Kurzbeschreibung
Die NS-Führung erkannte sofort die Möglichkeit, das von Grynszpan
verübte Attentat für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. Der Vorfall wurde
von der nationalsozialistischen Presse als Komplott des Weltjudentums
dargestellt und sollte als Vorwand für die endgültige Enteignung und
Vertreibung der verbleibenden Juden aus dem deutschen Reich dienen.
Schon am 7. und 8. November kam es auf Anweisung Goebbels’ zu
vereinzelten antisemitischen Ausschreitungen, die offiziell als Zeichen
der Empörung der deutschen Bevölkerung dargestellt wurden. Nachdem
Hitler am Nachmittag des 9. November 1938 vom Tod des Diplomaten erfuhr,
ermächtigte er Goebbels, ein landesweites Pogrom zu inszenieren. Am
Abend wandte sich Goebbels an die zum Jahrestag des Hitler-Putsches in
München versammelten Parteileiter und wies sie an, eine angeblich
spontane Vergeltungsaktion gegen jüdische Personen und Einrichtungen zu
entfesseln. Partei und SA sollten die Aktion leiten, aber nicht als
Organisator zu erkennen sein. Zugleich gaben Heinrich Müller und
Reinhard Heydrich Anweisungen an alle polizeilichen Instanzen des
Landes, die Ausschreitungen nicht zu behindern. Die Aufgabe der Polizei
war allein die Massenverhaftung von Juden, sowie der Schutz von
„arischem“ und ausländischem Besitz und Personen und die Verhinderung
von Plünderungen. Im Laufe der Nacht ergoss sich eine beispiellose Welle
der Gewalt und Zerstörung über die jüdische Bevölkerung Deutschlands.
Ihre Wohnungen, Häuser, Geschäfte und Betriebe wurden verwüstet und
geplündert. Jüdische Friedhöfe und Gräber wurden geschändet. Nahezu alle
der über 1.000 Gebetshäuser und Synagogen im Land wurden zerstört. Nach
späteren Schätzungen der Versicherungen betrug der verursachte
Sachschaden 39 Millionen RM (Reichsmark) für Brandschäden, 6.5 Millionen
RM für zerbrochene Fensterscheiben und 3.5 Millionen RM für geplünderten
Besitz. Foto von Carl Eberth.