufhören. Die Macheten noch Jahre lang
fort weil sie den Nutzen haben davon. Viele von ihnen sind Reich
geworden den Krieg u. da sind noch viele da die noch Reich werden
wohlen u. das sind die wo wier für ihnen da sein müssen aber ich
habe Sat die Solen in die Schützenkräben selbst hünein u. nicht die
Armen fier ihnen. Das hört man in jeder Vront u. jeder sagd es das
der Krieg nur blos für diese Groskabaliesten ist das diesen ihre
Sachen nicht kabut sind u. diese sind Schuld das es solange dauert
u. sonzt nimant. Weil sie den Nutzen haben davon. Diese bekomen
Teuherungs zulag drausend wie herin u. die Armen Weiber mit ihre
Kinder bekomen blos die par Mark warum das. Wen es einen Hergott
gibt dan häte er es schon längst geregelt aber es gibt keinen das
kan man sich denken. Ich habe mir gesehen genug u. gehört u.
ausgehalten auch ich wil keinen driten Winter mehr entweder ich wil
entlaßen sein.“
Quelle: BHStA/IV, Militärgericht 6.
Landwehr-Division, H 5, eingelegter Umschlag vor Blatt
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Dok. 4: Ärztliches Gutachten des Oberarztes und
Bataillons-Arztes Dr. Kaindl 1. Bataillon 12.
Landwehr-Infanterie-Regiment über den Landwehrmann Peter Hammerer,
21.4.1916 an das 1. Bataillon des L.I.R. 12:
„Die vorgenommene Untersuchung des Landwehrmannes Peter Hammerer 1. Komp. Ldw.Inf.Rgts. No. 12 ergab weder körperliche Gebrechen, noch führte sie sie zu Erscheinungen, welche auf degenerative Prozesse hinweisen, noch zur Aufdeckung von Abweichungen, welche den Schluß auf ein geschwächtes Nervensystem erlauben, noch auf Ausfallerscheinungen sonst irgendwelcher Art.
Der Körperbau des p. Hammerer ist ebenmäßig, sein Ernährungszustand und seine Entwicklung gut, die Sinneswerkzeuge ohne merkbare Störung. Wesentlich gesteigert zeigten sich bei der Prüfung die Kniesehnenreflexe, was die Annahme einer Unregelmäßigkeit im Nervensystem verbirgt - Auffallend ist ferner die leichte Reizbarkeit und die sie begleitende Rötung des Gesichtes, Erscheinungen, welche auf kongestiven Blutzufluß gegen den Kopf beziehungsweise das Zentralnervensystem hindeuten.
Alkoholismus und geschlechtliche Ansteckung stellt Hammerer in Abrede, erklärt vielmehr, daß er schon nach geringem Biergenuß „rapiadisch“ würde.
Sein Schlaf sei sehr mangelhaft, oft erst gegen Morgen sich einstellend; er leide sehr häufig unter schreckhaften Träumen. Öfter trete bei ihm Schwindelgefühl auf, das vermutlich auf oben erwähntem Blutandrange beruht.
Positivere Anhaltspunkte für die Beurteilung des Geisteszustandes des p. Hammerer leiten sich aus der Familiengeschichte des Angeklagten ab.
Der Vater desselben – ebenfalls Korbflechter – lebt noch, soll Trinker und wegen Raufereien wiederholt mit dem Gesetze in Konflikt gekommen sein.
Der Großvater mütterlicherseits soll durch Selbstmord geendet haben, die Großmutter soll in höheren Jahren irrsinnig geworden sein.
Zusammenfassend ist, die Wahrheit der erhobenen Aussagen vorausgesetzt und nach dem objektiven Befunde zu schließen, anzunehmen:
1. ) Hammerer hat eine ungenügende wohl sehr mangelhafte
Erziehung genossen und besitzt daher nicht die nötigen für ein
geordnetes Leben wichtigen Charaktereigenschaften.
2.) Hammerer
ist das Beispiel einer sehr reizbaren Natur ohne erzieherischen oder
moralischen Halt, der es an jeder Selbstbeherrschung
gebricht.
3.) Hammerer ist sowo[h]l väterlicherseits direkt wie
mütterlicherseits durch die Großeltern erblich belastet.
4)
Hammerer besitzt durch die Art seines Berufes, eines Wandergewerbes,
das bereits auch sein Vater ausübte und durch die mangelhafte
Erziehung, nicht jene Lebensideale, die ein guter, soldatischer
Geist unbedingt zur Voraussetzung haben muß.
Im kurzen gesagt:
Hammerer ist ein minderwertiges,
willensschwaches, leicht reizbares Individuum von geringer Moral und
ohne sichere Lebensauffassung und Pflichtgefühl, Eigenschaften, die
wohl bei seiner persönlichen Beurteilung Berücksichtigung erfordern,
die ihn aber nicht als unverantwortlich beziehungsweise
unzurechnungsfähig gelten lassen können.
Dr. Kaindl.
Nachtrag:
Für die Beurteilung des Hammerer erscheint mir
noch erwähnenswert, daß er bereits als Feiertagsschüler seinen
Lehrer angegriffen [haben] und dafür mit Schulverweis bestraft
worden sein soll.
Dr. Kaindl.“
Quelle: BHStA/IV, Militärgericht 6. Landwehr-Division, H 5a, Blatt 12/13