Quelle
Ein ander liedt von Annelein von Freiburg[1]/daselbst ertrenckt und darnach verbrendt/Ann. 1529.
Geht im thon In dich hab ich gehoffet Herr.
Ewiger Vatter von Himmelreich/
Ich ruff zu dir gar inniglich/
Laß mich von dir nicht wenden/
Erhalt mich in der warheit dein/
Biß an mein letztes ende.
O Gott bewar mein hertz und mund/
Herr wach ob mit zu aller stund/
Laß mich von dir nicht scheyden/
Es sen durch trübsal angst und not/
Erhalt mich rein in freuden.
Ewiger Herr und vatter mein/
Ich arm unwirdigs Kindelein
Thu mich weisen und lehren/
Daß ich acht hab deins stegs und wegs/
Darnach steht mein begeren.
Zu wandlen durch dein krafft in todt/
Durch trübsal/ Marter angst und not/
Darinn thu mich erhalten/
Daß ich von deiner lieb O Gott/
Nimmermehr werd gespalten.
Es reysen vil auff diser Bahn/
So steht der Reich des leidens dran/
Und auch vil falscher lehre/
Ob man uns möge wenden ab/
Von Christo unserm Herren.
Zu dir erheb ich Herr mein Seel/
Auff dich hoff ich in ungefell/
Laß mich geschendt nicht werden.
Daß sich mein feind nicht über mich
Erheb auff diser erden.
Bey ihn lig ich verschlossen ein/
Ich wart O Gott von hertzen dein/
Mir sehr grossen verlangen/
Wenn du ein mal wolt wachen auff/
Und lösen dein gefangnen.
O Gott Vatter zu deinem reich
Mach uns den fünf Jungfrawen gleich/
Die fern vorsichtig waren/
Auff den Breutgam zu warten schon/
Mit seinr ausserwelten schare. en
Ewiger Köng von Himmelreich/
Speise und trenck uns ewiglich/
Mit deiner warheit speise/
Die da nimmer verderben thut/
Alls nach geistlicher Weise.
Wo du dein speiß entzeugst von uns/
So ists verloren und umb sonst/
Ohn dich wir nicht vorbringen/
Durch dein gnad hoffen wir auff dich/
Es wirt uns nicht mißlingen.
An Gottes macht zweifelt mir nicht/
Warhafftig sind seine gericht/
Er wirt der keins verlassen/
Das fest im Glauben bestendig ist/
Und bleibt auff rechter strassen/
Seid gtrost ihr Christen und erfrewt/
Durch Jesum Christum alle zeit/
Der geb und lieb und glauben/
Gott tröst uns durch sein heiligs wort/
Darauff sollen wir trawen.
Ich befehlt mich Gott und seiner gmein/
Er woll heut mein geleytsman seyn/
Von wegen seines Namen.
Daß wolst erstatten Vatter mein/
Durch Jesum Christum Amen.
Ein ander schön geistlich Lied/ hat ein Edel Jungfraw/ Walpurg von Bappenheim gemacht.
Im thon/ Auß tieffer not.
Du glaubigs hertz so benedey/
Und gib lob deinem Herzen/
Gedenck daß er dein Vatter sey/
Welchen du stets solt ehren/
Dieweil du gar kein stundt ohn in
Mit aller Sorg in deinem sinn
Dein leben kanst ernehren.
Er ist der dich von hertzen liebt/
Und sein güt mit dir theilet/
Dir deine Missethat vergibt/
Und deine wunden heilet/
Dich wapffnet zum geistlichen krieg/
Daß dir der feind nit oben lig/
Und deinen Schatz zertheyle.
Er ist barmhertzig und auch gut
Den armen und ellenden/
Die sich von allem übermuth
Zu seiner warheir wenden.
Er nimpt sie als ein Vatter auff/
Und schafft daß sie den rechten lauff
Zur Sehligkeit volenden.
Wie sich ein trewer Vatter neygt/
Und guts thut seinem kindern
Also hat sich Gott auch erzeygt/
Gegen und armen Sündern.
Er hat und life und ist uns hold/
Vergibt uns gnedig alle schuld/
Macht uns zu überwindern.
Und gib tuns seinen guten geist/
Der newert under hertzen/
Durch den wir leysten was er heist/
Wiewol durch leibes schmertzen.
Hilfft in der not mit gnad und heil/
Verheist uns auch ein herzlich theil
Von den ewigen schetzen.
Nach unser ungerechtigkeit
Hat er und nicht vergolten/
Sonder barmhertzig sich erzeigt/
Da wir verderben solten.
Mit seiner gnad und gütigkeit
Ist er uns und allen bereit/
Die ihm von hertzen holden.
Was er auß lieb angfangen hat/
Das wil er auch volenden.
Drumb opffern wir und seiner gnad
Mitt umbgegürten lenden/
Mit haab und gut/ auch unser fleisch/
Hoffen er werd zu seinem preiß
All undern wanden wenden.
O Vatter steh und gnedig bey/
Weil wir sein dim ellende/
Daß unser thun auffrichtig sey/
Und nim ein sehlig ende/
Leucht uns mit deinem hellen wort/
Daß uns an dise dunckeln ort
Kein falscher schein verblendt.
Herr Gott nim an zu lob und danck/
Was wir einfeltig singen/
Und gib dein wort mit freiem klang/
Laß durch die hertzen dringen/
So hilff daß wir mit deiner krafft/
Durch recht geistliche Ritterschaft
Deß lebens kroon Erlangen. Amen.
Weiterführende Literatur
Linda H. Huebert Hecht und C. Arnold Snyder, “Ursula Hellrigel of the Ötz Valley and Annelein of Freiburg.” In Profiles of Anabaptist Women: Sixteenth-Century Reforming Pioneers. Bearbeitet von C. Arnold Snyder und Linda H. Huebert Hecht. Waterloo, ON, Kanada: Wilfrid Laurier University Press, 1996. S. 199-201.
Robert Kolb, “Preaching on Luther’s Hymn Texts in the Late Reformation.” Lutheran Quarterly 34, no. 1 (2020): 1–23.
A. J. Ramaker, “Hymns and Hymn Writers among the Anabaptists of the Sixteenth Century.” The Mennonite Quarterly Review 3 (1929): 93–131.
C. Arnold Snyder, “Magdalena, Walpurga, and Sophia Marschalk von Pappenheim.” In Profiles of Anabaptist Women: Sixteenth-Century Reforming Pioneers. Bearbeitet von C. Arnold Snyder und Linda H. Huebert Hecht. Waterloo, ON, Kanada: Wilfrid Laurier University Press, 1996. S. 121-122.
Keith L. Sprunger, “Dutch Anabaptists and the Telling of the Martyr Stories.” The Mennonite Quarterly Review 80, no. 2 (2006): 149–182.
Anmerkungen
Quelle: Ausbund Etlicher Schöner Christlicher Geseng/ wie die in der Gefengnuß zu Passaw im Schloss von den Schweitzern/ und auch von andern rechtgläubigen Christen hin und her gedicht worden. 1583. S. 208-211, 409-412. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb10207712?page=220