Quelle
Artikel
I
Im Zweiten Teil des
Strafgesetzbuchs wird der erste Abschnitt (§§ 80 bis 93) durch
folgende Vorschriften ersetzt:
1. Abschnitt
Hochverrat
§ 80
[1] Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung
mit Gewalt das Reichsgebiet ganz oder teilweise einem fremden Staat
einzuverleiben oder ein zum Reiche gehöriges Gebiet vom Reiche
loszureißen, wird mit dem Tode bestraft.
[2] Ebenso wird
bestraft, wer es unternimmt mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt
die Verfassung des Reichs zu ändern.
§ 81
Wer es unternimmt, den Reichspräsidenten oder den
Reichskanzler oder ein anderes Mitglied der Reichsregierung seiner
verfassungsmäßigen Gewalt zu berauben oder mit Gewalt oder durch
Drohung mit Gewalt oder mit einem Verbrechen oder Vergehen zu
nötigen oder zu hindern, seine verfassungsmäßigen Befugnisse
überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit
Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.
§ 82
[1] Wer ein hochverräterisches Unternehmen (§§ 80, 81)
mit einem anderen verabredet, wird mit dem Tode oder mit
lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren
bestraft.
[2] Ebenso wird bestraft, wer zur Vorbereitung eines
hochverräterischen Unternehmens zu einer ausländischen Regierung in
Beziehung tritt oder die ihm anvertraute öffentliche Macht
mißbraucht oder Mannschaften anwirbt oder in den Waffen einübt.
Tritt der Täter durch eine schriftliche Erklärung zu einer
ausländischen Regierung in Beziehungen, so ist die Tat vollendet,
wenn er die Erklärung abgesandt hat.
[…]
§ 87
Unternehmen im Sinne des Strafgesetzbuchs ist die
Vollendung oder der Versuch.
1a. Abschnitt
Landesverrat
§ 88
[1] Staatsgeheimnisse im Sinne der Vorschriften dieses
Abschnitts sind Schriften, Zeichnungen, andere Gegenstände,
Tatsachen oder Nachrichten darüber, deren Geheimhaltung vor einer
ausländischen Regierung für das Wohl des Reichs, insbesondere im
Interesse der Landesverteidigung, erforderlich sind.
[2] Verrat
im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts begeht, wer mit dem
Vorsatz, das Wohl des Reichs zu gefährden, das Staatsgeheimnis an
einen anderen gelangen läßt, insbesondere an eine ausländische
Regierung oder an jemand, der für eine ausländische Regierung tätig
ist, oder öffentlich mitteilt.
§ 89
[1] Wer es unternimmt, ein Staatsgeheimnis zu verraten,
wird mit dem Tode bestraft.
[…]
§ 90 f
Wer öffentlich oder als Deutscher im Ausland durch
eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art
eine schwere Gefahr für das Ansehen des deutschen Volkes
herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.
[…]
§ 91 b
[1] Wer im Inland oder als Deutscher im Ausland es
unternimmt, während eines Krieges gegen das Reich oder in Beziehung
auf einen drohenden Krieg der feindlichen Macht Vorschub zu leisten
oder der Kriegsmacht des Reichs oder seiner Bundesgenossen einen
Nachteil zuzufügen, wird mit dem Tode oder mit lebenslangem
Zuchthaus bestraft.
[…]
Artikel
III
Volksgerichtshof
§ 1
[1] Zur Aburteilung von Hochverrats- und
Landesverratssachen wird der Volksgerichtshof gebildet.
[2] Der
Volksgerichtshof entscheidet in der Hauptverhandlung in der
Besetzung von fünf Mitgliedern, außerhalb der Hauptverhandlung in
der Besetzung von drei Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden.
Der Vorsitzende und ein weiteres Mitglied müssen die Befähigung zum
Richteramt haben. Es können mehrere Senate gebildet werden.
[3]
Anklagebehörde ist der Oberreichsanwalt.
§ 2
Die Mitglieder des Volksgerichtshofs und ihre
Stellvertreter ernennt der Reichskanzler auf Vorschlag des
Reichsministers der Justiz für die Dauer von fünf Jahren.
§ 3
[1] Der Volksgerichtshof ist zuständig für die
Untersuchung und Entscheidung in erster und letzter Instanz in den
Fällen des Hochverrats […], des Landesverrats […], des
Angriffs gegen den Reichspräsidenten […] und der Verbrechen
nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum
Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933. […]
[…]
§ 5
[…]
[2] Gegen die Entscheidungen des Volksgerichtshofs ist kein Rechtsmittel zulässig.
Artikel IV
[…]
§ 3
Die Wahl des Verteidigers bedarf der Genehmigung durch
den Vorsitzenden des Gerichts. Die Genehmigung kann zurückgezogen
werden; […]
Quelle: Gesetz zur Änderung des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. April 1934, Reichsgesetzblatt 1934, I, Nr. 47, 30. April 1934, S. 341–49. Online verfügbar unter: https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1934&page=455&size=45