Kurzbeschreibung

In den Jahren 1870–1871 waren 10–12% aller Geburten in Deutschland unehelich; fünf Jahre später lag diese Zahl bei etwa 8–10%, wo sie bis 1914 ungefähr blieb. Wie dies über Jahrhunderte der Fall war, gab es uneheliche Geburten häufiger in Garnisonsstädten und Seehäfen. Andere Unterschiede sind schwieriger zu erklären, darunter die auf Konfessionszugehörigkeit und Urbanisierungsgrad basierenden. Die folgende Tabelle zeigt, dass Mütter unehelich geborener Kinder in Berlin sehr wahrscheinlich Arbeiterinnen waren, obwohl die Beschäftigungsdaten für viele andere Mütter fehlen. Wenngleich die Statistiken einen Maßstab für sexuelles Verhalten unter den verschiedenen Klassen liefern, sagen sie mehr aus über die wirtschaftliche Lage der sozialen Gruppen als über ihr individuelles oder kollektives Moralveralten.

Berufe der Mütter unehelicher Kinder in Berlin (1891)

Quelle

Berufe der Mütter unehelicher Kinder in Berlin (1891)

-

pro Mille

Arbeiter ohne nähere Angabe

46,5

Ohne Berufsangabe

42,0

Gastwirtschaft

37,1

Persönlicher Dienst

26,1

Bekleidung, Reinigung

25,8

Handel

10,2

Kunst, Wissenschaft

9,5

Gesundheitspflege

6,8

Quelle: Statistisches Jahrbuch 1891, S. 44, zitiert in H. Neumann, „Die unehelichen Kinder in Berlin“, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 3. Folge, Bd. 7 (1894), S. 516–20; abgedruckt in Gerhard A. Ritter und Jürgen Kocka, Hrsg., Deutsche Sozialgeschichte 1870–1914. Dokumente und Skizzen, 3. Aufl. München: C. H. Beck, 1982, S. 251.