Kurzbeschreibung

Während sich die Reformationen, sowohl die protestantische als auch die katholische, im 16. Jahrhundert ausbreiteten, begannen die Schweizer Behörden zunehmend, den Einfluss der Täuferbewegung zu fürchten. In der Schweiz, wo die Täufer aus Zwinglis Reformbemühungen hervorgingen, verfolgte die Obrigkeit die Täufer und vertrieben viele aus der Region. Dieser Erlass spiegelt gängige Strategien wider, die im Umgang mit den „Wiedertäufern“ angewendet wurden, darunter eine Reihe von Disziplinarmaßnahmen, die von Geldstrafen und Verbannung bis hin zu Folter und Tod reichten. Dieser gegen die Täufer gerichtete Erlass gibt zudem Einblick in einige der weit verbreiteten Ängste und Sorgen der damaligen Zeit, darunter die Furcht vor religiöser Kontaminierung durch Nonkonformisten, Bedenken hinsichtlich des Kirchenbesuchs und der klerikalen Disziplin, der vermeintlichen geistlichen Schwäche der Frauen und den Gefahren von interkonfessionellen Mischehen.

Neues Täufermandat der Schweiz (25. Oktober 1585)

Quelle

R und B schreiben --- unseren --- kilchendieneren, ober und under amptlüten, ouch unseren underthanen, zůgehörigen und verwandten in unseren stetten, graffschafften, herrschafften, landen, grichten und gepietten wonhafft und gesässen ---

[1.] Wie wol in gemeynem rächten geordnet--- , das keiner, so ein mal nach christenlicher ordnung getoufft worden ist, sich wdderumb zum anderen oder zweyten mal touffen lassen, noch yemandts den andern söllicher wyß touffen soll, und wir daruff anfangs, ouch sidthar unser christenlichen reformation der nüw yngerißnen irrsal und sect der widertöuffery --- durch vilfaltige mandat, offentliche gespräch und predigen uff den kantzlen, ouch sonst durch mengerley peen und straffen, die sy zůerwartten haben söltend, ernstige vermanungen --- ußgan lassen, die unseren von söllichem laster und verwirrung deß widdertouffs abzůwysen, so hat doch söllichs leyder bißhar nit so vil verfangen, dann das wir sehend, das sölliche schädliche sect an ettlichen orten mer zů, dann abgenommen, hierunder ouch wol vermerckt und erfaren, das unser verner ynsähen und arbeit umb sonst und ytel syn, wann dem ursprung --- nit begegnet wurde. Diewyl inn disen letsten zytten gar nach alle ständ verböseret, und dero wenig sind, die mit läben und wandel sich haltind und erzeigind, wie sy sölten, besonders under üch predicanten und kilchendieneren etliche gar unflyßig im predigen und hußhalten, dem liederlichen läben, trunckenheit und füllery ouch anderen uppigkeitten und unzuchten ergäben, und by dem weltlichen stand der glychen laster leyder ouch vorhanden sind, das eebruch, gyt, betriegen, wůcher, hoffart, flůchen, schweeren und die trunckenheyt im schwanck, wölches die fürnemste ursach, das vil gottsförchtiger lütten, so Christum von hertzen sůchend, sich ergerend, von unseren kilchen sich trönnend und absünderend, das aber nit so vil beschähen, wann ob unseren --- ordnungen, wider angemelte laster ußgangen, mit ernst gehalten und die predicanten selbs --- irer härd und gmeynd ein gůt exempel vortragen und erzeigen wurden. Damit nun aber disem unrhat und ubel --- geweeret werde, so haben wir geordnet, gesetzt, erlütteret und angesehen, das alle unsere predicanten und kilchendiener, ober und under am ptlüt, kilchmeyer, eegöumer und andere, uff die, so nit flyßig zur predig gand, gottes wort zehören, noch ihre junge kinder nach christenlicher ordnung und bruch unserer kilchen touffen lassend, gůtte achtung haben, die selben darzů vermanen, wysen und halten, und wölche daran sümig oder unghorsam syn wurden, gfäncklich annemmen, unseren am ptlütten uberantwortten; die sollend mit ihnen der gepür nach handlen, sy fründtlich uß göttlichem wort underrichten lassen; wölche dann sich ihres irrthumbs bekennen, bekeeren und inn gehorsamme ergäben wurdend, die sollend inn der kilchen für die gmeynd (da sy kilchgnossen sind) gestellt werden, allda iren abstand zebezügen, ouch den eyd zethůn, so harnach beschriben stadt, und demnach, mit ab trag alles kostens, ledig gelassen werden.

[2.] Die aber kein warnung noch underwysung annemmen, halßstarrig und ungehorsam belyben, ouch nit ußschweeren wöltend, söllendt gfäncklich uff die grentzen der landtmarch gfůrt, uß unseren landen gewisen und bescheyden, ihnen ouch anzeigt und eroffnet werden, das wir entschlossen syend (wöllindts ihnen ouch hiemit gelopt und zůgesagt haben), wann sy widerumb in unsere land und gepiet kommen und ergriffen werdend, aber nit abstan, sonders wie zůvor in irem irrthumb halßstarrig belyben, sy als ungehorsame, abtrünnige, meyneyde lüt an lyb und läben zestraffen.

[3.] Es soll ouch aller kosten, so ihrer behendigung und gefangenschafft wegen uffgan wirt, von ihrem gůt (wann deßelben so vil vorhanden) bezogen werden, das ubrig aber den gehorsamen und ihren kinden under vögtlicher pfläg belyben und ihnen davon die nutzung (biß uff ein ordenliche teylung, oder das ettliche der kinden verehelichet und ußgestürt werdend) gefolgen, damitt sy kein mittel habind, das gůt zů verkouffen, noch dem ungehorsamen zůzeschieben.

[4.] Wann aber eines ungehorsamen töuffers wyb und kinder (die glych wol nit syner sect noch irrthumbs) vorhabens und gewillet wärend, mit ihme hinwäg zezüchen und davon nit abgewisen werden möchten, denen soll ihres gůts gar nützit gevolgen, sonders das selbig --- under vögtlicher verwaltung in unserem gwalt belyben, und darumb järlich von den vögten rechnung empfangen werden. Ob aber demnach deß hinwäg zognen töuffers wyb oder kind, eins oder meer widerkommen, sich in gehorsamme ergäben und uns umb ervolgung synes angebürlichen theyls oder der nutzung von dem gmeynen gůt ankeeren wurden, zů unserem gefallen stan, sy dam itt zebedencken und nach gestalt der sachen hierinn zehandlen. Das ist allein der ynländischen und frömbden gmeynen töufferen, so sich hinder uns enthaltend und ihres gůts halb zehandlen angesehen.

[5.] So vil dan die houptsächer, prediger, leerer und uffwiggler belangt, söllendt die, so unsere underthanen sind und hievor gelobt hättend abzůstan oder ein mal verwisen worden sind, wann sich die selben widerumb in unsere land begäben, der empfangnen gnad und gelüpt vergässen und die unsern uffwigglen oder abfůren wurden, vom läben zum todt gericht werden.

[6.] Aber die ußländischen frömbden landtlöuffer, prediger und verfůrer deß volcks sollend ouch yn und ans seyl gelegt, ihres harkommens, läbens und wandels, wo und wän sy underricht, geleert und abgefůrt habind, mit martter befragt, wann sy zůvor verwisen worden, als dann in vorgemälter lybs und läbens peen syn; so aber die verwysung nit geschähen, alls dann mit ihnen, wie obstadt der gmeynen töufferen halb angesehen ist, gehandlet werden.

[7.] Als dann ouch wybs personen sich verfůren und in bemelte sect der widertöuffery bereden lassend, die selben sollend aller erst durch die predicanten und amptlüt, darnach (wann söllichs nit erschießlich) vor chorgricht vermant werden, ihrer sünderung und irrthumbs abzůstan und sich vor aller gfangenschafft zebekeeren. Wann sy aber ouch nit volgen, sonders hartnäckig belyben wöltend, demnach gfäncklich yngelegt, durch predicanten underricht, ouch ihren ehemannen (wann die selben ihres irrthumbs und lasters nit befleckt sind) zur bekeerung gewisen, so sy beharrend, uß irem und anderen töufferen gůt enthalten, oder aber ihnen die waal gäben werden, von unseren landen und gepietten zů verfaren, by obbestimpter straff, nit wider haryn zekommen.

[8.] So vil aber belanget, wölche heymschen oder frömbden töufferen wüssendklich underschlouff, herberg oder platz zů iren versamlungen, predigen oder sonst wonung in hüsern, schüren oder gůtteren gäbend, und durch söllich behusen irer sect uffgangs nit geringste ursach sind, wollend wir hiemit mengklichem söllichs verbotten haben, by 100 pfenningen bůß oder eines jars leystung und verwysung von unser statt und landen, so offt das ubersehen und kundtlich wirt. Die wittwen aber, so ihnen underschlouff geben wurden, sollend nur halbe straff tragen und lyden; und die in zinnß oder lähenhüseren gesässen sind, wann sy die geltbůß nit zalen möchten, mit gefangenschafft oder verwysung gestrafft werden.

[9.] Ob dann ouch yemandts, wär joch der selbig wäre, von wüssentlichen töufferen gůt erkouffte oder umb zinß bestünde, der und die selben sollend das gůt und was sy daran bezalt haben wurden, ouch die lächenschafft und besserung verwürckt und verloren haben, und das selbig uns, der oberkeyt, verfallen syn.

[10.] Und diewyl --- der gröst anlaß, so die widertöuffer fassendt, sich christenlicher kilchen abzesünderen, von den lasteren har genommen wirt, damitt die geystlichen und wältlichen vorstender und amptstrager behafft sind, so ermanen wir hieruff alle predicanten und kilchendiener, sich deß zächens und schlemmens, jagens, schiessens, ouch anderer weltlichen, ihrem berůff nitt zimmenden händlen zeuberheben --- und dem gmeynen volck ein gůt exempel vorzetragen; denne unsere ober und underamptlüt, das sy sich deß selben ouch beflyssen, der trunckenheyt, zeerhaffte und andern lasteren abstan, die selben ouch vermög ihres amptspflicht by unseren underthanen weeren, abstellen und straffen söllind. Und gepietten üch demnach --- , weß standts oder wesens ein yeder ist, by den pflichten und eyden, damit ihr uns zůthan sind, ouch unsere schwäre straff und ungnad zů vermyden, diß unser ansehen und satzung --- (untz uff unser widerrůffen oder verenderung, die wir uns nach gestalt der sachen und gelägenheyt der zyt hierinn zethůn vorbehalten haben wollend) --- zehalten --- , wie ir zethůn schuldig und der sachen notturfft ervordert ---; daby [wöllend wir] ouch --- unseren amptlütten gebotten haben, söllichs an allen kantzlen ihrer amptsverwaltungen offentlich verkünden zelassen, damit sich mengklich darnach wüsse zehalten. Siegelvermerk und Datum.

Weiterführende Literatur

Rudolf Dellsperger und Hans Rudolf Lavater, Hrsg. Die Wahrheit is untödlich. Berner Täufer in Geschichte und Gegenwart. Simowa, Bern, 2007.

Quelle: Hermann Rennefahrt, Die Rechtsquellen des Kantons Bern, Erster Teil: Stadtrechte, Sechster Band, Erste Hälfte: Das Stadtrecht von Bern VI, Staat und Kirche. Aarau: H.R. Sauerländer & Co., 1960, Band I, S. 432-434. Online verfügbar unter: https://www.ssrq-sds-fds.ch/online/BE_I_6.1/BE_I_6.1.pdf