Kurzbeschreibung

Carl von Rotteck, Professor für Rechtswissenschaft an der Universität Freiburg und Mitherausgeber des Staats-Lexikons, das Beiträge von Autoren des politischen Liberalismus und Anhängern einer konstitutionellen Regierungsform veröffentlichte, unterscheidet in seinem Beitrag „Constitution, Constitutionelles System“ vorsichtig zwischen konstitutioneller und absolutistischer Regierungsform, zwischen denen man sich schließlich in Europa zu entscheiden habe.

Auszug aus dem Staats-Lexikon: „Constitution, Constitutionelles System“ (1845–48)

  • Carl von Rotteck

Quelle

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Das constitutionelle System also, so wie es sich seit dem Anbeginn der nordamerikanischen und – für Europa unmittelbar wirksam – der französischen Revolution ausgebildet hat, ist – in der Theorie vollständig, in der Praxis wenigstens annähernd – übereinstimmend mit dem System eines rein vernünftigen Staatsrechtes, angewandt auf die überall factisch vorliegenden oder historisch gegebenen Verhältnisse.

1) Der oberste Satz in diesem Systeme lautet folgendermaßen: Die Staatsgewalt ist eine Gesellschaftsgewalt, demnach eine von der Gesammtheit ausgehende und dieser Gesammtheit in der Idee fortwährend angehörige Gewalt, d. h. sie ist nichts Anderes als der in dem durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Kreise wirksame Gesammtwille der Gesellschaftsgenossen. Es ist hier also von keiner herrischen, von keiner aus dem Eigenthumsrecht abfließenden, von keiner unmittelbar vom Himmel stammenden, auch von keiner patriarchalischen u. s. w., überhaupt von keiner auf einen andern Titel als den Gesellschaftsvertrag sich gründenden Gewalt die Rede; oder es muß wenigstens jede, wenn auch ursprünglich aus irgend einem andern Titel hervorgegangene und jetzt historisch rechtlich bestehende Gewalt nach Inhalt und Form dermaßen geregelt und beschränkt werden, daß durch ihre Thätigkeit und geordnete Wechselwirkung mit den zu Regierenden die Herrschaft des wahren Gesammtwillens möglichst getreu und zuverlässig verwirklichet werde.

2) Zu diesem Behufe ist das erste und unerlaßlichste Erforderniß eine lebendige Stimmführung der zu regierenden Gesammtheit und zwar, da wir hier, wenigstens vorzugsweise, wenn nicht ausschließend, solche Staaten im Auge haben, die wegen ihres bedeutenden Umfanges die Gesammtheit ihrer Bürger nicht wohl in eine einzige Landesgemeinde versammeln können, eine zu solcher Stimmführung berufene, die Gesammtheit in Natur und Wahrheit darstellende, mithin frei gewählte Repräsentation.

3) Zwischen dieser Landes- oder Volkes-Repräsentation und der aufgestellten Landes-Regierung muß eine solche Vertheilung der Gewalten oder ein solches Verhältniß der Thätigkeits- und Widerstandskräfte bestehen, daß dadurch, so viel irgend möglich, die Herrschaft des wahren, besonnenen und beharrenden Gesammtwillens verbürgt und jene was irgend für eines Einzelwillens, so wie auch die eines blos augenblicklich irre geleiteten oder auch nur scheinbaren Gesammtwillens hintangehalten werden.

4) Hierzu führt aufs Zuverlässigste die Uebertragung oder Ueberlassung des überwiegenden Theiles der gesetzgebenden Gewalt mit Inbegriff des Steuerverwilligungsrechts an die National-Repräsentation, und dagegen jene der Verwaltungsgewalt an die aufgestellte Regierung, Beides jedoch ohne Ausschließung der controlirenden oder hemmenden oder Rechenschaft fordernden Autorität der wechselsweise gegenüberstehenden oder zur Gemeinschaftlichkeit des Wirkens berufenen Staatskörper.

5) Neben der gesetzgebenden und der Verwaltungs-Gewalt, überhaupt unabhängig von allen Inhabern der Gewalt, muß eine Autorität bestehen, welche über das in concreten Fällen streitige oder zweifelhafte Recht entscheide, d. h. den rein wissenschaftlichen oder der unbefangenen Urtheilskraft anheimzustellenden Befund ausspreche über das, was – den bestehenden Gesetzen gemäß – Recht oder nicht Recht und was demnach von den constituirten Gewalten als solches zu handhaben und zu vollstrecken sei. Die Errichtung unabhängiger, möglichst zuverlässiger Gerichte ist hiernach ein weiterer Hauptartikel einer constitutionellen Verfassung.

6) Zur Erhaltung der Lauterkeit der Volksrepräsentation sowie der dem Zweck ihrer Aufstellung gemäßen Richtung der Regierung muß dem Volk und jedem Einzelnen im Volke die Kenntnißnahme von den öffentlichen Angelegenheiten und auch die Meinungs- oder Urtheilsäußerung über den Gang ihrer Verwaltung unbedingt frei stehen. Die öffentliche Meinung, welche fast gleichbedeutend ist mit dem vernünftigen Gesammtwillen, soll überall ungehindert sich entfalten und aussprechen dürfen und es sollen ihr die Thatsachen, worüber sich auszusprechen sie das Recht und den Beruf hat, unverschleiert und unverfälscht zur Kenntniß gebracht werden. Oeffentlichkeit der Regierungs-Beschlüsse sowie der landständischen oder Volksvertretungs-Verhandlungen und Freiheit der Presse sind daher wesentliche Artikel einer constitutionellen Verfassung.

7) Der Begriff eines gesellschaftlichen Vereins und des ihm einwohnenden lebenskräftigen Gesammtwillens führt jenen der Gleichheit und Freiheit der Gesellschaftsgenossen mit sich. Das constitutionelle System statuirt demnach die gleiche Theilnahmsberechtigung an den Wohlthaten des Staatsverbands, die gleiche (gesetzliche und gerichtliche) Gewährleistung der persönlichen Freiheit sowie des rechtmäßigen Besitzes und Erwerbes für Alle, den gleichmäßigen Anspruch aller Fähigen auf Aemter und Würden, und hinwieder auch die gleiche Verpflichtung durchs Gesetz, die gleiche Unterwerfung unter die rechtmäßig bestehenden und ausgeübten Gewalten und die gleiche, d. h. dem Maß des empfangenen Schutzes für Besitz und Erwerb entsprechende – Theilnahme an den Lasten des Staates.

8) Zu den auf die Forderung der Freiheit und Gleichheit sich gründenden Rechten jedes constitutionellen Staatsbürgers gehören zumal auch die Freiheit der Gottesverehrung (so lange diese nicht in an und für sich Rechts- oder Sittlichkeits- oder Ordnungs- und Sicherheits-widrigen Handlungen besteht) und jene der Auswanderung, d. h. der Lostrennung vom Staatsverbande, dessen blos freier Genosse nehmlich, nicht aber Leibeigene der constitutionelle Bürger ist.

9) Das Staatsvermögen darf nur zu öffentlichen, vom Gesammtwillen gebilligten Zwecken verwendet werden, und seine Verwaltung besteht unter der controlirenden Mitaufsicht der Volksrepräsentation. Die dem fürstlichen Hause (überhaupt den regierenden Personen und Familien) privatrechtlich zustehenden Güter bleiben natürlich von solcher Controle frei; und es wird außerdem für den würdigen Unterhalt des Monarchen und seines Hauses durch eine angemessene, auf das Staatsgut anzuweisende Civilliste (auch Apanagen u.s.w.) gesorgt.

10) Der constitutionelle Monarch ist für seine Person unverantwortlich. Dagegen sind seine sämmtlichen Gewaltsträger (überhaupt Regierungs- oder Staatsdiener) für den treuen und verfassungsmäßigen Gebrauch der ihnen anvertrauten Gewalt – nicht nur jeder seiner nähern oder entferntern Oberbehörde und endlich dem König selbst – sondern, und zwar vorzugsweise die Minister oder obersten Staatsdiener, auch der Volksrepräsentation verantwortlich; und es hat über die hier in Sprache stehenden Verbrechen und Vergehen ein eigens dafür zu errichtender Staatsgerichtshof zu erkennen. Die Mitglieder der Volksrepräsentation jedoch, da sie in dieser Eigenschaft blos Meinungen zu äußern, nicht aber thätlich eine wirkliche Gewalt zu üben, blos durch Abstimmung zu Beschlüssen mitzuwirken, nicht aber dieselben zwangsweise zu vollstrecken haben, sind in der Sphäre dieses ihres Berufs unverantwortlich, so wie das Volk selbst, in dessen Namen sie auftreten und dessen Gesinnung, Wunsch und Willen sie nach ihrer freien Ueberzeugung zu äußern berechtigt und verpflichtet sind.

Wir wollen diesen – einstweilen blos summarisch gefaßten – Hauptsätzen des constitutionellen Systems, vorbehaltlich ihrer weitern Ausführung im Verlaufe dieser Abhandlung, gleich jetzt die correspondirenden Sätze des absolutistischen Systems gegenüber stellen.

1) Der Staat ist eine Summe von Personen, welche einer und derselben obersten Gewalt unterworfen sind. Diese oberste Gewalt ist keineswegs aus einem Vertrag, am allerwenigsten aus einem Gesellschaftsvertrag abfließend, sondern sie ist entweder die gemein herrische, oder auch die auf dem Eigenthum über Grund und Boden, oder auch überhaupt die auf dem factischen Bestande ruhende, jedenfalls als eine vom Himmel verliehene, wohl auch unmittelbar daher stammende Gewalt. Zwischen den Staatsgliedern, d. h. Unterthanen, unter sich besteht keine andere Verbindung, als welche sich zwischen den Genossen desselben Verhältnisses, z. B. zwischen den Knechten desselben Herrn, zwischen den Kindern desselben Vaters, überhaupt zwischen den Gehorchenden desselben Gebieters findet.

2) Hier kann also von einer willenberechtigten Gesammtheit und einer Repräsentation derselben gar keine Rede sein. Der Wille des Herrn oder des vom Himmel gesetzten Staatshauptes ist die alleinige Quelle alles Rechtes und die alleinige Regel für Alles, was im Staate geschehen oder nicht geschehen soll.

3) Zwischen der Summe der Unterthanen und dem Staatshaupt besteht kein anderes Verhältniß, als daß die ersten unbedingt zu gehorchen und das letzte ebenso zu befehlen haben. Von einer Theilung der Gewalten zwischen Regierung und Volk kann also keine Rede sein, wiewohl es angeht, daß die Regierung selbst eine vielgliedrige, d. h. aus mehrern Theilnehmern bestehende sei, oder auch (denn die absolutistische Theorie hat auch auf die Demokratie Anwendung), daß die gesammte Regierungsgewalt in der Landesgemeinde selbst residire, deren Entscheidungen sodann durchaus keiner Controle und keiner Beschränkung durch irgend ein den einzelnen Bürgern zustehendes Recht unterliegen.

4) Die absolute Gewalt, ohne Unterschied, ob Einem oder Mehrern oder Allen anvertraut, ist eine ungetheilte sowie eine unbeschränkte. Sie ist der Staat, und außer ihr giebt es nur schlechthin Gehorchende. Sie giebt Gesetze und sie vollstreckt sie ausschließend und ohne Theilnahme.

5) Daher ist auch die richterliche Gewalt zu ihrer Domaine gehörig; und ihr steht es zu, die jedenfalls nur in ihrem Namen handelnden Gerichte nach selbsteigenem Belieben zu errichten und zu organisiren und nach Befund auch neben den ordentlichen Gerichten außerordentliche für besondere Fälle oder Gegenstände in Thätigkeit zu setzen.

6) Dem Volk und jedem Einzelnen im Volk steht gar kein Recht der Kenntnißnahme von öffentlichen Angelegenheiten zu. Dieselben gehen blos die Regierung an, welche davon, so viel sie für gut findet, bekannt macht. Ihr, der Regierung allein, steht auch das Recht der Beurtheilung dessen, was dem Gemeinwohl, d. h. was ihr selbst, die da das Gemeinwohl vorstellt, frommt oder nicht frommt, zu. Eine öffentliche Meinung, die da ihrem Walten Schranken setze oder die Richtung geben könne, anerkennt sie nicht und duldet sie nicht. Sie hält demnach auch die unbefugten Urtheile der Einzelnen über Staatssachen, überhaupt alle Aeußerungen, die ihr aus was immer für einem Grunde misfällig sind, durch Censur und Verbot zurück und unterdrückt jede versuchte Mittheilung von Thatsachen oder Lehren, deren Bekanntwerden sie ihrem Interesse für nachtheilig erachtet.

7) Die absolute Regierung fordert zwar von allen Unterthanen einen gleichen Gehorsam, aber sie behauptet auch das Recht, Privilegien und Dispensationen, so viel ihr beliebt, an Stände oder Classen oder Individuen zu ertheilen, sei es als bloße Gunstbezeigung oder zu irgend einem ihrem Interesse entsprechenden Zweck. Was aber die Freiheit betrifft, so widerstreitet dieselbe schon nach ihrem Begriffe jenem des Absolutismus. Sie drückt ein selbstständiges Recht aus; und im absoluten Staat giebt es kein anderes als das auf dem Willen des Herrn ruhende; und selbstständig ist alldort Nichts als die Staatsgewalt selbst.

8) Daher ist auch in Ansehung der Gottesverehrung jeder Unterthan schuldig, der von der absoluten Gewalt ihm vorgeschriebenen Confession zu huldigen; und die Duldung einer andern Confession als jener, zu welcher der Inhaber der obersten Gewalt sich selbst bekennt, ist nur Ausfluß seiner Gnade. Ebenso kann von einem selbstständigen Auswanderungsrecht keine Rede sein. Der auf dem Staats-, d. h. Regierungs-Gebiet Geborene oder dahin Eingewanderte ist Höriger oder Leibeigener der Staatsgewalt und kann ohne derselben – frei zu gewährende oder zu verweigernde – Erlaubniß nimmermehr das Herrschaftsgebiet verlassen.

9) Es giebt kein Staatsvermögen im Sinne der constitutionellen Theorie. Alles sogenannte öffentliche Vermögen ist Eigenthum der Regierung oder ihres jeweiligen Hauptes. Seine Verfügungsgewalt darüber ist unumschränkt, ohne Unterschied, ob zu persönlichen oder zu öffentlichen Zwecken. Er hat also rücksichtlich der ersten sich keineswegs auf eine ihm auszuwerfende Civilliste zu beschränken, und was die letzten wie die ersten betrifft, so ist das Vermögen sämmtlicher Unterthanen zur Bedeckung des von dem Herrscher zu bestimmenden Bedarfes der von ihm frei zu verordnenden Besteuerung unterworfen. Ebenso steht ihm auch die Befugniß zu, über die persönlichen Dienste der Unterthanen in Frieden und Krieg nach Belieben zu verfügen, also namentlich auch zum Soldatendienst auszuheben, so Viele und auf so lange als ihm gefällt.

10) Die Diener des Herrn sind nur ihm allein verantwortlich, und wer nach seinem, des Herrn, Willen gehandelt hat, darf Niemandem in der Welt darüber zur Rede stehen. Ihm, dem Herrn, dagegen sind Alle verantwortlich, welche, unter was immer für einem Titel, sich misfällig über seine Regierungshandlungen geäußert oder gar ein Hemmniß seinen Verordnungen entgegenzusetzen sich erkühnet hätten. –

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Welches der beiden Systeme, das constitutionelle oder das absolutistische, wird allernächst die Herrschaft erringen in Europa? – Wenn man die entschiedene – auch unter der sorgsamsten Verschleierung erkennbare – Richtung der Diplomatie, wenn man die in den meisten Ländern zu Tage liegenden ministeriellen Tendenzen, wenn man den zumal in dem Kanzlei-Styl und Hof-Ceremoniel sich tagtäglich offener kund thuenden orientalischen Ton und die bald alles Maß überschreitende, gewiß selbst den Machthabern zum Ekel gereichende Servilität der Zeitungsschreiber und die wie Anbetung lautenden Phrasen der Berichterstatter über die kleinsten Begegnisse, Handlungen oder Aeußerungen fürstlicher Personen oder ihrer Angehörigen, zumal die Aeußerungen des Entzückens ganzer Bevölkerungen über die auch nur augenblickliche Anwesenheit einer solchen Person in einer Stadt oder Landschaft u. s. w. betrachtet; so sollte man glauben, der Absolutismus sei nicht nur auf dem Wege zur Herrschaft, sondern bereits darin vollkommen befestiget. Wenn man aber von den officiellen und von den wohldienerischen Kundmachungen und Huldigungen wegsieht und die – der Schere des Censors entrückten – mündlichen Aeußerungen der Denkenden im Volke, die Urtheile und Ansichten aller Classen, selbst der schlichtesten Bürger und Landleute, überhaupt den dem aufmerksamen Beobachter sich unverkennbar kund thuenden – wenn gleich nur im Stillen waltenden – öffentlichen Geist ins Auge faßt: alsdann wird man von der Ueberzeugung durchdrungen, daß – wenigstens für West-Europa – die dauernde Begründung des Absolutismus eine Unmöglichkeit sei, und daß, wenn beschränkte oder leidenschaftliche Staatsmänner ihn gleichwohl einzuführen gedächten, solches kaum zeitlich geschehen könnte, sodann aber unausbleiblich die Revolution zur Folge haben müßte. Nur die Schlechtigkeit der Menschen steht dem Absolutismus zur Seite; das constitutionelle System hat für sich ihren Verstand und ihre Tugend. Die letzten hoffentlich werden stärker sein als die erste; und die Regierungen selbst werden, nach gewonnener Einsicht von der Sachlage, lieber jenen (d. h. dem Verstand und der Tugend ihrer Völker) sich befreunden, als dem Beistand dieser (d. h. der Schlechtigkeit der Speichellecker) sich anvertrauen wollen. Sie haben dafür, noch außer den unmittelbaren, auf ihr einheimisches Verhältniß zum eigenen Volke sich beziehenden Gründen, ein das Verhältniß zum Auslande betreffendes, hohes, ja höchstes Interesse. Sollte der Absolutismus zur ungetheilten Herrschaft über Europa kommen, so wäre eben dadurch die Gewalt an die Stelle des Rechtes gesetzt, mithin auch das Staaten-Recht, d. h. die Selbstständigkeit der kleineren oder schwächeren Staaten gegenüber den größeren oder stärkeren aufgehoben. Auch würde alsdann jedem Unterthan (denn Bürger gäbe es dann keine mehr) vollkommen gleichgültig sein können, welchem Herrn er zu gehorchen und seine Steuern und Frohndienste zu leisten habe. Jedenfalls wäre alsdann die moralische Kraft, welche allein das Misverhältniß zwischen kleinen und großen Staaten ausgleichen kann und welche ohne Freiheitsgefühl gar nicht gedenkbar ist, getödtet, demnach jeder kleine Staat der Unterjochung Preis, sobald es den stärkern Nachbar nach seiner Einverleibung gelüstete oder sobald mehrere Stärkere sich unter einander über seine Unterjochung oder Theilung verständen. Gegen die doppelte Gefahr also, nehmlich einerseits gegen Revolution und Republik und andererseits gegen den Verlust der Selbstständigkeit gegenüber dem Ausland, giebt es – in erster Beziehung für alle, in letzter zumal für die kleinen Staaten – kein anderes Sicherungsmittel – als die aufrichtige Annahme des constitutionellen Systems.

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C. v. Rotteck.

Quelle: „Constitution, Constitutionelles System“ in Carl von Rotteck und Carl Welcker, Hrsg., Das Staats-Lexikon: Encyklopädie der sämmtlichen Staatswissenschaften für alle Stände, zweite neubearbeitete und vermehrte Auflage. Altona: Verlag von Johann Friedrich Hammerich, 1845–48, Band 3, S. 522–25, 542–43.