Kurzbeschreibung
Die Arbeiter Illustrierte Zeitung
(AIZ) erschien von 1921 bis 1938 wöchentlich in Berlin und Prag und war
eine linksgerichtete Publikation, die sich zunächst mit Berichten über
den Aufbau des Sowjetstaates in Russland beschäftigte, später aber auch
Themen der deutschen Arbeiterklasse aufgriff und sich die politische
Aufklärung der Arbeiter zum Ziel machte. Gegründet wurde die Zeitschrift
von dem Kommunisten Willi Münzenberg, der Textbeiträge, Illustrationen
und Fotoreportagen bekannter Schriftsteller und Künstler wie George
Grosz, Maxim Gorki, Käthe Kollwitz, John Heartfield, Anna Seghers, Erich
Kästner und Kurt Tucholsky veröffentlichte. Bis zu Hitlers
Machtübernahme war die Auflagenzahl auf über 500.000 gewachsen, 1933
musste die Publikation allerdings ins Exil nach Prag verlegt werden, wo
sie noch bis 1938 erschien.
Diese Fotomontage des dada-Künstlers John Heartfield aus dem Jahr
1935 entstand als Persiflage auf eine Rede Hermann Görings, aus der
unten im Bild das Zitat zu lesen ist: „Erz hat stets ein Reich stark
gemacht, Butter und Schmalz haben höchstens ein Volk fett gemacht.“
Göring, der neben anderen Ämtern auch Bevollmächtigter für den
Vierjahresplan war und insofern für die industrielle und militärische
Aufrüstung verantwortlich, forderte wiederholt eine Erhöhung der
Produktionskapazitäten zur Steigerung der Ausbeutung einheimischer Erze.
1937 führten seine Forderungen zur Gründung der staatseigenen
„Reichswerke Hermann Göring“, die mit der alteingesessenen
Eisenindustrie im Ruhrgebiet in Konkurrenz traten. Das hier verwendete
Zitat aus seiner 1935 in Hamburg gehaltenen Rede ist ein Beispiel der
aggressiven, militaristischen Rhetorik, mit der die deutsche Bevölkerung
darauf eingeschworen werden sollte, für das Erreichen der
„Wiederwehrhaftmachung“ Deutschlands auch wirtschaftliche Härten – wie
etwa die Knappheit an Nahrungsmitteln – zu erdulden. Auf Heartfields
Fotomontage ist eine deutsche Familie zu sehen, die durch verschiedene
Details als NS-linientreu und patriotisch identifiziert wird: an der
Wand mit Hakenkreuz-Tapete hängt ein Portrait Hitlers, auf dem
Sofakissen ist Hindenburg zu erkennen und das links oben an der Wand zu
sehende Zitat „Lieb Vaterland magst ruhig sein“ stammt aus dem
patriotischen Lied „Die Wacht am Rhein“. In ihrer blinden Gefolgschaft
zum NS-Regime scheint diese Familie sogar vergessen zu haben, dass man
Eisen nicht essen kann und jubelt stattdessen ihrem Führer entgegen
„Hurrah, die Butter ist alle!“