Kurzbeschreibung
Im Herbst 1870 wurde im Reichstag von August Bebel (1840–1913) und
Wilhelm Liebknecht (1826–1900) öffentlich Widerstand gegen den Krieg mit
Frankreich geäußert. Bebel sollte später zudem in einer Rede im
Reichstag vom 25. Mai 1871 seine Unterstützung für die Pariser Kommune
zum Ausdruck bringen. Als Folge wurde diesen beiden führenden
Sozialdemokraten – zusammen mit Adolf Hepner (1846–1923), einem
Redakteur bei der sozialdemokratischen Zeitung Der Volksstaat – vor dem
Schwurgerichtshof in Leipzig vom 11. bis 26. März 1872 der Prozess
gemacht. Die förmliche Anklage gegen die drei lautete auf
„Vorbereitungen zum Hochverrat.“ In Wahrheit bedrohten ihre Reden und
die neu gegründete Partei, die sie vertraten, damals weder Bismarcks
Politik noch den öffentlichen Frieden. Doch ihr Vergehen bestand darin,
dass sie die Ablehnung der deutschen Annexion Elsass-Lothringens mit
Unterstützung für die Kommunarden in Paris verbunden hatten: Diese
Verknüpfung steigerte den Respekt der Arbeiter für diese
sozialdemokratischen Parlamentarier ganz erheblich, verdammte sie jedoch
gleichzeitig in den Augen der meisten mittelständischen und
großbürgerlichen Deutschen als gefährliche Revolutionäre, die Terror und
mutwillige Zerstörung von Eigentum guthießen. Der zweiwöchige Prozess
war relativ lang nach damaligen Begriffen, und die Anklage war
gezwungen, ihren Fall überwiegend anhand von angeblich
hochverräterischen Zitaten aus den Schriften der beiden Hauptangeklagten
aufzubauen (das Verfahren gegen Hepner wurde im Laufe des Prozesses
fallen gelassen). Beide Aspekte steigerten die politische Wirkung des
Prozesse nur noch weiter, ebenso wie die Entscheidung des Gerichts –
verfassungstechnisch unzulässig – Bebel sein Reichstagsmandat
abzuerkennen (er gewann später eine Nachwahl). Am 26. März 1872 wurden
Bebel und Liebknecht jeweils zu einer zweijährigen Festungshaftstrafe
auf der Hubertusburg verurteilt. Am 8. Juli 1872 wies man Bebel in das
Gefängnis ein, wo er dem bereits einsitzenden Liebknecht Gesellschaft
leistete. Dieser zeitgenössische Holzschnitt zeigt Liebknecht, wie er
sich an das Gericht wendet; Hepner hat sich zur Seite gedreht, um mit
Bebel zu sprechen.