Kurzbeschreibung

Flugblätter wie dieses kursierten in der frühen Neuzeit, als religiöse Veränderungen, soziale Umbrüche und politische Umwälzungen die Ängste vor satanischen Mächten, ungebärdigen Frauen und geistiger Verderbnis verstärkten. Sie sprachen ein breites Spektrum von Menschen an und verdeutlichen sowohl die Ängste vor Hexen als auch die Anziehungskraft, welche Hexengeschichten auf weite Teile der Gesellschaft ausübten. Während einige Flugblätter sich auf bestimmte Hexenprozesse oder auf theologische Werke zur Dämonologie stützten, listet dieses Beispiel aus Trier die Verbrechen der Hexen und ihre vermeintlichen satanischen Kräfte auf. Es beinhaltet einige häufige Themen in derartigen Flugblättern, darunter ungebändigte weibliche Sexualität und Nacktheit sowie die Fähigkeit zu fliegen, die im frühneuzeitlichen Europa niemand besaß.

Hexenglauben: „Hort an new schrecklich abenthewr“ (um 1600)

Quelle

Hort an new schrecklich abenthewr

Von den unholden ungehewr:

Im Bistumb Trier, unde ander statt

Man ihrer vil gefngen hat,

Welche man auch nach Gottes gebot

Vom Leben hat gericht zum dot.

Was ihr nun hie thut sehn und lesen

Ihr eigen bekenntnus ist gewesen:

a) Etlich auf bessemen in der lufft

Farn uber hoghe berg und klufft.

b) Das ist ihr Konig gros und werth,

Und uf eim gulden wagen fehrt.

c) Dis ist ihr dantz: ein krot vergifft

Hogst oben auf der sewlen ligt.

d) Weil diese nit uf den dantzplatz will

Koment der andern hexen vil

Und schwipen sie mit ruten fort,

Ein dot pferdt reit sie an das ort.

e) Dis sindt Character mancherlej

Gehorig zu der zawberej.

Zwischen den katzen ein dote hand

Druff etlich kertzen stehn im brandt.

f) Ein ungewitter machents geschwin,

Das haws brent, und es hagelt drin.

g) Der zechplatz und ihr spilman gut

Uff eim baum oben sitzen thut:

Die reichen sauffen aus gulden kopffen,

Aus kuklawen die armen tropfen.

h) Die lernts, wirdt unden bschoren hie,

Und steht der bock und wart uff sie.

Die jhexen so naturlich sindt

Gestorben, werden hie verbrendt.

In diesem brenkessel steht ein becken

Drin allerlej materj stecken,

Gehorig zu der zawberej.

k) Der schreiber so uffzeichnet frej,

Wie vil zum schornsteinfliegen aus.

l) Ein versamlung ist vor diesem haws

Der verstorbenen zawberin,

Somit wolln uff den dantzplatz hin,

Und ist ihr Konig bej jnn.

m) Ein Doctor in der schwartzen kunst studirendt.

n) Diese nit umb sunst

Sitzendt uff diesen doten rossen,

Lernent auch die zawbrisch bossen.

Die ein hie stehendt sehr gekrenckt

Under den armen wirdt gesengkt.

o) Rentmeister und Secretarius

Die krot und katz sindt ohn verdrus.

p) Der bock im buch nachsucht geschwin

Wo das er wird gewisen hin

Zu faren mit dieser person.

q) Und sitzt in diesem circkel schon

Ein warsager und zeichendewter,

Und nachforscher der zawbrich kreuter.

Vil gleicher Tewflisch bossen mehr,

Die jch nit halb kan setzen hehr.

Ein jeder Gottes zorn bedenck,

Und faren lass des Sathans schwenck.

Das jn das ewig fewr nit krenck.

Quelle: Flugblatt, um 1600. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 31.8 Aug. 2°, fol. 398, http://diglib.hab.de/drucke/31-8-aug-2f-398r/start.htm?image=00001

HAB Wolfenbüttel