Quelle
[…]
Indem gieng in der Basel-Martinemeß anno 1563 der grosse
pestilentzische sterbent ahnn, der regieret den gantzen winther
starckh, […] Indem aber der sterbent im julio unnd augusto anno 64
so gar überhandt genomen, desglichen in 100 jaren keiner gwesen, […]
anfangs im september anno 64, ware noch niemandt darinen kranck
worden, aber
bald daruf ward mein schwester Salome kranck, lag
3 oder
4 dag an der pestelentz, verschwand iren wider und
ward
wider gesundt. Den 17. september anno 64 ward
mein
gingster bruoder Diebolt kranck und starb den 20.
september; den 24. september ward Hanß Jacob, mein vaters halben
stieffbruoder, kranck und starb den 28. dito; den
26. september
ward Wolffgang, difers Jacoben rechter und
mein stieffbruoder,
war almuosenschaffner, kranck und starb
den 29. dito; Jacob und
Wolfgang kamen in ein grab.
Den 1. october anno 64 ward mein
mitelster bruoder kranck
und starb den 3. dito, also daß
inerhalb 17 dagen mir dise
4 brieder an der pestilentz
verscheiden. Gott verlich gnad, daß
wir im ewigen leben
einander anschauwent, do grössere freidt
sein wirt, dann in
diser mieyseligen welt. […]
Ueber das Haus zur Mücke, das vor einigen Jahren der
Realschule
eingeräunt worden ist […]
An Sannt Martiß
dag anno 64 […] ward ich auch in der
Mucken am stand,
grad am selben orth, auch in derselben
stundt kranckh, stuoß
mich mit einem frost ahn, guong heim
und satzt mich hinder den
offen. Bald war mein vater do,
bracht ein scherer mit im,
schluogen mir ein adern uff dem
rechten arm, legten mich in ein
beth in kleideren, do bin ich
entschlofen. Fir daß hin weiß
nit, wie eß mir in 4 wuchen ergangen, dan mich glich die hitz und
hauptwehe überilet, das ich nichts von mir gewist, sonder starck
gefabuliert
und gewietet hab. Allein ist mir ingedenck, des
grossen schmertzens halben, wan der scherer mich verbunden […]
Ichhat ein bylen under dem lincken arm, so man mir
etlich
dag, nachdem ich kranck glegen, mit einer flietten
uffgerissen,
und ich gar woll entpfunden und dorab erwacht bin,
daruß
ist ein sollicher haufen bluot und eiter geflossen, daß
sich mäniglich verwundert hat, eß hat auch uf 3 wunchen lang
geflossen, daß man mir alle dag 2 moll halbe linlachen
zemengewicklet under den arm gestossen, so gantz durchflossen.
Alß nun der neiwe jorß dag, den 1. january anno 65 vorhanden,
gelustet mich nach frembder spiiß,
erbaath also meinen vater,
daß er mich mit ime uff die zunft
zuom Schlissel nam, do aß ich
zimiß 1) Alß ich aber noch
wund, schwach und krankh gwesen,
guong ich gemechlich heim,
gedochte mein noturft ze thuon und
entschlieff uff dem stuoll,
ward also von danen inß beth
gehept, mir on wissent, und
8 dag lang darinn bliben.
[…]
Quelle: „Selbstbiographie des Andreas Ryff (bis 1574)“, hrsg. Andreas Heusler, in: Basler Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 9 (1870). Online verfügbar unter: https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=bzg-001%3A1870%3A9#68