Kurzbeschreibung

Während Musik bereits lange Teil der christlichen Tradition war, spielte sie in der protestantischen Reformation eine neue und entscheidende Rolle. Im Mittelpunkt der mittelalterlichen katholischen Musik stand die lateinische Choralmusik mit geringer Beteiligung von Laien, doch die Protestanten nutzten die Musik als wirksames Medium, um ihre Theologie in der Landessprache an eine größtenteils analphabetische Gemeinschaft zu verbreiten und zu stärken. Kirchenlieder erwiesen sich nicht nur als wirksames Instrument zur Vermittlung der Glaubensgrundsätze, sondern auch als Mittel zum Aufbau einer Gemeinschaft und zur Verbindung von Liturgie und Heiliger Schrift. Luther schrieb das Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ und wahrscheinlich auch die Melodie dazu zwischen 1527 und 1529, etwa ein Jahrzehnt nach Beginn seiner Reformbewegung. Es spiegelt wesentliche Elemente seiner Theologie wider, darunter die Erlösung allein durch den Glauben und die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift. Es basiert auf Psalm 46: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den größten Nöten, die uns getroffen haben.“ Luthers Lied hat die protestantische Tradition nachhaltig geprägt und wird bis heute häufig gesungen.

Martin Luther, Ein feste Burg ist unser Gott (1527-1529)

Quelle

Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not,
die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind
mit Ernst er's jetzt meint,
groß Macht und viel List
sein grausam Rüstung ist,
auf Erd ist nicht seins gleichen.

Mit unsrer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren;
es streit' für uns der rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist?
Er heißt Jesus Christ,
der Herr Zebaoth,
und ist kein andrer Gott,
das Feld muss er behalten.

Und wenn die Welt voll Teufel wär
und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt,
wie sau'r er sich stellt,
tut er uns doch nicht;
das macht, er ist gericht':
ein Wörtlein kann ihn fällen.

Das Wort sie sollen lassen stahn
und kein' Dank dazu haben;
er ist bei uns wohl auf dem Plan
mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib,
Gut, Ehr, Kind und Weib:
lass fahren dahin,
sie haben's kein' Gewinn,
das Reich muss uns doch bleiben.

Quelle: Michael Praetorius, Musae Sioniae 9: Nr. 153 Ein feste Burg ist unser Gott. Text und Melodie von Martin Luther, 1527-1529. Instrumente: Ilse Brix-Meinert, Ferdinand Conrad. Gesang: Kinderchor Bender. Hamburg : Deutsche Grammophon-Gesellschaft, 1955.
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