Kurzbeschreibung

Angeregt durch das Gesuch eines Vaters um Sterbehilfe für sein entstellt geborenes Kind veranlasste Hitler Anfang 1939 durch eine vermutlich nur mündlich erteilte Ermächtigung seinen Begleitarzt Dr. Karl Brandt (1904–1948) und den Leiter der Kanzlei des Führers (KdF) Phillip Bouhler (1899–1945) zur Einführung der sogenannten „Kindereuthanasie“. Mindestens 5.000 erbkranke und körperlich oder geistig behinderte Kinder und Säuglinge fielen dieser staatlichen Tötungsaktion zum Opfer. Im Juli desselben Jahres beauftragte Hitler Brandt und Bouhler schließlich, ein ähnliches Programm für erwachsene Patienten zu entwickeln (Aktion T 4), in dem „lebensunwertes Leben“ vernichtet werden sollte. Die wahren Implikationen dieser geheimen, staatlichen Mordaktion im Rahmen der nationalsozialistischen Rassenaufwertung wurden hinter dem Euphemismus „Euthanasie“ als freiwillige Sterbehilfe versteckt. Das folgende Schreiben, das Hitler im Oktober 1939 unterzeichnete und auf den Kriegsbeginn zurückdatierte, gilt als die offizielle Ermächtigung Bouhlers und Brandts zur Durchführung des Mordprogramms.

Hitlers schriftliche Euthanasiebevollmächtigung (zurückdatiert auf den 1. September 1939)

  • Adolf Hitler

Quelle

Berlin, den 1. Sept. 1939

Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischer Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.

A. Hitler

Quelle: Auftrag Hitlers an Reichsleiter Bouhler und Dr. Brandt: Bestimmte Ärtzte sind zu ermächtigen, den Gnadentod an Unheilbaren zu vollziehen (zurückdatiert auf den 1. September 1939) (Beweisstück US-342). In Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg, Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptskriegsverbrecher vom 14. November 1945 bis 1. Oktober 1946: Urkunden und anderes Beweismaterial. Veröffentlicht in Nürnberg 1947. München: Delphin Verlag, 1989. Band XXVI: Amtlicher Text – Deutsche Ausgabe, Nummer 405-PS bis Nummer 1063(d)-PS. Dokument 630-PS, S. 169.