Quelle
Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhaus grimmer Schmertzen.
Ein
Ball deß falschen Glücks / ein Irrlicht dieser Zeit.
Ein Schauplatz
herber Angst / besetzt mit scharffem Leid /
Ein bald verschmeltzter
Schnee und abgebrante Kertzen.
Diß Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Schertzen.
Die vor
uns abgelegt deß schwachen Leibes Kleid
Und in das todten-Buch der
grossen Sterbligkeit
Längst eingeschrieben sind / sind uns auß Sinn
und Hertzen.
Gleich wie ein eitel Traum leicht auß der acht hinfällt /
Und
wie ein Strom verscheust / den keine Macht auffhält:
So muß auch
unser Nahm / Lob Ehr und Ruhm verschwinden /
Was itzund Athem holt / muß mit der Lufft entflihn /
Was nach
uns kommen wird / wird uns ins Grab nach zihn
Was sag ich? wir
vergehn wie Rauch von starken Winden.
Quelle: Andreas Gryphius, Sonette, Lissa, 1637. Aufnahme: Invitation to German Poetry. By Gustave Mathieu and Guy Stern. Read by Lotte Lenya. Dover Publications (IPG1/2), 1959. Internet Archive https://archive.org/details/lp_invitation-to-german-poetry_lotte-lenya/disc1/01.01.+Band+1%3A+Unter+Der+Linde%3B+Menschliches+Elende%3B+Das+Rosenband%3B+Der+Tod+Und+Das+Madchen%3B+Abendlied.mp3