Kurzbeschreibung

Am 18. Mai 1990 unterschrieben die Finanzminister der BRD und der DDR den Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Dieser trat am 1. Juli des Jahres in Kraft. Dieser Ausschnitt aus der Nachrichtensendung Tagesschau vom 1. Juli 1990 berichtet über die ersten praktischen Auswirkungen des Vertrages, der faktisch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten besiegelte.

Die Wirtschafts- und Währungsunion tritt in Kraft (1. Juli 1990)

Quelle

/Sprecher: Guten Abend, meine Damen und Herren. Mit der Einführung einer gemeinsamen Währung und der Aufhebung der Grenzkontrollen ist die Einheit Deutschlands seit heute null Uhr praktisch vollzogen.
Der Staatsvertrag über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik ist in Kraft getreten. Die Deutsche Mark wurde damit auch in der DDR einziges offizielles Zahlungsmittel. Die Bürger der DDR begrüßten die Einführung von Marktwirtschaft und D Mark mit Jubel, Böllerschüssen und Hupkonzerten. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. 
/Reporter: Die Nacht, in der die D-Mark kommt, wird eine lange Nacht. Sie feiern wie zu Neujahr, weinen der alten Ostmark keine Träne nach. Bereits um Mitternacht öffnete eine Filiale der größten westdeutschen Bank am Ost-Berliner Alexanderplatz. Anlass für ein Freudenfest von 10.000 Menschen. Viele haben ihre letzten DDR Mark noch in Kneipen und Restaurants umgesetzt, danach drängt es sie an die Bankschalter. Der Trabi, einst Objekt der Begierde, wird heute getreten. Die Ära der Hartwährung ist angebrochen.  Auf das Vorspiel am Alex folgt die Verteilung der D-Mark auf breiter Basis. Um 9 Uhr beginnt der Ansturm.
Aber in aller Regel verhalten sich die Menschen ruhig und diszipliniert. Denn bei aller Freude wissen sie, dass die Marktwirtschaft ihr Leben vollständig verändern und ihnen Probleme bescheren wird. Manche lassen sich gleich den Höchstbetrag von 2000 Mark auszahlen, die meisten aber begnügen sich mit sehr viel weniger, fangen am Tag der Währungsunion mit dem Sparen an. Dass Geld auch arbeiten kann: für viele eine neue Erkenntnis.  Stunden haben sie auf die Öffnung von Banken und Sparkassen gewartet, um möglichst frühzeitig die kostbaren Scheine in die Hand zu bekommen. Das sei ein großer Tag, heißt es immer wieder, aber auch ein sehr aufregender. Man sei unsicher, wisse nicht so recht, was nun komme. Und manchem wird auch ganz bange zumute. 
/Reporter: Und was ist das heute für ein Tag für Sie?
/DDR-Bürgerin: Na ja, ganz aufgeregt. Die ganze Nacht war ich schon aufgeregt, ich musste immer auf die Toilette gehen, und mit Bauchschmerzen war das verbunden. Und so ganz unstill bin ich, und ich kann es gar nicht beschreiben, wie.
/Reporter: So empfinden heute viele. Die Stimmung ist gut, aber nicht überschwänglich. Innerhalb von wenigen Monaten haben sie einen Systemwechsel und eine Währungsreform erlebt. Das will verkraftet werden. Der Start ins D-Mark Zeitalter ist gelungen, und die DDR Bürger, so scheint es, verhalten sich stabilitätsgerecht Die Mehrheit hat sich vorgenommen, in keinen Kaufrausch zu verfallen, und so wanderte heute sehr viel weniger Bargeld über die Bankschalter als vermutet.
40 Jahre Sozialismus haben die Menschen auch Vorsicht gelehrt.

Quelle: Tagesschau 1. Juli 1990. tagesschau.de
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-ts-50154.html

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