Kurzbeschreibung

Thomas Platters (1499-1582) Lebensbericht ist eines der berühmtesten autobiografischen Dokumente, die im sechzehnten Jahrhundert auf Deutsch verfasst wurden. Gegen Ende seines Lebens von Platter auf Drängen seines Sohnes Felix abgefasst, berichtet Plattervon seiner Kindheit als Ziegenhirt im Valais (heute im Südwesten der Schweiz) sowie von seinen bemerkenswerten Wanderungen als reisender Gelehrter. Der hier wiedergegebene Ausschnitt verfolgt sein Leben bis zum Beginn seiner regulären Schulzeit in Sélestat (deutsch: Schlettstadt) im Elsass. Anschließend ging er nach Basel und Zürich, wo er Zeuge und Teilnehmer der protestantischen Reformation wurde, das Seilerhandwerk erlernte sowie Griechisch und Hebräisch unter dem Kleriker Oswald Myconius studierte. Platter wurde schließlich Schulmeister und Latein- und Griechischlehrer an der Basler Oberschule.

Vom Ziegenhirten in den Alpen zum Griechischlehrer – Thomas Platter (1573)

  • Thomas Platter

Quelle

Die will du, lieber sůn Felix, nun ettlich mall an mich begärt hast, des glichen ouch andre verriempte und glerte menner, die vor ettlich iaren in ir iugent mine discipuli gsin sind, ich sölle von iugend uff min läben beschriben, dan du wie ouch sy manchmall von mier gehört habend, in was grosser armůt von můtter lyb an, demnach in wie vill grosser gferden ich offt bin gsin mins lybs und läbens (erstlich als ich gedient han in den grusamen gebirgen, dem nach als ich den schülen in miner iugend nach bin zogen), ouch wie ich in die ee bin kummen, mich mit miner hußfrowen mit grosser sorg, mü und arbeit mit den minen ernert hab, do dan sömlichs für nämlich dier zů gůttem erschiessen mag, das du betrachtest, wie gott mich manch mall so wunderbarlich erhalten, und du dem herren im himel drum dankest, das er dich von mier erboren, so woll begabet hatt und behüttet, das du nit so hast miessen armůt liden, so kan ich dier das nit abschlachen, sunder 〈will〉, als wyt mier miglich der gedächnuß halb, alles anzeigen, wie und von wem ich erboren und erzogen sige worden.

Und erstlich kan ich kein ding minder wissen, dan zů welcher zyt sich ein ieglichs mit mier verloffen hab. Wie ich dan der zyt miner geburt nach gedacht und gefragt hab, so hatt man zelt 1499; bin an dise welt kummen uff der herren faßnacht, eben als man zů der mäß zamen gelüttet hatt (das weiß ich doby, das mine frind alweg verhoffet hand, ich werde ein priester werden, die will man eben in der zyt zů der meß zamen gelüt hatt; so han ich ein schwester ghan, hatt Christina gheissen, die was alein by der můtter, do sy minen gnäsen ist; die hatt mir das ouch anzeigt). Min vatter hatt Anthoni Platter gheissen, von dem alten geschlecht deren, die Platter gheissen hantt; die hand iren namen von eim huß, das ist uff einer breitten blatten, das ist ein felsen, uff eim gar hohen berg by eim dorff, das heisset Grenchen, ghert in den zenden und kilchhörin Visp; ist ein vernampt dorff und zenden in Walleß. Die můtter aber hatt gheissen Amilli Summermatterin, von eim gar grossen gschlecht, das man hat genempt die Summermatter, welche ein vatter ghan hat, der ist 126 〈jar〉 alt worden, dan 6 jar vor sim tot han ich selber mit im gered, welcher sprach, er wißte noch 10 man in Visperkilchöri, die all elter werin, dan er dozmall waß; der hat erst ein drissig järige dochter gnon, als er 100 järig was, und ein sun mit iren uberkummen etc. Er hat sün und döchtren verlassen, deren ettlich wyß, ettlich graw sin worden, eb er gestorben sig. Den nampt 〈man〉 den alten Hans Summermatter. Das huß, darin ich erboren bin, ist an Grenchen, heisset An den Graben; darin bistu, Felix, selber gsin.

Als sy minen gnäsen was, hand iren die brist we than, das sy mich nit hat mögen seigen; han ouch sunst nie kein frowen milch gsogen, wie mier min můtter sälig selber gsagt hatt; das was mins ellentz ein anfang. Han also durch ein hörenlin, wie im land der bruch ist, wen man die kind entwent, miessen kiemilch sugen; dan man gibt den kinden nit zů essen, byß sy offt 4 oder 5 jar alt werdent, sunder alein milch zů sugen. Mier starb ouch min vatter so zittlich, das ich mich nit mag bedenken, das ich in ie gesächen hab. Dan wie im land der bruch ist, das vast alle wiber wäben wie ouch näien können, gand die man vor dem winter uß dem land (vast in Berner piet), wullen zů kouffen; die spinnent den die wiber und machend landdůch druß zů röken und hosen dem purß volk. Also was min vatter ouch umb Thun in Berner piet gan wullen kouffen; stieß in pestelentz an, starb und ward zů Stäfyßburg (ist ein dorff by Thun) begraben. Bald demnach mannet die můtter wider, nam ein man, der hieß Heintzman am Grund, ist ein huß zwischend Visp und Stalden. Kamend also die kind alle von iren, weiß nit eigentlich, wie vill deren gsin sind. Ich han miner geschwisterget 2 schwestren kend; eine ist im Entlebůch, do sy gmannet hatt, gstorben, die hatt Elßbett gheissen; die ander hieß Christini, ist in einer pestelentz selb 9 ob Stalden an Burgen gstorben. Brüder han ich kent: einer hieß Simon, einer Hans und 〈einer〉 Joder. Simon und Hans sind in kriegen bliben, Joder ist am Thuner see zů Oberhofen gestorben, dan die wůchrer hatten unsren vatter verderbt, das mine gschwisterget vast alle, wie bald sy hand gmögen, miessen dienen. Und die will ich das iüngst was, hand mich mine bäßlin, des vatters schwestren, ietliche ein will ghan.

Do mag ich mich worlich bedenken, das ich by einer was, die hieß Margret; die trůg mich in ein huß, das hieß in der Wildin (ist an Grenchen). Do was ouch miner bäsin〈en〉 eini; mit deren machten die wiber, ich weiß nit was; do nam, die mich trůg, ein püschelin strow, das an gfert in der stuben was, leit mich druff uff den tisch, und lyff sy den andren wibren zů. Min bäsinen waren einest nachtz, nach dem sy mich nider gleit hatten, zliecht gangen; do was ich uffgestanden und durch den schne näbend eim wiger in ein huß geliffen; do sy mich nit funden, waren sy in großen nötten, funden mich in dem huß zwischend zweien mannen ligen, die wärmetten mich, dan ich was im schnee erfroren. Als ich ouch ein wyll by der selben bäsin hernach in der Wildin was, kam min eltester brůder uß eim Zafoier krieg, bracht ein höltzins rößlin, das zoch ich an eim faden vor der thür. Do meinnet ich gäntzlich, das rößlin könde gan, daruß ich kan verstan, das die kind offt meinnent, ire tüttin, und was sy hand, sigend läbendig. Min brůder schreit ouch mit eim fůß über mich und sprach: «Oho Tomillin, nun wirst nit mer waxen»; das bekümert mich.

Als ich nun also by dry jaren erzogen was, ist der cardinall Mattheus Schiner durch das land gfaren, allenthalben zů visitieren und zů firmen, wie im bapstum der bruch ist; kam ouch an Grenchen. Zů der zyt was ein priester an Grenchen, der hieß herr Anthoni Platter; zů dem fůrt man mich, er solt min firmgöttin werden. Als aber der cardinall (was villicht do noch bischoff) zů ymbyß hatt geessen und wider in kilchen gieng gan firmen, weiß ich nit, was der herr Anthoni, min vetter, zů schaffen hatt [datt], das ich in die kilchen lyff, das man mich firmette und mier der götti ein kart gäbe, wie der bruch ist, den kinden etzwas zgen. Do saß der cardinall im sessel, wartend, wen man im die kind zůfůrte. Do bedenk ich mich gar woll, das ich zů im lyff; sprach er zů mier, wyll min götti nit by mier was: „Was wilt, min kind?“ Sprach: „Ich wolt gären firmen.“ Sprach er mit lachen: „Wie heissest?“ Antwurt ich: „Ich heissen herr Thoman.“ Do lachet er, brumlet neißwas, mit uffgelegter hand, und gab mier do mit der hand an baggen. Im selben kam herr Anthoni, entschuldiget sich, ich weri im unwissend entrunnen. Sagt im der cardinall, wie ich gsagt hette, und sprach zum herren: „Gwiß wird etzwas bsundrigs uß dem kind werden; woll als bald ein priester.“ Und die will ich den ouch, als man zů der mäß zamen gelüt hatt, an dwelt was kummen, meinten vill lüt, ich wurde priester werden, dorumb man mich den ouch dester fürer zů der schůll datt.

Do ich nun bin by 6 jaren alt gsin, hatt man mich zů den Eisten than, ist ein tall innert Stalden; do hatt miner můtter säligen schwester ein man, der hieß Thoman an Riedyn. Der saß uff eim hoff, hieß Imboden; dem můßt ich das erst jar der gitzin by dem huß hietten. Do mag ich mich 〈be〉denken, das ich etwen im schnee bstäkett, das ich kum druß mocht kummen, mier offt die schülin do hinden bliben und ich barfůß zittrendt heim kam. Der selb pur hatt by 80 geiß; dären můßt ich das 7 und 8 jar hietten. Und als ich noch so klein was, wen ich den stall uff datt und nit glich näbendsich sprang, stießen mich die geiß nider, lieffen über mich uß, dratten mier uff den kopff, oren und ruggen (dan ich fiell mer teill fürsich). Wen ich den die geiß über die Vispen (ist ein wasser) uber bruggen treib, liffen mier die ersten in die säit (in die koren äker); wen ich die druß treib, liffen die andren drin; do weinet ich den und schrey, dan ich wußt woll, das man mich znacht wurd strichen. Wen aber den mer geißhirt zů mier kamen von andren puren, die hulffen mier den; in sunderheit einer, der was groß, der hieß Thoman im Leidenbach; den erbarmet ich, und datt mier vill gůtz. Do sassen wier den all zamen, wen wier die geiß uff die hohen und grusamen berg brachten, zarten mit einandren zamend, hattend ieglicher ein hirten körblin bschlossen am ruggen, käß und ruggenbrott drin. Uff ein zyt, als wier geessen hatten, wolten wier blatten schiessen; do was uff eim hohen schrofen oder felsen ein äbner platz. Wie nun einer nach dem andren zů dem zwek schoß, stůnd einer vor mier, der wolt schiessen; dem wolt ich hindersich wichen, das er mier nit blatten an den kopff oder antlit schliege; fiell hindersich über den felsen ab. Die hirten schruwen all: „Jesus! Jesus!“ byß sy mich nit mer sachen; dan ich was underhi under den felsen gfallen, das sy mich nit mochten sächen; vermeinten gentzlich, ich wer ztodt gfallen. Bald stůnd ich wider uff, gieng näbend dem felsen wider uffhi zů inen; do weinten sy, erstlich von kummer, do aber von freiden. Demnach by 6 wuchen fiell eim ein geiß do über ab, do ich gfallen was; die zerfiell zů todt. Do hatt mich gott woll behüttet.

Darnach villicht by eim halben jar fürt ich min geiß aber am morgent frü vor andren hirten (den ich was do der nechst) über ein eggen uff; hieß die wyß eggen. Do giengen min geiß zů der rechten hand uff ein felßlin, was eins gůtten schritz breit, und drunder grusam tieff, gwiß mer den tusend klaffter hoch, nütz den ein felsen. Von dem felßlin gieng ein geiß der andren nach, über ein schrofen, uff das sy blößlich die fůßklöwlin mochten stellen, uff die krud pöschlin, die uß dem felsen gewaxen waren. Wie sy nun all uffhi waren, wolt ich ouch do nohin. Als ich aber nit mer den ein schrittlin mich am graß hatt uffzogen, kond ich nit witter kummen, mocht ouch nit wider uff das schröfflin schritten, dorfft noch vil minder hintersich springen, den ich forcht, wen ich hindersich sprunge, ich wurde übergnöpfen und über den grusamen felsen verfallen; bleib also ein gůtte will stan, wartet uff die hilff gottes, mocht nit mer mier selben helffen, weder das ich mich mit beden hendlin an eim graß poschen hatt, und stůnd mit dem grossen zelin ouch uff eim pöschlin, und wen ich mied was, so zog ich mich uff am poschen und stalt das ander zeelin do hin. In diser nodt was mier aller ängstest, das ich die grossen giren forcht, die under mier in den lüfften flugen, das ich forcht, sy wurden mich hinweg tragen, wie den etzwen in den alpen beschicht, do die giren kind oder iunge schaff hinweg tragend. Die will ich nun do stůnd und mier der wind min gwendlin hinden uff wait (ich hatt ouch kein hosen an), so ersicht mich min gsell Thoman von wytnuß, wußt doch nit, was das was; wie er min röklin gsach flottren, vermeint er, es weri ein vogell; wie er mich aber recht ersicht, erschrak er, das er gar bleich wardt; sprach zů mier: „Tomilin, nun stand styll“, gad hin zů uff das felßlin, nimpt mich an den arm und dreit mich wider hindersich, do wier dan uff komen mochten zů den geissen. Ueber ettlich jar, nach dem ich uff ein mall uß den schůlen uß witten landen heim kam, ward der min gsell minen inen, kam zů mier und manet mich, wie er mich do vom todt erlößt hette (wie den war was; doch gib ich gott die err); wen ich priester wurde, sölte ich sinen ingedenk sin, in under den kelch stützen und gott für in bitten etc.

Wie ich nun die zyt by dem meister gedienet hatt, min best gethan, das hernach, do ich mit mim wib in Walles zogen gan Visp, der selb pur zů miner hußfrowen sagt, er hette nie besser dienstlin ghan, wie klein und iung ich noch was. Under andren mins vatters säligen schwestren was eini, die hatt kein man; deren hatt min vatter mich in sunderheit befolen, die will ich das iungkind was; die hieß Fransy. Wie angentz lüt zů iren kamen und sagten, wie ich so an eim sorglichen dienst weri, ich wurde mich ein mall ztott erfallen, so kumpt sy zů minem meister, anzeigend, sy welte mich nit mer do lossen. Do was er übel zfriden; doch fůrt sy mich hinweg, wider an Grenchen, do ich erboren was; datt mich zů eim alten rychen puren, der hieß Jans im boden; dem mießt ich ouch der geissen hietten. Do hatt es sich uff ein zyt zůtragen, das ich und ein iunge tochter, die ouch der geissen irem vatter hůt, das wier uns vernarret hattend by einer wasserleitten, do man das wasser den bergen nach zů den güttren fürt; do hatten wier mättlin gmacht und die gewässert, wie kind důnt. Die will waren die geiß den berg uff gangen, wier wußtend nit wohin. Do ließ ich min röklin do ligen, gieng den berg uff in alle höhin; das meittlin aber gieng an die geiß heim; ich aber, der ein arms dienstlin was, dorfft nit heim kommen, ich hette dan die geiß. In aller höhin fand ich ein iung gemßlin, was gar glich miner gitzen eim; dem gieng ich von witnuß nach, byß das die sun nidergieng. Do gsach ich zum dorff zů; do was schier nacht by den hüßren; fieng ich an nidtzich gan, aber es was glich gar nacht. Noch kreßmet ich von eim boum zum andren (die beim waren lerchen, daruß die glori flüßt), an den wurtzen den rein nider (dan ettlich wurtzen waren ledig, das der herd an der gähen halden darvon was gerisen). Do es aber gar finster was und empfand ich, das 〈es〉 gar stotzend war, gedacht ich nit witter zů schlichen, sunder hatt mich mit der lincken hand an einer wurtzen, mit der andren kratzet ich den herd under dem boum und wurtzen dannen; do ghort ich, wie der herd nitzsich rißlet; stieß ich den ruggen und hindren under die wurtzen, hatt nütz an den das hembdlin, weder schů noch hüttlin, dan das röklin hatt ich by der wasserleitten lassen ligen, vor angst, das ich die geiß verloren hatt. Wie ich nun also under dem boum lag, waren minen die rappen innen worden, schrüwen uff dem boum; do was mier gar angst, den ich forcht, der bär wäri vor handen, gsegnet mich und entschlieff. Blieb also schlaffend ligen, byß mornndes die sun über all berg schein. Als ich aber erwachet und gsach, wo ich was, weiß ich nit, ob ich min läbtag wurß erschroken bin; dan wen ich noch zwei klaffter tiefer weri gangen znacht, so weri ich über ein grusame hohe flů ab gfallen, vill tusend klaffter hoch. Do was ich in grosser angst, wie ich do dannen welt kummen; doch zoch ich mich wider übersich von einer wurtzen zů der andren, byß ich wider kam, do ich den berg nidsich gägend den hüßren mocht louffen. Wie ich schier by den gietren was uß dem wald, bekumpt mier ein meitlin mit minen geissen, wolt sy wider ußtriben, dan sy waren znacht selber heim geloffen, dorab dan das volk, by denen ich dienet, übell erschroken, das ich nit mit den geissen kam; meintend, ich weri zů todt gfallen, fragtend min bäsin und das volk in dem huß wonent, darin ich erboren was (dan das ist nechst by dem huß, do ich dienet), öb sy nütz von mier wyßtind; ich weri nit mit den geissen heim kummen. Do waren min bäsin und mins meisters gar alte frow die gantzen nacht an knüwen gelägen, gott gebätten, das er mich behütten welte, so ich noch by läben weri. Die bäsin was mins vettren můtter, von welchem Joannes Stumpf schribt, der zů Straßbur praeceptor ist gsin secundae classis. Demnach wolten sy mich nit mer lassen geiß hietten, von wägen das sy so übel erschroken waren.

Will ich by dem meister gsin bin und der geissen gehütten han, bin ich einest in ein großen keßel mit heißer milch, die ob dem feur war, gfallen unnd mich dermoßen verbrendt, daß die anmäler min lebenlang von dir unnd andren gsechen sindt worden. So bin ich ouch by im noch zwei mall in gferden gsin. Einest waren unser zwei hirtlin im wald, redeten mancherlei kindlich ding; under andrem wunschten wier, das wier kenden fliegen, so welten wier über berg uß dem land in Tütschland fliegen (so nennet man in Walles die Eidgnoschafft). Do kam ein grusamer grosser vogell zrůr uff uns geschossen, das wier meinten, er welte ein oder bed hinweg tragen. Do fiengen wier bed an schryen, mit den hirten stäklinen werren und uns gsägnen, byß der vogell hinweg floch; sprachen wier zůsamen: „Wier hand unrecht than, das wier gewinscht hand, das wier kenden fliegen“; gott hette uns nit gschaffen zfliegen, sunder zgan.

Ein ander mall was ich in eim gar stotzenden graben, sůcht kleinne stralen, das sind christallen, deren vill drin funden wurden. So gsich ich wit oben ein stein als ein ofen do har springen, und die will ich nit entrinnen mocht, buckt ich mich nider uff min angsicht; do fiell der stein ettlich klaffter ob mier nider und do über mich uß, dan sy, die stein, offt ettlich spieß hoch in den lifften do her springend. Sömlichs gůtz läbens und freid han ich manche by den geissen in bergen ghan, die mier vergessen sind. Das weiß ich woll, das ich selten gantz zehen gehebt han, sunder bletz drab gestossen, groß schrunden, offt übell gfallen; an schů der merteill im summer, oder holtzschů; grossen durst, das ich manch mall mier selbs in dhand brintzlet han und das für den durst getrunken; spyß was am morgend vor tag ein rogginerbrüw (bappen von roggin mäll gmacht); käß und rogginbrott gibt man eim in ein körblin mit zů tragen am ruggen; znacht aber erwelte käßmilch, doch dessen alles zimlich gnůg; im summer im höw ligen, im winter uff eim strow sack voll wentellen und offt lüsen; so ligend gmeinlich die armen hirtlin, die by den puren an den einödinen dienent.

Nach dem man mich ietz nit mer wolt lassen der geiß hietten, kam ich zů eim puren (der hatt miner ein bäsin), der war kindig und zornmiettig; dem mießt ich der kü hietten; den an der merteill orten in Walleß hatt man kein gmeinen hirten zů den küien, sunder wär nit alpen hett, do er sy den summer hin thůt, hatt ein hirtlin dartzů; das hüttet sy in sinen eignen güttren. Als ich by dem ein willin was, kumpt miner bäsin eini, hieß Fransy, die wolt mich zů minem vettren herr Anthoni Platter thůn, das ich solt dschrifft lernen (so redent sy, wen man einen in dschůll will thůn). Der herr was do nit mer an Grenchen, sunder was ein alter herr worden zů S. Niclaus im dorff, das man Gasen nempt. Do der pur, der da hieß Antscho (Anthoni) an der habtzucht, hort miner bäsin meinung, was er übell zfriden, sprach, ich wurde nüdt lärnen, und satzt den zeiger der rechten hand mitten in die linggen hand und sprach: „Als wenig wird der bůb lärnen, als ich den finger do durhin mag stossen.“ Das gsach ich und hortz. Sprach bäsin: „ä wär weiß? Gott hatt im sine gaben nit verseit; es mag noch ein frommer priester uß im werden.“ Fůrt mich also zů dem herren; was (gedenken) umb die 9 jar oder zechend halbs.

Do gieng es mier erst übell, den der herr was gar ein zornig man, ich aber ein ungeschikt puren bieblin. Der schlůg mich grusam übell, nam mich vill malen by den oren und zoch mich vom herd uff, das ich schrei, wie ein geiß am messer stäket, das offt die nachpuren über in schruwen, eb er mich welte mirden. By dem was ich nit lang. In der selben zyt kam einer, der was mier gschwisterget kind; der was den schůlen nachzogen gan Ulm und Minchen im Peierland; was ein Summermatter, mins alten großvatters suns sun; der selb student hieß Paulus Summermatter. Dem hatten mine frind von mier gesagt; verhieß inen, er wolt mich mit im nemmen und in Tütschland der schůll nach fierren. Do ich das vernam, fiell ich uff mine knüw und bad gott den almechtigen, das er mier von dem pfaffen hulfe, der mich schier gar nütz lart und aber jämerlich übell schlůg, dan ich hatt eben ein wenig lärnen singen, das salve und umb eier, mit andren schůleren, die ouch in dem dorff waren by dem pfaffen. Uff ein zyt wolten wier ouch mäß han; schikten mich die andren bůben in kilchen umb ein liecht; das stieß ich also brinnend in ermell, verbrand mich, das ich noch das anmall han.

Als nun Paulus wider wandlen wolt, solt ich zů im gan Stalden kummen. Innert Stalden ist ein huß, das heißet zmilibach; do wonet einer, hieß Simon zů der Summermatten, was miner můtter brůder; der solt min vogt sin. Der gab mier ein gold guldin; den trůg ich im hendlin byß gan Stalden, glůget offt under wägen, ob ich in noch hette; gab in dem Paulo. Also zugen wier zum land uß. Do mießt ich mier vor anhi heischen und minem pachanten, dem Paulo, ouch gen; dan von 〈wegen〉 miner einfeltigkeit und landlichen sprach gab man mier vill.

Als wier über den berg Grimßlen nachtz in ein wirtzhuß kammen, hatt ich nie kein kachell offen gsächen, und schein der man in kachlen. Do wond ich, es weri so ein groß kalb, dan ich gsach nůr zwo kachlen schinen; das meint ich die ougen sin. Morndes gsach ich gens, deren ich nie keini gsächen hatt; do meint ich, do sy so mich an pfiseten, es weri der tüfell und welte mich fressen; floch und schrei. Zů Lucern gsach ich die ersten ziegell tächer; do verwundret ich mich ab den rotten tächren. Kamen demnach gan Zürich; do wartet Paulus uff ettlich gsellen, die wolten mit uns in Missen ziechen. Die will gieng ich gan heischen, das ich den Paulum ouch schier zoch; dan wo ich in ein wirtzhuß kam, horten mich die lüt gären die Wallesser sprach reden und gaben mier gären. Do zmall was einer Zürich, der was von Löug uß Walles; was ein betrogner mensch, mit namen Carle, ein tüfell bschwerer, meint man, den er wußt zů allen zytten, was hin und wider für gieng; 〈was〉 dem cardinall woll bekant etc. Der selb Karle kam ein mall zů mier, dan wier waren in eim huß zherbrig; sprach zu mier, ich solt mier ein streich uff blossen ars lassen gen, er welt mier ein Zürich sechser gen. Ich ließ mich bereden. Do fasset er mich gar woll, leit mich über ein stůll und streich mich gar übell. Wie mich das verschmurtzt, bittet er mich, ich sölle im den sechser wider lichen; er welte mit der frowen znacht essen und manglete im an der irtin; gab im den sechser, ist mier nie wider worden.

Nach dem wier nun by 8 oder 9 wuchen uff gselschafft wartetend, zugen wier uff Missen zů. Was mier ein wytte reiß, als der des nit gwont hatt, so wyt zů ziechen, darzů underwägen zů 〈lůgen〉 essen uberkon; zogen also unser mit einandren 8 oder 9, dry klein schützen, die andren groß bacchanten, wie man sy dů nampt, under welchen ich der aller kleinst schütz was und iungst. Wen ich nit woll mocht zů gan, gieng min vetter Paulus nach mier mit der růtten oder stäklin, zwikt mich um die blossen bein, dan ich hatt kein hosen an und böse schülin. Weis ouch nit mer alle ding, wie es uns uff der straß ergangen sig; doch ettliche bin ich ingedenk, als namlich: wie wier uff der reiß waren und man dan allerlei redet, sagten die pachanten zamen, wie es in Missen und Schlese der bruch weri, das die schůler derfften gens und enten, ouch andre essige spyß, rouben, und dette man eim nütz drum, wen man dem entrunne, dessen ein ding gsin weri. Uff ein tag waren wier nit wyt von eim dorff; do was ein grosser huffen gensen by einandren und was der hirt nit darby (dan ein ieglich dorff hatt ein eignen gens hirt); der was zimlich wyt von gensen by dem kü hirt. Do fraget ich mine gsellen, die schützen: „Wen sind wier in Missen, das ich dörffe genß ztod werffen?“ Sprachen sy: „Jetz sind wier drin.“ Do nam ich ein stein, wirffen eini, traff sy an ein bein; die andren flugen darvon; die hinkend aber kond nit uff kummen. Do nim ich noch ein stein, draff sy an kopff, das sy niderfiell (dan ich hatt by den geissen woll lärnen werffen, das kein hirt mins alters über mich was; kond des glichen ouch das hirten horen blasen und mit dem stäken springen, dan in sömlichen künsten ůbt ich mich under minen mit hirten). Do lyff ich zů hin und erwutst die gans by dem kragen, und mit under das röklin, und gieng die straß durch das dorff. Do kam der genßhirt nachher geloffen, schriend im dorff: „Der bůb hat mier ein ganß geroubt!“ Ich und mine mit schützen fluchen, und hangent der gans die fieß unter dem röklin fürher. Die puren kamen herfür mit parten, die sy werfen konten, liffen uns nach. Do ich gsach, das ich nit mit der gans entrinnen mocht, ließ ich sy fallen; vor dem dorff sprang ich ab dem weg in ein gestüdt. Miner gsellen aber zwen liffen der straß nach; die erylten zwen puren; do fielen sy nider uff knü, begärten gnad, sy hetten inen kein schaden than; und 〈als〉 sy ouch die puren gsachen, das sy nit die waren, der gans hatt lassen fallen, giengen sy wider in das dorff, namen die gans. Ich aber gsach, wie sy minen gsellen nach geilt waren; was in grossen nötten und sprach zů mier selbs: „Ach got, ich gloub, ich hab mich hüt nüt gesägnet“ (wie man mich dan gelert hatt, ich solte mich alle morgent gsegnen). Wie die puren wider in das dorff kamen, funden sy unsre bacchanten im wirtzhuß (dann sy waren füranhi in das wirtzhuß gangen und kamen wier nacher); vermeinten, sy sölten gans zalen; weri etzwa umb 1½ batzen zů thůn gsin; weiß aber nit, öb sy sy zalt hand oder nit. Wie sy nun wider zů uns kamen, lachetten sy, fragtend, wie es gangen weri. Ich entschuldiget mich, vermeint, es weri so lantz bruch; sprachen sy, es weri noch nit zyt.

Ein ander mall kam ein mörder zů uns allen in eim wald, elff mill hiedisent Nürenberg; do waren wier all by einandren. Der wolt angentz nůn mit unsren bacchanten spilen, das er uns hinderte, byß das sine gsellen zamen kemmend. Do hatten wier gar ein redlichen gsellen, mit namen Anthoni Schalbetter uß Visperzenden uß Walles, der forcht 4 oder 5 nit, wie er den das zů der Nümburg und Minchen woll erzeigt hatt, und sunst an mer orten. Der selb tröwet dem mörder, er selte sich von uns machen; das dat er. Nun was es spatt, das wier bloß in das nechst dorff kummen mochten, und waren zwei wirtz huser do, sunst wenig hüser. Do wier in das ein kamen, was der mörder vor uns da und andre mer, an zwifell sine gsellen. Do wolten wier nit do bliben, giengen in das ander wirtzhuß; bald so koment sy ouch in das wirtzhuß. Als man nun znacht gessen hatt, was ieder so gschäfftig im huß, das man uns kleinen bůben nütz wolt gen (dan wier sassen nümmerg ztisch in zmall), wolt uns ouch nit niderfierren, sunder wier mießten im roßstall liegen. Als man aber die großen niderfieret, sprach Anthoni zum wirt: „Wirt, mich dunkt, du habest seltzam gest und sigest du nit vill besser; ich sagen dier, wirt, leg uns, das wier sicher sigen, oder wier wend dier ein wäsen machen, das dier das huß zů eng můß werden.“ Do begärten die schelmen angentz mit unsren gsellen zů spilenn im schachzabell (so nanten sy den schach; das wertlin hat ich nie ghört). Als man nun sy niderfůrt, ich und die andren kleinen bůben ungeessen im roßstall lagen, waren in der nacht ettlich, villicht der wirt selber, für kamer thür komen, hatt wellen uffschliessen; do hat Anthonius inwennig ein schruben ingeschrubet für das schloß, das bett an thür gerukt und ein liecht entschlagen, dan er hatt allen weg wax kertzen by im und ein fürzüg; hatt die andren gsellen schnell uffgewekt. Wie das die schelmen horten, sind sy gewichen; am morgend fundent wier weder wirt noch knecht. Das sagten sy uns bůben. Wier waren ouch all fro, das uns im stall nütz was geschächen. Nach dem wier ietz by einer mill gangen waren, kamen wier zů lütten, welche, als sy ghört, wo wier die nacht gsin waren, verwundret sy, das wier nit all ermirt waren, dan vast das gantz dörfflin verargwont war der mördery halb.

By einer vierteill einer mill by Nümburg waren aber unser grossen gsellen in eim dorff dohindenbliben (dan wen sy wolten zamend zeren, schiktend sy uns voranhi). Do waren unser fünff. Do kamend in wittem feld 8 uff rossen an uns, mit gspannen armbrusten, umbritten uns, begärten von uns gelt, karten die pfill gägend uns (dan do fůrt man noch kein büxen zů roß). Sprach einer: „Gebt gelt!“ Antwortet einer under uns, was zimlich groß: „Wier hand kein gelt, sind arm schůler.“ Sprach noch zwei mall: „Gebt gelt!“ So sagt unser gsell aber: „Wier hand kein gelt und gend üch kein gelt und sind üch nütz schuldig.“ Do zukt der rütter das schwärt, hüw im zů růr am kopf anhi, das er im die schnier uff dem püntell zerhüw. Unser gsell hieß Johannes von Schalen, von Visp uß dem dorff. Sy ritten darvon wider in ein holtz; wier aber giengen uff Nümburg zů. Bald kamen unser bacchanten; die hatten die schelmen nienert gesächen. Wier sind ouch sunst offt in gferden gsin der rütter und mörder halb, als im Türigerwald, im Frankenland, im Poland etc.

Zůr Nümburg bliben wier ettlich wuchen. Wier schützen giengen in der statt ettlich singen, die singen konden, ich aber gan heischen; giengen aber in kein schůl. Das wolten die andren nit liden, tröwten, uns in die schůll zů züchen. Der schůlmeister empot ouch unsren bacchanten, sy sölten in die schůl kummen oder man wurde sy reichen. Anthoni empot im wider, er mecht woll kummen, und als ettlich Schwitzer ouch do waren, die liessen uns wissen, uff welchen tag sy kummen wurdin, das sy uns nit unversächenlich überfielin. Do trůgen wier kleinen schützen stein uff das tach, Anthoni aber und die andren namen die thür in. Do kam der schůlmeister mit der gantzen proceß siner schützen und bacchanten; aber wier bůben wurffen mit steinen zů inen, das sy wichen mießten. Als wier nun vernamen, das wier vor der oberkeit verklagt waren, hatten wier ein nachpuren; wolt siner tochter ein man gen; der hatt ein stall mit gmesten gensen; dem namen wier nachtz 3 gens und zugen an das ander teill der statt; was ein vorstatt, aber an ringmuren, wie ouch das ort was, do wier byß har gsin waren. Do kamen die Schwitzer zů uns, zächten mit einandren, und zoch do unser purß uff Hall in Saxen zů und giengen in die schůll zů S. Uolrich. Als sich aber unsre bacchanten so ungebirlich mit uns hielten, wurden unser ettlich mit Paulo, minem vetter, zrad, von den bacchanten zů louffen, und zugen gan Träsen. Do was do selbst nit vast ein gůtte schůl und uff der schůll in den habitatzen voll lüß, das wier sy znacht im strow under uns ghorten kräßmen; brachen uff und zugen uff Präßlen zů, miesten vill hunger underwägen erliden, also das wier ettlich tag nütz den ziblen row gsaltzen assen, ettlich tag bratten eichlen, holtz öpfell und biren, manche nacht under heiterrem himel ligen, das man uns nienert by den hüsren wolt liden, wie frie wier umb herberg batten; etwen hetzt man die hünd an uns.

Do wier aber gan Präßlaw in die Schlesin kamen, do was alle völle, jo so wolfeill, das sich die armen schůler über assen und offt in grosse kranckheit fielen. Do giengen wier zum ersten im thům zum heiligen krütz in die schůll. Als wier aber vernammen, das in der obresten pfar zů S. Elizabeth ettlich Schwitzer waren, zugen wier do hin. Do waren zwen von Bremgarten, zwen von Melligen und ander, und vill Schwaben. Do was kein underscheid under Schwaben und Schwitzeren; sprachen ein andren zů wie lantzlüt, schirmten einander. Die statt Präßlen hat siben pfarren, iegliche ein bsundre schůl; dorfft kein schůler in des andren pfar gan singen, oder sy schruwen: „Ad idem! ad idem!“; so liffen den die schützen zamen und schlůgen einander gar übell. Es sind uff ein mall in der stat, wie man sagt, ettlich tusend bacchanten und schützen gsin, die sich all des almůsens ernarten; man sagt ouch, das ettlich 20, 30 jar und mer do werin gsin, die ire schützen hatten, die inen praesentierten. Ich han minen bacchanten offt eins abentz 5 oder 6 trachten heim uff die schůl tragen, do sy dan wonten; man gab mier ouch vast gären, drum das ich klein was und ein Schwitzer; dan man hatt die Schwitzer vast lieb, drumb man dan ein groß mittliden hat mit den Schwitzeren, das sy eben zů der zyt in der grossen Meilander schlacht übell gelitten hatten, das der gmein man sagt: „Jetz hand die Schwitzer ir best pater noster verloren“ (dan vorhin meint man, sy werin schier unüberwintlich).

Uff ein tag kam ich uff dem markt zů zweien herren oder junkerren (vernam darnach, das der ein Bentzenower hieß, der ander was ein Fucker); die spacierten do; von dänen begärt ich ein almůsen, wie armeschůler do ein bruch hatten. Sprach der Fugger zů mir: „Wannen bist?“ Und wie er hort, das ich ein Schwitzer was, underret er sich mit dem Bentzenower, sprach darnach zů mier: „Bistu aber gwiß ein Schwitzer, so will ich dich uffnämen für min sun, will dier das versichren vor dem rad hie zů Präßlen, und solt dich aber versprächen din läben lang by mier zů sin, wo ich bin, uff mich warten.“ Sprach ich: „Ich bin eim in mim heimand empfolen; den will ich drum fragen.“ Als ich aber minen vettren Paulum drum fraget, sprach er: „Ich han dich von heimant gfiert; will dich den dinen wider überantwurten. Was sy dich dan heissend, das thů.“ Also schlůg ichs dem Fugger ab; aber als offt ich für sin huß kam, ließ man mich nit lär hin gan.

Bleib also ein zytlang do; ward eins winters dry mall krank, das man mich můßt in spitall fierren. Die schůler hand ein bsundrigen spitall und eigne doctor; do gibt man uff dem radhuß von eim ein wuchen 16 haller; daruß erhalt man ein gar woll, hand gůtte wardt, gůtte bette, aber groß lüß drin wie ziliger hanff samen, das ich vill lieber in der stuben (wie mancher mer) uff dem herdt lag den in den betten. Die schůler und bacchanten, jo ouch zů zytten der gmein man, sind so voll lüsen, das nit gloubar ist; ich hette schier, als offt man gwelt hette, dry lüß mit einandren uß dem bůsen zogen; bin ouch offtermall, bsunder im summer, ußhi an die Ader (das wasser, das do für flüßt) gangen, min hembdlin gwäschen, an ein studen gehenkt, getröcht, darzwischend den rok geluset, ein grůben gmacht, ein huffen lüß drin geworffen, zů gedekt mit hert und ein krütz druff gestekt. Den winter ligend die schützen uff dem herd in der schůll, bacchanten aber in den kämerlinen, deren zů S. Elizabeth ettlich hundert waren; den summer aber, wen es heiß was, lagend wier uff dem kilchhoff, trůgen graß zamen, das man in summer in den herren gassen für die hüser am samßtag spreittet; das trůgen ettlich an ein ertlin zamen uff dem kilchhoff, lagen drin wie die süw in der ströwe; wen es aber rägnet, liffen wier in die schůll, und wen es ungwitter was, so sungen wier schier die gantzen nacht responsoria und ander mit dem subcantore. Etzwen giengen wier im summer nach dem nachtmall in die bier hüser, gan bier heischen; do gaben uns die vollen Poläggen puren bier, das ich offt mit unwissen so voll bin worden, das ich nit han wider zů der schůll können kummen, wen ich schon nůr by eim steinwurff wyt von der schůll was. Summa: do was narung gnůg, aber man studiert nit vill.

In der schůll zů S. Elizabeth lasen alwägen eins mals, zů einer stund, in einer stuben, 9 baccalaurii; ward doch graeca lingwa noch nienert im land 〈glert〉; des glichen hatt niemand noch kein truckte biecher; alein der praeceptor hat ein trukten Terentium. Was man laß, můßt man erstlich dictierren, den distingwieren, den construieren, zů letst erst exponieren, das die bacchanten grosse scarteken mit inen heim hatten zů tragen, wen sy hinweg zugen.

Von dannen zugen unser 8 wider hinweg uff Träsen zů; kamen wider, das wier aber grossen hunger litten. Do wurden wier rättig, uns ein tag zů teillen: ettlich solten umb gens sächen, ettlich umb rüben und ziblen, einer umb ein hafen, wier kleinen aber in die statt Nüwmark gan, die nit wit von dannen was uff der straaß, und solten umb brot und saltz lůgen, uff den abend vor der stadt wider zamen kummen; so welten wier ussert der stat zläger schlachen, kochen, was wier den hetten. Do was ein buchsen schutz von der statt ein brunnen; do wolten wier die nacht bliben; aber wie man in der statt das für gesächen hatt, schoß man zů unß heruß, draffen doch nit. Do wichen wier hinder ein rein zů eim wässerlin und wäldlin; die grossen gsellen hüwen studen ab, machten ein hütten; ein teill rupfft die genß, deren hatten wier zwo, andre rusten rüben in hafen, datten den kopff und füß, item die dären drin, andre machten zwon hültzen spiß, fiengen an brotten, und wo es ein wenig rott was, hüwen wiers am spiß ab und assens, also ouch die rüben. In der nacht horten wier etzwas schnättren; do was näbend uns ein wiger, hat man im tag abgelassen, und sprungen dfisch uff dem můr. Do namen wier visch, als vill als wier in eim hembd an eim stäken tragen mochten, und zugen darvon, byß in ein dorff; do gaben wier eim puren visch, das er uns die andren in bier kochet.

Als wier nun wider gan Träsen kamen, do schicket unser ettlich bůben der schulmeister und unsre bacchanten uß, wier solten umb ettlich gens lůgen. Do wurden wier eins, ich solt gens werffen, sy aber solten gens nämen und enweg tragen. Nachdem wier nun ein huffen gens funden und sy uns hand ersächen, sind sy uffgeflogen. Do han ich ein klein bengelin ghan, under sy geworffen in lufft, han eini troffen, das sy herab gefallen. Als aber mine gsellen den gens hirten ersächen hand, dorfften sy nit zůhi louffen, hetten sy doch dem hirten woll mögen vorlouffen. Do liessen sich die andren wider nider, stůnden umb die gans, gagageten, als sprächen sy iren zů; stůnd wider uff und gieng mit den andren darvon. Ich was über mine gsellen übell zů friden, das sy irem zůsagen nit genůg than hatten; aber sy hůlten sich demnach baß, dan wier brachten zwo gens darvon; die verzächten die bacchanten mit dem schůlmeister zletze, und zugen do darvon uff Nürnberg zů und dannen uff Minchen.

Underwägen, nit wyt von Träsen, hatt sich zůtragen, das ich in eim dorff gieng heischen, kam für eins puren huß; fraget mich der pur, wannen ich were. Do er gehört, ich weri ein Schwitzer, sprach er, öb ich nit mer gsellen hette; sagt ich: „Mine gsellen warten minen vor dem dorff.“ Sagt er: „Heiß sy kummen“, rust uns ein gůt mall zů, darzů bier zů trinken gnůg. Als wier gůtter dingen waren und der pur mit uns, do lag sin můtter im bett in der stuben. Zů deren sprach der sun: „Můtter, ich han offt von dier gehört, du weltest gären vor dim todt ein Schwitzer sächen; do sichst ettlich, dan dier zlieb han ich sy geladen.“ Do richtet sich die můtter uff, danket dem sun von wägen der gesten, sprächend: „Ich han so vill gůtz von den Schwitzeren herren sagen, das ich io gären han begärt, ein zů sächen. Mich dunkt, ich well ietz dester lieber sterben; drumb sind frölich“, und ließ sich wieder nider. Wier danktendt dem puren, zugen damit darvon.

Als wier schier gan Minchen kamen, was zů spat, das wier nit in die stadt mochtend; mießtend by den feldsiechen übernacht sin. Do wier morgens zum thor kamen, wolt man uns nit inlassen, wier hettend den ein bürgen in der staat, den wier kandtend. Do was min vetter Paulus vorhin zů Minchen gsin; dem ward erloubt, den zů reichen, by welchem er zherberg gsin; der kam, versprach für uns; do ließ man uns in. Do kam ich und Paulus zů eim seiffensieder, mit namen Hans Schräll; was magister Viennensis, was aber dem pfaffenwerch fiend; nam ein schöne dochter (welcher do nach vill jaren mit siner frowen herr gan Basell kummen ist und hie ouch sin gwerb triben, welcher noch vill lütten hie bekant). Dem selben meister halff ich mer seiffen sieden, den ich in die schůl gienge, und zoch mit im in die dörffer gan äschen kouffen. Paulus aber gieng in der pfar zů unser frowen in die schůll, so ouch ich, aber sälten, alein drumb, das ich dörffte uff der gassen umb brott singen und minem bacchanten, dem Paulo, praesentieren, das ist zů ässen zů tragen. Die frow im huß hatt mich vast lieb, dan sy hatt ein alten schwartzen blinden hund, der hatt kein zan mer; dem můßt ich zů ässen gen, im betten und im hoff fierren gan etc. Sprach sy alle zyt: „Tömlin, thů mier mim bätzlin das best; du můst sin gniessen.“

Do wier do ein zyt lang waren, wolt Paulus zfill kundschafft mit der iungfrowen machen; das mocht der meister nit liden. Ward Paulus zrad, wier weltend ein mall heim zien, dan wier waren in fünff jaren nit heim gsin. Zugen also heim in Walleß. Do konden mich mine frind schier nit mer verstan, sprachen: „Unsers Tomilin red so tieff, das in schier niemantz verstan kan“ (dan die will ich iung was, hatt ich von ieglicher sprach etzwas gelärnet, do ich die will gsin was). In der zyt hatt min můtter aber ein andren man überkummen, dan der Heintzman am Grund was gestorben; hatt an Terminen einen gnummen, hies Thoman an Gärsteren, der halben ich aber nit vill zů flucht by iren hatt; was vast by minen bäßlinen, doch am meisten by mim vetter Simon Summermatter und bäslin Fransy.

Bald hernach zugen wier wider darvon, uff Ulm zů. Do nam Paulus noch ein bůben mit im, der hieß Hiltebrandus Kalbermatter, eins pfaffen sůn, was ouch noch iung; dem gab man tůch, wie man das macht im land, zů eim röklin. Als wier gan Ulm kamen, hieß mich Paulus mit dem tůch umbher gan, den macherlon darzů heischen; mit dem überkam ich vill gält, dan ich hatt das gutzlen und bättlen woll gewont, dan darzů hatten mich die bacchanten angentz brucht, gar nit zů den schůlen zogen und nůr nit gelert läsen, nachdem ich sälten in die schůll gieng und angentz, wen man in dschůll solt gan, mit dem tůch umb gieng. Do han ich grossen hunger ghan; dan alles, was ich überkam, bracht ich den bacchanten; ich hette nit ein bitzlin geessen, den ich forcht das strichen. Paulus hat ein andren bacchanten zů im gnon, hieß Achacius, was von Mentz; denen mießt ich und min gsell Hildeprant praesentierren; aber min gsell fraß schier als. Dem giengen sy uff der gassen nach, das sy in essend fundent, oder sy hiessen in das mull mit wasser schwenken und in ein schüsslen mit wasser speitzen, das sy sächen, öb er etzwas gfrässen hette; den wurffen sy in in ein bett, und ein küssin uff den kopff, das er nit schrien möchte, schlůgen in dick bed bacchanten, das sy nüt mer mochten. Dorumb forcht ich mich, bracht alle ding heim; hatten offt so vill brot, das es graw ward; do schnitten sy den ußwendig das graw ab, gabens uns zů essen. Do han ich offt grossen hunger ghan und bin übel erfroren, drumb das ich offt byß umb mitte nacht in der finstre han miessen umbher gan singen umb brot. Do mag ich nit fürgan, můß anzeigen, wie zů Ulm ein fromme witwen was; hat zwo erwaxen döchtren, die noch kein man hatten, ouch ein sun, hieß Paulus Reling, 〈hatt〉 ouch noch kein wib. Die witwen hat mier offt im winter mine fieß in ein warmen beltz bletz gewigglet, den sy hinder den ofen gelegt hatt, wen ich kem, das sy mier mine füß wermette, und gab mier den ein schusslen mit můß; ließ mich den heim faren. Ich han woll hunger gehept, das ich den hunden bein uff der gassen han abgeiagt, die genaget, item broßmen in der schůll uß den kleken gesůcht und geessen.

Demnach sind wier wider gan Minchen zogen; han da ouch miessen denn macherlon vom tůch, das doch nit min was, bättlen. Ueber ein jar kammen wier noch ein mall gan Ulm, im willen, aber ein mall heim zů ziechen; bracht aber das tůch wider mit mier und hiesch den macherlon. Do bin ich woll ingedenk, das ettlich zů mier sagten: „Botz marter! ist der rock noch nit gemacht? Ich gloube, du gangest mit bůben werch umb.“ Zugen also von dannen; weiß nit, wo das tůch hin kam, oder öb der rok gemacht sige worden oder nit.

Kamen aber ein mall heim und von dannen wider gan Minchen. Als wier uff ein suntag dohin kammen, hatten die bacchanten herberg, unser aber dry kleinne schützen keine; wolten gägend nacht in schrangen (das ist kornmarkt) gan liggen uff die koren seck. Do sassen ettliche wiber by dem saltzhuß an der gassen, fragten, wo wier hin welten, und do sy horten, das wier kein herbrig hatten, was ein metzgeri do; do die hort, das wier Schwitzer waren, sagt sy zů der jungfrowen: „Louff, henk den hafen mit der suppen und fleisch uber, das uns über ist bliben; sy můssen by mier über nacht sin; ich bin allen Schwitzeren hold; ich han zů Ißbrug in eim wirtzhuß gedient, do keiser Maximilianus do hoff hatt gehalten; do hand die Schwitzer vill mit im zů schaffen ghan, sind so frindlich gsin, das ich inen min läben lang will hold sin.“ Die gab uns gnůg zů essen und drinken, legt uns woll. Morndes sprach sy zů uns: „Wen üwer einer by mier welt sin, ich welt im herberg, zů essen und drinken gen.“ Wier waren all willig, fragten, welchen sy welte, und wie sy uns besichtiget, was ich etzwas frävener den die andren; ich hatt mer erfaren den die andren. Do nam sy mich, und bedorfft iren nütz zů thůn, dan bier reichen und die hüt und fleisch uß der metzg reichen, item etzwan mit iren uff das feld gan, mießt aber doch dem bacchanten praesentieren. Das hatt die frow nit gärn, sprach zů mier: „Botz marter! laß den pacchanten faren und byß by mier; du bedarffst doch nütz zů bättlen.“ Kam also in 8 tagen weder zů dem bacchanten noch in die schůll. Do kam er, klopfft an der metzgeri huß; do sprach sy zů mier: „Din bacchant ist do; sag, du sigist krank“, und ließ in in, sagt zů im: „Ier sind werlich ein finer herr; mechtend doch glůgt han, was Thoman dätte? Er ist krank gsin und noch.“ Sprach er: „Es ist mier leid, bůb; wen du wider uß magst gan, so kum zů mier“ etc. Darnach an eim suntag gieng ich in die vesper; sagt er nach der vesper zů mier: „Du, schütz, du kumpst nit zů mier; ich will dich ein mall mit fiessen drätten.“ Do nam ich mier für, er mießte mich nit mer drätten, gedacht hinweg zů louffen. Am montag sagt ich zů der metzgerin: „Ich will in die schůl und will mine hembdlin zů wäschen gen“; dorfft iren nit sagen, was ich im sin hatt, dan ich forcht, sy wurde es von mier sagen.

Fůr also mit trurigem hertzen von Minchen, zum teill, das ich von minem vetter lieff, mit dem ich so wyt umbher zogen was und mier aber so hart was und unbarmmhertzig; so row mich ouch die metzgerin, die mich so frintlich gehalten hatt. Zoch also über den fluß Iser ußhi (dan ich forcht, wen ich gägend dem Schwitzerland zů gienge, Paulus wurde mier nach zůchen, dan er mier und den andren offt getröwt hat, welcher hinweg liffe, so welte er im nachzüchen, und wo er im wurde, alle fieri abschlachen). Enent der Iser ist ein bühell; do satzt ich mich, gsach die statt an und weinet innenglich, das ich ietz niemantz mer hette, der sich minen anneme; gedacht gan Saltzburg oder gan Wien in Oesterrich zů ziechen. Als ich do saß, kumpt ein pur mit eim wagen, hatt saltz gan Minchen gfiert; der was schon voll, und was doch erst dsun uffgangen. Den bad ich, er solt mich lassen uffsitzen; mit dem fůr ich, byß das er usspien, den rossen und sich zů fůtren. Darzwischend hiesch ich im dorff, und nit wyt vom dorff wartet ich uff in und entschlieff. Als ich erwachet, weinet ich aber herzlich, dan ich meint, der pur weri für gefaren; mich bedůcht, ich hette min vatter verloren. Bald so kumpt er, was aber voll, hieß mich wider uff sitzen, fraget, wo ich hin welte. Sprach ich: „Gan Saltzburg.“ Als es nun abend was, fůr er ab der selben straß, sprach: „Stig ab! do ged die straß uff Salzburg“; waren den selben tag 8 mill gefaren. Kam in ein dorff. Als ich morgentz uffstůnd, was ein ryffen, als wen es geschnit hette, und hatt ich kein schů, alein zerrißne strimpfli, kein barret, ein iupplin an feld. Zoch also uff Passow zů; wolt do uff Donow sitzen und uff Wien zů. Als ich gan Passow kam, wolt man mich nit inlassen. Do gedacht ich, gägend dem Schwitzerland zů ziechen, fraged den torwächter, wo ich am nächsten gägend dem Schwitzerland mecht ziechen. Sprach er: „Gan Minchen.“ Ich sagt: „Gan Minchen will ich nit, will ehe 10 mil wegs oder noch witter umbziechen.“ Do wyß er mich gan Frisigen zů; do ist ouch ein hohe schůll. Do fand ich Schwitzer; die fragten mich, wannen ich kem etc. Eb zwen tag hin waren oder dry, kam Paulus mit einer halabarten. Die schützen sagten zů mier: „Din bacchant von Minchen ist hie und sůcht dich.“ Do lyff ich zum thor uß, als wen er hinden an mier gsin were, und zoch uff Ulm zů und kam zů miner sattlerin, die mier etzwen dfieß im beltz blätz gewärmpt hatt; die nam mich an, ich solt iren die rüben hietten uff dem feld. Das datt ich und gieng in kein schůll. Uber ettlich wuchen kumpt einer zů mier, der des Paulins gsell gsin was, der spricht: „Din vetter Pauli ist hie und sůcht dich.“ Do was er mier 18 mill nachzogen, den er hatt ein gůtte pfrůnd mit mier verloren: ich hatt in ettlich jar ernert. Do ich das aber hort, wie woll es schier nacht was, liff ich zum thor uß uff Costentz zů und weinet aber innenglich, dan die lieb frow row mich gar übell.

Do ich schier gan Merspurg kam, kam ich zů eim steinmetzen, der was ein Turgöwer. Kam uns ein iunger pur entgägend; spricht der steinmetz zů mier: „Der pur můß uns gelt gen.“ Spricht zů im: „Pur, gib gelt, oder – semmer botz schrunden!“ etc. Der pur erschrak, mier was ouch angst, hett gwelt, ich weri nienert do gsin. Der pur fieng an, den sekell fürher zien. Sprach der steinmetz: „Byß zů friden; ich han nůr mit dier gespottet.“ Kam also uber see gan Costantz. Do ich über brug ußhe gieng und ettliche Schwitzer pürlin in wissen iüpplinen gsach, ach min gott, wie was ich so fro; ich meint, ich weri im himelrich. Kam gan Zürich. Do waren Wallesser, groß bacchanten; denen erbod ich mich zů praesentieren, sy solten mich aber leren; das tadten 〈sy〉 aber wie ouch die andren. Do zmall was ouch der cardinall Zürich; der bület umb Züricher, sy sölten mit im zum bapst zien; im was aber mer umb das Meiland zů thůn, wie sich das hernach erzeigt hatt. Nach ettlich moneten schickt Paulus von Minchen sin schützen, den Hilpranden, ich solt wider kummen, er wolt mier verzichen; aber ich wolt nit, sunder bleib Zürich, studiert aber nüdt.

Do was einer von Walles, von Visp, hieß Anthonius Venetz, der wiglet mich uff, wier welten mit einandren gan Straßburg zien. Do wier gan Straßburg kamen, waren gar vill armer schůler do, und wie man sagt, nit ein gůtte schůll; aber zů Schletstatt, do weri gar ein gůtte schůll. Zugen uff Schletstatt zů. Do bekam uns ein edelman, fraget: „Wo uß?“ Do er hort, das wier gan Schletstat wolten, mißriet ers uns: es werin do gar vill armer schůler und nit rich lüt etc. Do fieng min gsell an bitterlich weinen: „Wo nun uß?“ Ich trost in und sprach: „Byß woll zmůt; ist einer zů Schletstatt, der sich alein mag erneren, so will ich uns bed erneren.“ Als wier by einer mill von Schletstatt waren zů herberg in eim dorff, ward mier we, das ich wond, ich miesti erstiken, hatt schier kein atten; hatt sovill grienner nussen gessen, dan sy fiellen umb die zyt ab. Do weinet min gsell aber, vermeint, er wurde sin gsellen verlieren; so wüste er nit, wo uß, und hatt er denecht 10 cronen by im heimlich, ich aber nit ein haller.

Do wier nun in die statt kamen und herberg hatten by eim alten par evolk (und was der man stokblind), do giengen wier zů minem lieben herren praeceptore sälig, herr Johannes Sapidus, batten in, er solt uns annämen. Fragt uns, wannen wier werin. Als wier sagtend: „Uß dem Schwitzerland, von Walles“, sprach er: „Do sind liden böß puren, iöikend all ire bischoff uß dem land. So ier weidlich wend studierren, dörffend ier mier nütz zgen; wo nit, so miessend ier mich zalen, oder ich will üch den rok ab dem lyb zien.“ Das was die erst schůll, do mich důcht, das recht zů gieng. Zů der zyt giengen die studia und linguae uff; ist in dem jar gsin, do der richstag zů Wurms ist gsin. Sapidus hatt eins mals 900 discipulos, ettlich fin glerte gsellen; do was do zůmall doctor Hier. Gemusaeus, doctor Johannes Hůberus und sunst vill ander, die sidhar doctores und verriempte menner worden sind.

Als ich nun in die schůll kam, kond ich nüd, noch nit den Donat läsen (waß doch 18 ior schon alt), satzt mich under die kleinnen kind, was äben wie ein gluggerin under den hünlinen. Uff ein tag laß Sapidus sine discipulos, sprach: „Ich hann vill barbara nomina; ich můß 〈sy〉 einmall ein wenig latinisch machen.“ Hernach laß ers aber. Do hatt er mich uff geschriben erstlich Thomas Platter, min gsellen Antonius Venetz; die hat er vertiert Thomas Platerus, Antonius Venetus und sprach: „Wär sind die zwen?“ Do wier uffstůnden, sprach er: „Pfüdich! sind das so zwen rüdig schützen und hand so hüpsch namen!“ Und das was ouch zum teill war, in sunders min gsell, der was so rüdig, das ich im manchen morgend mießt das linlachen ab dem lyb, wie ein hud von einer geiß, abzüchen, dan ich hatt fremdtz lufftz und spyß bas gewont dan er.

Do wier ietz vom herbst byß uff pfingsten do waren und noch immer mer schůler allenthalben zů rysten, kond ich uns nit woll mer erneren; zugen hinweg gan Soloturen. Do was ein zimliche gůtte schůll, ouch bessre narung; aber man můßt so gar vill in der kilchen stäken und zyt versumen, das wier heimzugen. Und bleib ich ein will do heimand, gieng zů eim herren zschůll; der lart mich ein wenig schriben und anders, ich weiß schier nit was. Uberkam das kalt we; was an Grenchen by miner bäsin Fransi. In der selben zyt lart ich miner andren bäsin bieblin (das hieß Simon Steiner) das a b c in einem tag, welcher darnach über ein jar zů mier gan Zürich kam, studiert nach und nach, das er gan Straßburg kam; ward D. Buceri famulus, studiert, das er praeceptor ward 3ae classis und demnach 2ae classis, byß er zwei wiber gehapt und gestorben ist, mit grosser klag der schůl zů Straßburg.

Uff dem nach genden frieling zoch ich mit zweien briedren wider uß dem land. Als wier der můtter wolten gnaden, do weinet si und sprach: „Das gott miesse erbarmen, das ich do dry sün můß sächen in das ellend gan“ etc. Sunst han ich min můtter nie gsächen weinen, dan sy ein dapfer manlich wib was, aber ruch; dan als iren ouch der dritt man starb, bleib sy ein witwen, datt alle arbeit wie ein man, das sy die letsten kind, by dem man überkummen, dester baß mechte erziechen. Sy howet, trasch und 〈datt〉 andre arbeitten, die mer den mannen zů ghorten den den wibren; hat ouch derselben kinder dry selber vergraben, als sy in einer gar grossen pestelentz gestorben waren; dan in der pestelentz mit dem tottengribell vergraben gar vill kostet. Sy was ouch gägend uns ersten kinden gar ruch, darumb wier den iren selten zhuß kamen. Uff ein zytt was ich, wie ich mein, in fünff jaren nit by iren gsin und wyt umbeinander getzogen in ferren landen; kam zů iren; was das erst wort, das sy zů mier sagt: „Hatt dich der tüfel aber zůher getragen?“ Antwurtet ich: „E nein, můtter, der tüfell hatt mich nit zůher tragen, sunder mine füß; ich will üch nit lang überlägen sin.“ Sprach sy: „Du bist mier nit überlägen; alein verdrüßt mich, das du so hin und wider schlumpest, an zwifell nütt lernest; lartest du werchen, wie din vatter sälig ouch than hatt! Du wirst doch kein priester; ich bin nit so sälig, das ich ein priester erzieche.“ Bleib also 2 oder 3 tag by iren. An eim morgent was ein grosser ryff, als man laß, uff trübell gfallen; do halff ich iren läsen und aaß der gefrornen trübell, das mich das krimmen an kam, das ich alle fiere von mier strakt, meint, ich mießte zersprungen sin. Do stůnd sy vor mier und lachet, sprach: „Wilt gären, so zerspring; worumb hastz gessen?“ Andre vill stuken mer mecht ich an zeigen irer rüchin; sunst was sy ein erlich, redlich, from wib; das hatt iederman von iren gesagt und sy gelobet.

Do ich nun mit minen zwei briedren hinweg zoch und wier über den Letschenberg giengen gägend Gastren, satztend sich mine brieder in den stozenden orten uff den schnee und fůren den berg ab. Ich wolt das ouch tůn, und wie ich bein nit glich von einandren datt, warff mich der schnee umb, das ich mit dem kopff 〈voranhi〉 uff dem ruggen den berg ab fůr; wer kein wunder gsin, ich wer mit dem kopff an ein boum ztodt gfaren; den do waren kein felsen. Das beschach mier zum dritten mall, das ich mit dem kopff voranhi uff dem ruggen den rein nider schoß und mier der schnee huffechtig uff das antlit fiell; vermeint immerdar, ich wetz alls woll künnen als mine brieder; aber sy hattend der bergen baß gewont den ich.

So fůren wier mit einandren darvon, und bliben sy zwen im Entelbůch, ich aber gieng gan Zürich. Do waß ich zherberg by des wytverriempten, frommen und gelerten herren Růdolphi Gualtheri můtter (der ietz Zürich zů S. Peter pfarherr ist; do lag er in der wiegen, das ich in offt gewaget han) und gieng zum frowen minster in die schůll. Do was ein schůlmeister, der hieß meister Wolffgang Knöwell von Barr by Zug, was magister Parrisiensis, den man zů Paryß genempt hatt Gran Diabell. Er was ein grosser redlich man, hatt aber der schůll nit vill acht, lůgt mer, wo die hüpschen meitlin waren, vor denen er sich kum erweren mocht etc. Ich hette gären gestudiert, dan ich kond verstan, das zyt war.

In der selben zyt seidt man, aes wurde ein schůlmeister von Einsidlen kummen, der weri vorhin zů Lucärn gsin, ein gar gelerter man und trüwer schůlmeister, aber grusam wunderlich. Do macht ich mier ein sitz in eim winkell, nit wyt von des schůlmeister stůll, und gedacht: in dem winkell wilt studierren oder sterben. Als der nun kam und anstůnd, gieng 〈er〉 in die schůll zum frowen minster; sprach er: „Das ist ein hüpsche schůll (dan sy was erst kürtzlich nüw gebuwen); aber mich bedunkt, äs sigind ungeschikte knaben. Doch wellen wier lůgen; kerrend nů gůtten flyß an.“ Do weiß ich, hette äs mier min läben golten, ich hätte nit ein nomen 1ae declinationis können declinieren, kond doch den Donatt uff dem nägelin ußwendig; dan do ich zů Schletstat was, hatt Sapidus ein baccalaurium, hieß Georgius ab Andlow, was ein lediger von Andlow, gar ein glerter gsell, der vexiert die bacchanten so iämerlich übell mit dem Donat, das ich gedacht: ist es den so ein gůt bůch, so wiltz uswendig studierren, und in dem, das ichs lart läsen, studiert ich in ouch ußwendig. Das kam mier by dem patre Myconio woll; där, als er anstůnd, laß er uns den Terentium; do mießten wier alle wertlin, ein gantze commoedi, declinierren und coniugierren. Do ist er offt mit mier umbgangen, das min hembdlin naß ist worden, io ouch die gsicht ist vergangen, und 〈hat mier〉 doch nie kein streich gen, den einest mit der lätzen hand an baggen. Aer laß ouch in der heiligen geschrifft, das ouch vill leien die selben stunden drin giengen, dan es was im anfang, das das liecht des heiligen evangelii wolt uffgan, und hat man doch noch lang mäß und die götzen in der kilchen. Wen er aber schon ruch mit mier was, fürt er mich den heim und gab mier zů essen, dan er ghort mich gären sagen, wie ich alle land was usgeliffen in Tütschland, und wie es mier allenthalb ergangen was; das wußt ich do zmall woll.

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Quelle: Thomas Platter: Lebensbeschreibung. Herausgegeben von Alfred Hartmann. 3. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Ueli Dill, mit einem Nachwort von Holger Jacob-Friesen. Basel: Schwabe Verlag, 2006, S. 23-61. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Schwabe Verlags, Basel.