Kurzbeschreibung

Dieser Artikel aus Neues Deutschland, der offiziellen Tageszeitung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), setzte die ostdeutsche Tradition fort, Westdeutschland mit Faschismus und Nazismus in Verbindung zu bringen, und griff eine Kontroverse auf, die durch den Versuch der westdeutschen Botschaft in Frankreich ausgelöst wurde, den französischen Dokumentarfilm Nacht und Nebel [orig.: Nuit et brouillard] vom Filmfestival in Cannes zurückziehen zu lassen. Der Film dokumentierte die Grauen der Konzentrationslager und thematisierte ebenfalls die Beteiligung des Vichy-Regines an den NS-Verbrechen. Entgegen der Behauptung des Artikels wurde der Film nicht zurückgezogen, sondern er wurde außerhalb des Wettbewerbs gezeigt.

Regie führte Alain Resnais, ein französischer Avantgarde-Filmemacher, der darauf bestand, mit Menschen zu arbeiten, die direkt vom Holocaust betroffen waren, da er der Meinung war, dem Ereignis selbst nicht gerecht werden zu können. Er arbeitete mit Jean Cayrol, einem französischen Romanschriftsteller und Dichter, der wegen seiner Beteiligung an der französischen Résistance drei Jahre in einem Konzentrationslager verbracht hatte, zusammen, der den Erzähltext für den Film schrieb. Hanns Eisler, der österreichische Komponist und überzeugte Kommunist, der ins Exil gegangen war, nachdem seine Musik von der NSDAP verboten wurde, komponierte die Filmmusik. Eisler war 1938 in die Vereinigten Staaten emigriert, wurde jedoch vom House Committee on Un-American Activities auf die schwarze Liste gesetzt und schließlich 1948 deportiert – er kehrte zunächst nach Österreich zurück, zog aber später nach Ost-Berlin und ist heute vor allem als Komponist der Nationalhymne der DDR bekannt. Der Film wurde in Ostdeutschland während der Leipziger Filmwoche im November 1956 in deutscher Übersetzung gezeigt, doch die staatliche Filmgesellschaft DEFA behauptete, dass die westdeutsche Version des Films falsch übersetzt worden sei und erstellte ihre eigene Übersetzung, die besser zu den kommunistischen Idealen der DDR passte, und so wurde der Film von genau den Leuten missbraucht, die Westdeutschland beschuldigten, den Film missbraucht und unterdrückt zu haben.

Die Kontroverse um Alain Resnais‘ Dokumentarfilm Nacht und Nebel (1956)

Quelle

Bonn spricht für die Faschisten

Auf Intervention der westdeutschen Botschaft in Paris ist der Dokumentarfilm „Nacht und Nebel“ von Alain Resnais aus der Auswahl der französischen Filme für die Festspiele in Cannes zurückgezogen worden. Der Film schildert das Grauen in den Konzentrationslagern und entlarvt eindrucksvoll die Henker vom Schlage Bräutigam und Globke, die trotz ihrer verbrecherischen Vergangenheit in der Bundesregierung führende Stellungen innehaben.

Die Entscheidung des französischen Staatssekretärs für Industrie, den Film in Cannes nicht zu zeigen, hat in der französischen Öffentlichkeit starke Proteste ausgelöst.

Quelle: „Bonn spricht für die Faschisten“, Neues Deutschland, Nr. 89, 12. April 1956, S. 4.

Die Kontroverse um Alain Resnais‘ Dokumentarfilm Nacht und Nebel (1956), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/die-besatzungszeit-und-die-entstehung-zweier-staaten-1945-1961/ghdi:document-5268> [24.04.2024].