Quelle
„Iustitia fundamentum regnorum“
Die Zentrumsfraktion des Deutschen Reichstages hat folgende Grundsätze für ihre Tätigkeit aufgestellt:
1. Der Grundcharakter des Reiches als eines Bundesstaates soll gewahrt, demgemäß den Bestrebungen, welche auf eine Änderung des föderativen Charakters der Reichsverfassung abzielen, entgegengewirkt, und von der Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit der einzelnen Staaten und allen inneren Angelegenheiten nicht mehr geopfert werden, als die Interessen des Ganzen es unabweislich fordern.
2. Das moralische und materielle Wohl aller Volksklassen ist nach Kräften zu fördern; für die bürgerliche und religiöse Freiheit aller Angehörigen des Reiches ist die verfassungsmäßige Feststellung von Garantien zu erstreben und insbesondere das Recht der Religionsgesellschaften gegen Eingriffe der Gesetzgebung zu schützen.
3. Die Fraktion verhandelt und beschließt nach diesen Grundsätzen über alle in dem Reichstag zur Beratung kommenden Gegenstände, ohne daß übrigens den einzelnen Mitgliedern der Fraktion verwehrt wäre, im Reichstage ihre Stimme abweichend von dem Fraktionsbeschlusse abzugeben.
Quelle: Karl Bachem, Vorgeschichte, Geschichte und Politik der deutschen Zentrumspartei,
9 Bde., Bd. 3. Köln: Bachem, 1927, S. 137–38; abgedruckt in Felix Salomon, Hrsg., Die deutschen Parteiprogramme, Heft 1, Vom Erwachen des politischen Lebens in Deutschland bis zur Reichsgründung 1871, Hrsg. Wilhelm Mommsen und Günther Franz, 4. Aufl. Leipzig und Berlin: B. G. Teubner, 1932, S. 166–67.