Kurzbeschreibung

In den größeren Städten innerhalb des Reiches gab es eine Vielzahl an Gemeinschaften der großen Bettelorden, insbesondere der Franziskaner und Dominikaner und speziell der weiblichen Ordensgemeinschaften. Eine Stadt beherbergte bis zu neun oder zehn weibliche Bettelorden. Die weiblichen Orden lebten im Gegensatz zu den männlichen in Abgeschiedenheit und verfügten über eine stärke lokale Identität, da sie den Wohlwollen wohlhabender Patrizier und Kaufleute genossen. Hierdurch ist zu erklären, weshalb sich die weiblichen Bettelorden unter den städtischen Religionsgemeinschaften der evangelischen klosterfeindlichen Politik am stärksten widersetzten. In Straßburg überdauerten drei der fünf weiblichen Dominikanerorden lange Zeit die Einführung des Protestantismus als offizieller Konfession. Der Kampf der Nonnen gegen den Zwang, den Orden aufzulösen und ein weltliches Leben zu führen, lässt sich am Beispiel des Klosters St. Margaretha gut veranschaulichen. Seit Mitte der 1520er Jahre wurden wiederholt protestantische Priester zum Kloster geschickt, um die Nonnen zu bekehren, während es ihren eigenen Priestern verboten wurde, zu ihnen zu predigen—was sie dennoch taten. Es stellt sich die Frage, weshalb die Beamten der Stadt, welche sich an die offizielle Religion hielten, das Fortbestehen St. Margarethas und anderer Nonnenklöster duldeten. Während eine Erklärung wäre, dass unter den wohlhabenden Familien der Stadt ein Kryptokatholizismus existierte, wäre es ebenfalls denkbar, dass die protestantische Elite Straßburgs die Dominikanerklöster als Bildungsstätten für junge Mädchen schätzten.

Verteidigung des Frauenklosters—Straßburger Dominikanerinnen (1526)

Quelle

[2r] In dem Jahr deß herren da man zalt 1524 ist auß straff des Almächtigen Gottes aufferstanden in allen deütschen landen ein gemeine irrung im wahren christlichen glauben. Vnd in dißem obgemelten jahr hat auch in Straßburg daß betribe luterthum angefangen mit offenlichen predigen vnd lehren der predicanten, vnder denen docter Martinus Butzerus auch einer von dem vornembsten wahre. Dem haben die herren der statt befelch geben, die closterfrauwen, sonderlichen die zu S. Margaretha, zu dem wahren glauben zu bekören. Deßen wegen solle er inen alle wüchen dreÿmahl predigen vnd ihnen mit aller er[n]sthafftigkeit daß clare wordt gottes außlegen. Er gab erstlichen den closterfrauwen gar frÿndliche wordt, wie er inen alles wohle zum guten machen, daß sÿ in allem sollen kein beschwernuß haben Dan im währe voll macht vnd gewalt von Romm geben. Vnd habe in andern clöstern schon freÿheit erdeilt, auß zu gehn nach ihrem belieben vnd daß sÿ die fastäg zu halten nicht mer schuldig seÿen, auch vmb mitternacht nit mer auffstöhn därfften zu Mätten. Solche red gefiehl der priorin nicht mit namen Vrsula Bockhin. Sÿ vnd ihre closterfrauwen verlangten, seiner predig gar nit zu hören, aber auß zwang der herren miesten sÿ dißen Docter Butzeri anhören, verstupffen die ohren, dan seine wordt vervrsachen beÿ den guten geistlichen kindern grosse trauwigkeit, dan dißer waß ein abtrinniger vom orden.

[2v] Jetzt nun ein vigent der observantz vnd aller geistlichkeit, den miesten sÿ wider ihren willen anhören, sunsten wurdten die herren der statt ihr closter mit gewalt verstöhren. An dem andern tag da kamm der ober closter herr, welch er vom Ersamen Rath schriftlich befelch bracht.

Erstlichen, sollen sÿ ihren beichtvatter abschaffen mit namen Michael Lebentorff, ein leßmeister der heilligen schrifft. Er wahre gar ein frommer pater, der vmb Docter Bützeri gewaltigklichen widerstanden, darumb wurdte er mit grosser vngnadt zu der statt außgejagt. Vnd wurde der priorin verbotten, daß sÿ den nimmer solten kommen laßen, auch kein andern pater oder Pfaffen, weder heimlichen noch offenklichen beÿ dem closter zu härberg auffnemben, sonder den hoch verständigen wohlgelerthen Docter Butzeri für ihren wahren sellsorger erkönnen, welchen die stattherren inen zum guten geben. Dißen miesten die closterfrauwen auffnemben vnd wider ihren willen alle wüchen dreÿmahl seine erschröckliche predigen anhörren. Er fanget die erstlichen ann mit süssen wordten vnd gab damit daß gifft verborgen vnder dem hönig.

Alß er offtmahlen geprediget vnd keinen möchte vom glauben bewegen, dan sÿ wahren allesam einheligklichen, vnd waß vnder innen große liebe vndt frÿden. Keinne wohlte weder vom ordten nach glauben weichen. Sÿ sagten, daß sÿ nach ihrem versprechen wohlen beständig bleiben. Darauff bracht er auß in seiner predig mit vill harten wordten.

[3r] O waß verrachtung lösterung vndt schändung deß ordtens, welches nicht zimmlichen ist zu beschriben!

Die priorin wahre in grossem koummer vnd sorget, die jungen schwestern möchten sich endtlichen von seinner falschen lehrr lassen bewegen, manet sÿ mütterlichen die verkörte predig nicht mer anzuhörren. Aber die priorin förcht, wann der wirdt wahr nemben, daß keine closterfrauwen werdten am corgätter[1] sein, daß er im closter vmb lauff sÿ zusuchen da sprachen. Edlich schwestern sÿ wohlten die grosse engel, so beÿ dem alldar stöhn mit schleÿwer vnd weillen[?] begleiden, vnd die an daß gätteer stöllen. Da befahl die priorin, daß ein bar[2] solten achtgeben wan die predig auß währe, daß sÿ dan die vergleide bilder glich wider zu ruckh ziehen. Dises hätte zwar einbarmahl gut gedann beÿ dißem verkörten prediger, daß er meinet, die closterfrauwen horchen so vnbeweglichen auff sein predig, hatt in seinem bößen eÿffer allerding schier die kantzel erschlagen.

Nachgehe[nd]t hat er daß endtlichen gemerckh wahre darüber gantz ergrimmet vnd ser zornig über die priorin, die angefahren mit so villen bößen schältwordten, da von nicht zimlichen zu melten ist. O waß grosse schmacheit hatt sÿ geliten!

Er dätt mit grossem doben, dem Magisterat der statt der closterfrauwen geübte listige boßheit klagen. Da gaben die herren befelch, sÿ solten in die kirchen vnder allem volckh nechst beÿ der kantzel sitzen alle sammenlichen, keinne solle davon außbleiben.

[3v] O waß für ein grosse betriebnus waß dises der priorin vnd allen ihren lieben geistlichen kindern. Ihr hertz möcht innen vor leid zergehn, dan innen die verrkörte predig, ein pinnliches leiden wahren anzuhören, welches gewähret vom heilligen Palmtag biß auff S. Joann deß däuffers,[3] daß er alle wuchen dreÿ mahl seinen bößen sommen auß geseÿet, hat doch beÿ allen keinnen auffgang können sehen. Zum beschluß seinner predig datte er innen alle zeit scharff vnd streng zu reden. Wann sÿe seiner lehr vnd predig nich[t] annemben, solle ihre closter verstöhret vndt zu hauffen gerissen werdten, solte innen ihr härtz im leib darüber zerbrächen.

Die priorin ließ heimlichen vill gebett zu Gott verrichten, sÿ datten auch an keÿßer vnd general[4] schreiben, wie der beriembte pater Martini Butzeri so gar ein verkörter man, waß wordten sÿ hofften auch täglichen einer tröstlicher antwordt. Vnder deßen fragt er die priorin vnd ihre closterfrauwen, wie innen seine predig gefallen vnd ob sÿ noch inn ihrer hartnächigkeit wohlten verharren, so sich doch dißen vergangen monat sich über 30 doctores zum wahren glauben bekört haben. Da sprach die priorin, daß mag sein, dan es ist ein gemein sprich wordt wie gelerter wie verkörter,[5] vnd selten thuot ein grosser weißer redner ein kleine dorheit.[6] Wir wöllen beÿ dem bleiben, waß mir[7] von vnßern lieben alten gelehret, deßen wegen wohle er mit predigen sich [4r] nit lenger mer beÿ vnß bemiehen. Auff diße red wardt docter Butzeri zor[n]ig. Sprach, ihr verblente nunen ihr sollen nicht alles glauben, waß die grobe Bockh priorin sag. Ich will sÿ springen machen, ihr solt wißen, daß ich vom General großen gewalt haben.

Da sprach die priorin, ich förchte mich vor dem nicht. Wiste, wann wie eß mit eich bestölt ist, würde der gewalt bald auff gehäbt sein. Docter Butzeri: warumb daß, weillen ihr nicht mer ein vatter der geistlichkeit vnd leßmeister der wahrheit? Deß wegen erkännen wir eich nicht mer vor vnßere öberigkeit vndt ist mir ein sonders hertzen leid, eÿwer vnbesunnheit. Dan durch die grosse freÿheit, bringen ihr vnßer schw[e]stern clöster hie in alle ungeistlichkeit. Wie kann man eich für ein guten hirtten halten, dan ihr bringen ja vill geistlich kinder in daß verderben. Ach, wie wirdt eich einmahl eüwer handel so übel gereüwen. Auß schwesterlicher liebe kann ich mich nicht endthalten, eÿwer verkörter wandel mit bittern zehren, auß hertzen zu beweinen.

Da wahre Docter Butzeri zornig über die priorin. Sprach, du boße vnholdin darff wegen meiner nicht zennen, verbößheit können ihr mein gütigkeit nicht zu gemiet nemben, wie getraÿw[8] vndt gut. Ich eß mit eich meine, dan ich begehr eüch zu helffen, daß ihr mit keinner beschwerte sollen gebunden seinn.

[4v] Die priorin sprach vns alle: was mir einmahl Christo, vnßerm himmellischen Bräutigamb, versprochen haben, freÿ vnd glauben zu halt, daß kommet vnß vmb der liebe Frau willen nicht schwer ann, so haben mir auch kein zweiffel dardurch, daß ewige sig kräntzlin zu erlagen, weillen der göttliche mund sellig gesprochen die, welche biß in ihr endt verharen.

Doctor Butzeri: ihr seint gantz daub vnd dorrecht. Hätten ihr gemärckht auff mein predig, so würdten ihr genugsamm gehört haben, daß Gott den nunen standt gar nit ein gesetz hatt. Hiemit dun er allen befellen, morgen samenlichen nach S. Marx zu kommen, da wohle er innen lassen ein gut mahlzeit geben vnd dar nach die heillige schrifft recht erclären vnd innen den von Gott ein gesetzen ehstandt woh ihren sellen zu trost außlegen.

Die priorin sahe ihr closterfrauwen kläglichen ann, damahlen ihren 46 beÿsamen in der conuentstuben wahren.

Da sprach Doctor Butzeri, die alte Bockhin hat eich gewunckhen, daß ihr mein befelch nicht thun sollen. Sÿ sprachen alle neÿ, da währ er gar zornig vnd sprach, sÿ solten fürhin kein priorin haben, vnd solle vnder den geweilten sein, eine wie die ander, daß ein jede möge leben nach ihrem gefallen. Ab dißer red wahren alle closterfrauwen ser betriebt. Sÿ sprachen, daß sÿ solchen befelch [5r] durch auß nicht annemben wohlten, erstlichen, sÿen sÿ so zu friden vnd beniegen sich mit deß closters speißen, verlangen keines gastmahls in frember schwestern haüser. Vnd sÿ verstöhn schon daß wahre wordt gottes so vill, daß für sÿ einfältige closterfrauwen genug ist. Auch haben sÿ vmb der lieb gottes ihren eigen willen auffgeben, den wöllen sÿ nimer an sich nemben, sonder werden alle zeit schwester Vrsula Bockhin für ihr mutterpriorin erkännen.

Da wahre Docter Butzeri böß vnd sprach, sÿ solten nicht mit ihr reden, weillen sÿ all sein befelcht veracht vnd seine gute lehr immer wider legt, sÿ seÿhe im bann.

Aber die priorin sprach, wehr verdampt mich dar zu?

Butzerus andwordt, ich durch mein gewalt, weillen ihr vermessenlich daß wordt Gottes verach[t]en.

Die priorin sprach, ich verach daß gantz nicht, sonder eÿwer wordt vnd lehr in welchem köinn Fundament der warheit ist. Der höchste lehrer hatt vnß schon vor längstem durch seine heillige kirchen vättern sein Göttliches wordt ercläret, vnd nit gewardt biß solches die außdretter verkörter weiß vnder den bänckhen hervor brächten.

Auff diße red wardt docter Butzerus grimmig zornig, hatt der priorin die feigen botten.[9] Da haben zu die schwestern zuruckh gezogen, vnd stundten vmb sÿ. Er treÿwet ihr mit fürigem angesich, daß er sÿ wohle beÿ der statt ver[5v]klagen. Er schänd sÿ auß mit villen schmach wordten. Er wohle ihr boßheit alles den herren sagen, die werdten ihr hochmut so demietig machen. Dan ich beÿ dem ersamen gantzen magisterat grossen gunst vnd ehr habe, vndt kann von dem alles erlangen, [wenn] sÿ ach[t]en hoch mein lehrr vnd glauben meinen wordten alß einem apostel gottes.

Da sprach die priorin, vergebet mir, wan ich eich betrieb hab durch mein red, die ich doch vorbrach auß guten gemieth. Dan ich sag nicht eich zum bößen. Ihr seint in wahrheit zu betauren, daß ihr, ein so ansehnlicher, von jeder man beriembter hochgelerter, wohl beredter pater, in die grosse irung seint kommen: dan ein blinder kann es begriffen, daß euwer lehr nicht vom heilligengeist, weillen[10] die nicht behÿlfflich zu der selligkeit, sonder nur diennlichen dem schnödenfleisch Vnd hätten ihr geprediget vom fasten, betten vnd buß leben, auch andern guten wercken, so wehren ihrer nit gleich so vill geweßen, die eüwer lehr gevolgt hätten. Da tratt ergrimig auff den Boden, vnd luiff wiettig auff vnd ab in dem rebendall.

Mutter Anastasia Mögin[11] batt die priorin, sÿ solte außgehn vndt im auff sein red keinn andwordt mer geben, sÿ schickh auch heimlichen zu Sanct Joann[12] vnd Alten S. Peter[13] daß ihren ein bar[14] herren zu hilff kommen.

Über ein weil lauff Docter Butzeri wider zu der betriebten pri[orin], redet sÿ mit groben worden an: du dorin vnd sinlose [6r] non, was vnderstehest du dich zu reden von der Göttlichen Schrifft, vnd vermeßen sagen, daß die von mir nicht recht auß gelegt wirdt. Ihr blumpe vnverständige sollen wißen, daß vill biecher gibt, die nicht nach dem wahren bußstaben[15] außgelegt sein, dan nit alle derselben haben den Geist Gottes gehabt.

Da sprach die priorin, mir haben keinen zweiffel, daß vnßere alte leß biecher nich vom heilligen geist seÿen. Wir verlangen keiner verner außlegung vnd wöllen da beÿ bleiben.

Docter Butzeri sprach, ich hab mein lebtag keine hartnäckige nunen gesehen alß eich Margaretha drachen. Meine geistliche kinder zu S. Marx vnd Catharina[16] seint mit gehorsam vnd volgen meiner lehr, [als] wan die vom himmel währe, vnd meine neÿwe biecher leßen sÿ täglichen. Er wohle inen auch eines schickhen von der bibel vnd vom apostel Paulus.

Die priorin bedanckh sich, weillen sÿ der biecher genug haben.

Da sprach er, habt ihr dan an meine keinen glauben. Die closter frauwen sagen alle, mir glauben die alt Bibel vnd deß heilligen Pauli Episteln. Neÿe propheten vnd apostel werdten verworffen, dan sÿ seint verkorer der heilligen schrifft.

Doctor Butzeri: ihr seint gantz verblend in der bößheit, so doch die gantze statt men lehr für die clare warheit halt, vnd meiner predig glauben alß der wordt eines apostels.

Die priorin sprach, ihr mögen endtlichen von den Straßburg den schöne tittel bekommen aber nit zu vnßers heilligen ordens ehr vndt, eÿwer sellen nutzen. Ich sorg ihr werdten leider noch in ein betriebten bößen standt kommen, so ihr doch der jenige hätten sein [6v] können, welcher daß schädliche für deß neÿen glaubens, durch eÿwer verstand vnd gute wißenschafft wohl hatte mögen hälffen dämmen vnd außlöschen. So haben ihr aber verkörter weiß daß heimlichen in allen burger häusern, ja offenlichen aller orden hälffen anzinden zu förchten ist, daß zu der zeit erfilt wirdt. Waß eÿwer leß meister vnßer geweste[17] beichtvatter zu eÿch gesprochen, meinn frater Butzeri, eintweder werdt ihr ein liecht der kirchen oder ein luciver, aber ich besorge, daß ihr mer ein engel der fünsternus wordten alß deß liechs. Jetz eüwer lehr vndt predig gibt es antag, daß man solches wohl glauben mag, weillen ihr auff offenlicher kantzel gesagt, wann deß Thomae von Aquin biecher verbrännet wahren, so wohlten ihr die gantze welt zu eüwer neÿwen glauben bekören, solches ja nimmer kein rechter catholi[s]cher Christ glauben kann, weillen der göttliche mund dißes engelichen lehrers schriften selbsten gut gesprochen hatt.

Docter Butzeri sprach, die Bockhin solle ein mahl ihr bößmaul halten. Er könne ihre spott wordt nicht mer hören. Zu S. Marx vnd Catharina duon im die priorin vnd alle closterfrauwen die höchst ehr vndt frÿndtlichkeit beweißen, vnd waß er inen sag, lehret vnd ermanet, seint alle bereidwillig solches zu halten, vnd meine predigen hören sÿ an mit grossen eiffer vnd andach.

[7r] Die priorin sprach, nicht alle. Dan ich weiß, daß auch ein deill darüber haben daß höchste mißfallen, warumb sterben beÿ innen so vill der alten, daß sÿ schier alle wuchen zu begraben haben. Ist wohl zu gedänckhen, daß die gute closter mutterlin vor leid vnd betriebnus sterben. Zwar der mensch ist glickhsellig, der im wahren glauben zu dißer zeit von der verkörter welt scheidet, daß er den ellenden jammer nicht mer darff sehen, sonderlich daß vnheill vnd s[ch]aden, so denn Gottes häussern zu gefieget werden.

Docter Butzeri sprach, merckh auff, grobe Bockhin, waß du sagts, hab ich noch waß übes in den clößtern gemacht. Meine beich künder seint mer geistlichen zu S. Marx vnd Catharina. Sÿ mächten inen ein grossen scrupel, so vill schlimmer bößer wordt wider mich zu reden. Ich thun sÿ anders in der geistlichkeit vnder weißen, daß off[t] eine schier ein stund hat zu beichen.

Die priorin sprach zu im, eÿwer exempel vnd wandel solte seinen closterfrauwen kein schrupel machen—mich gedunckh, warin sÿ solten haben, dun sie keinen machen vnd woh es vnnöth, dun sÿ ein schrupel ein fiehren[18]—weder durch seinn lehr predig nach ermanung. Dan dabeÿ gar wohl ist zu erachten, daß man durch solche die selligkeit nicht kann erlangen. Daß solle, sonderlichen bedänckhen, mein baß, die priorin zu S. Marx. Ich bin in sorg vnd kummer, es werdte nach ein spätliches scrupulum auß kommen, da vor wohle Gott sein.

[7v] [Die priorin sagte,] Docter Butzeri, warumb daß? Wist ihr, waß vnrechts von mir, ihr seint ein clöster verstöhrer, die alten stossen ihr zuruckh, die jungen thun ihr hervorziehen vor den dienst Gottes vnd zu zeit, daß man solchem obligen soll, haben ihr mit den, jungen schwestern eÿwer recreation? Wie kann daß in die länge guot thuon? Diß zu sehen bringet die alten vnder die erdten; die jungen closter frauwen aber an sell vnd leib in daß ellend vnd ewige verderben.

Auff diße red der priorin wardt docter Butzeri rassig vor zorn, wolt mit der funst[19] auff sÿ dar. Aber die schwestern nam sÿ in aller eill, fiehren sÿ zu der dir[20] auß. Sÿ laufft schnell in ihr priorat stibel,[21] wahre vor schrackhen halb todt. Edliche schwestern bleiben beÿ ihr vnd trösten sÿ. Die überigen seint außgangen vnd haben daß schloß zu geschlagen, daß Docter Butzeri nicht könnte zu ihr lauffen, dan eß nit weiter alls nur 3 schritt von refectori wahre.

Alß komm[22] dißes vor beÿ waß, da kammen von S. Joann der Creÿtz prelat, vnd Herr Joann Fuckß, der waß deß stifft alten S. Peter pharhärr, der vor längsten dem closter gar ein getroÿwer gutdätter waß, hatt die fänster im capitelhauß lassen machen , dan die schwestern sich vill jahr nur mit leden vnd gättern beholffen. Alß diße in creitzgang seint in gangen, da kammen Herr docter Butzeri inen entgegen mit versteltem, zornigen angesich, sag gantz grimig, er möchte die böße e Bockhin umbringen. Sÿ habe im so er vergessene[23] reden geben, die sunst von keinnem menschen gehört werdten.[24] Aber die herren sprachen die bäst[?]. [8r] Aber er wohle ihr bißigkeit wettmachen mit einer grosser schalckheit. Sÿ reden im frÿndlichen zu vnd sagten, weiber schelt wordt seint nit zu achten, vnd sich mit denen in streitt ein lassen, hatt ein so gelerter herr kein ehr da von. Sÿ batten in, er wohle mit innen ein wenig auß gehn, sich deß vnlusts zu entschlagen. Endtliche ließ er sich bereden, alß sy vnder weg wahren, sprach docter Butzeri, die boße nunen mießen mir auß ihrem closter, solte sÿ der böße fündt[25] hollen.

Über daß wahren die closterfrauwen ser betriebt, hätten auch grossen kumer für ihr priorin. Wohlten sÿ im closter nicht lassen allein vmb gehn, sonder wahren alle zeit ein barr[26] härtzhaffte closterfrauwen beÿ ihr. Sÿ sorgen, Docter Butzeri mochte heimlichen in kommen vnd sÿ in daß wasser werffen, dan damahlen luff, ein gross dieff waßer durch daß closter. Die schwestern merdeil haben sich vor im geförcht, dan er waß gar einn grosser starckher man, vnd hätte inen offt scharff getroÿwen, er wohle inne gewißlichen ihre böße reden nach wohl einndränckhen, daß sÿ ihr lebtag werdten mießen an inne gedänckhen.

Nach ein bartägen kamen der gnädige herr von S. Joann vnd Herr Fuchs wider mit imme. Sÿ trosten die priorin vnd ihre closter frauwen, dätten sÿ ermanen zu standhafftigkeit, dan innen werdte nach vill wider werdtigkeit kommen zu liden.[27] Sÿ sollen aber dar in nicht versagt sein, sonder ihr gäntzliche hoffnung zu Gott vnd [8v] ihren lieben patronen[28] haben.

Vnder dÿser zeit mach der docter Butzer beÿ dem gantzen ersammen magisterat ein grossen handel wider die priorin vnd convent zu Sanct Margaretha. Also dätte der statt Rath auß er wöhlen 8 verständige, wohlgelerte herren, denen wurde anbefollen die obsorg der clöster, darin zu handeln nach ihrem gut gedunckhen vnd den geistlichen frauwen iren schrifftlichen befelch lessen vnd deß ammesiters willen anzeigen. Zu vnß am ersten seint diße 8 herren kammenn nach selbigen tag, vnd brachen werckhleit mit innen, daß schloß der reformacion wider deß convents willen auff zu schliessen vnd in der kirchen die alldär[29] abzubrächen. Alß die 8 herren inn seint gangen, beruffen sÿ frauw Vrsula Bockhin mit allen closterfrauwen, da ihr 46 wahren beÿsammen.

Da dätte der vornembste den befelch vom magisterat ableßen:

Erstlichen, daß sy niema[n]t für ihr oberigkeit sollen erkönnen, sonder die statt wohle sy in ihr s[ch]utz auffnemb, dan sÿ sunsten gefohr hätten in ihrem closter wegen deß baurengriegs. Aber daß waß nur der herren auß red.

Zum andern, sÿ sollen hinfüro kein priorin haben, sÿ sollen alle gleiche frauwen sein, nach ihrem belieben ihr standt zu endern vnd auß zu gehn. Eine wie die ander sollen freÿ seinn von allen ihren gelibten[30] vnd satzungen, so sÿ versprochen haben. Daß sÿhe alles auff gehäbt von den herren, da mit sÿ möchten haben ein leichter leben ohn alle beschwerdte.

Zum dritten solten sÿ kein frembdten ordenspater oder andere [9r] priester in ihr closter lassen, kein mäß mer zu leßen, kein klockhen zu leiten, Alles cor gesang soll abgestelt sein, die siben tag zeiten[31] sollen sÿ nimmer singen nach betten. Diß s[e]ÿ der herren ihr befällen, dar wider sollen sÿ nicht thun beÿ grosser straff.

Auff dißes seint 5 herren wider außgangen. 3 wahren bleiben: Herr Bernard Wursser[32] stättmeister, Herr Casper Hoffmeister[33] vom grossen Rath vnd Her Baldung,[34] ein docter.

Diße sagen inen ein visitierung ann, vnd daß sÿ vom ersammen rath geschick alß visitatornen der clöster. Da wider wahre daß gantze convent. Aber wider ihren willen miesten sÿ die annemben, datten von den jün[g]sten biß auff eltesten ein jede insonderheit abhören. Der herren red waß, der priorin sollen sÿ nicht mer gehorsamen sonder wan sÿ mit haltung ihres ordtens, inen wolte molestirlich sein; vnd daß der ehstand ein Baradiß leben seÿ; vnd daß innen von der statt alle freÿheit geben, sÿ nach ihrem willen auß zu gehn vnd in allem freÿ zu sein. Aber sÿ sagten alle einhälig, daß sÿ mit ihren mutter priorin, ja all schwestern sammenlichen, zu friden wehren, verlangen nicht anders von den genadigen herren, daß sÿ in ihrem closter möchten bleiben vnd darin be[i]sammen wie alle zeit in liebe vnd guten frÿden zu leben vnd sterben.

Die herr[en] wundern sich, daß sÿ so einhelig wahren vnd wahren doch mit vngedult auß gangen vnd gesagt, dem predicant, so inen der ammeister geben, sollen sÿ wohl pflegen vndt in für ihren oberhirtten erkännen, vnd sunst keinn inlassen beÿ der stadt hochsten straff vnd vngnadt.

[9v] Die priorin tröstet ihre schwestern sÿ sprach, mir sollen Gott danckhen, daß sÿ für dißmahl ihr willen nicht haben konnen volbringen, daß mir aber nicht vill vrsachen haben zu weinnen, können ihr mich vnd ich eich nich[t] verdänckhen. Dan wir sehen es vor augen vnd hörren solches mit ohren, waß schadens komen wirdt vnßerm lieben closter, dann Gott zu erbarmmen ist. Daß also vnbillich, der gewalt dem rechten hürtten solle genumben werdten vnd dem mittling die schäfflin geben. Der sÿ wirdt lassen den wölffen zu theill werdten. Da sprachen alle, liebe mutter priorin, ist da nimant der vnß darin kann rathen oder helffen? Vnßer oberigkeit haben ja geschriben, daß sÿ vnß nicht halffen mögen, weillen sÿ nit wider denn grossen gewalt der statt magisterat thuon können. Die priorin sprach, darumb, liebe kinder, sollen mir gott bitten, daß er vnß wohle stärckhen vnd durch sein gnad daß closter vor allem übel behÿrten.[35]

Über wenig täg kammenn wider zweÿ closterherren, fragen, ob sÿ nach in ihrem bößen vorhaben hartnackhigklichen verharen, daß keine auß dem closter weichen wohle. So sÿ doch gantz freÿ gesprochen, daß sy ohne alle hünderung vnd schaden ihreß gewissen mögen zu der ehe griffen, dißer heillige standt seÿe der rechte weg zum himmel. Dabeÿ ernstlichen gesagt, wan sÿ nicht baldt werdten auß gehn in gutem, so wohlen alle nonen mit gewalt außtriben, dan sÿ wöllen durch auß der maußlöcher nicht mer liden sonder die lassen niderreißen.

Darumb wahre die priorin vnd alle closter frauwen biß in todt betriebt. Sÿ sprachen, waß leidts sÿ nur werden anfangen, wann sÿ so gar kein sellen trost vom keinnem priester haben. Die priorin sag zu innen, sÿ sollen nicht so gar verzagt sein, sÿ hoff auff Gotteshilff. Alß sÿ nach beÿ samen wahren spet an einem obet[36] da kammenn verkloiter weiß,[37] aber die portnerin erkönnet in gleich an der sprach, fiehret in schnelligklichen in daß rebentall, woh aller closterfrauwen vorsamblet wahren. Da seint in entgegen gangen mit grossen [10r] freÿden doch mit roth werweinten augen, im zu füessen gefallen, ime gebetten, er wohle sich doch irer erbarmen, vnd sein ihr geistlicher vatter. Da gab er innen den segen vnd versprach inen einer jeden in sonderheit mit dar reichung seiner hand, daß er sÿ nicht wohle verlassen sonder alß für seine geistliche kinder alle zeit sorg tragen. Da danckhen sÿ im demietig der grossen gnaden, sÿ klagkten im waß sÿ für ellend vnd beschwarlichkeit hätten, daß sÿ vor betriebnus vnd härtzen leid sterben möchten. Er solle innen doch rathen vnd hälffen, Er sprach, liebe geistlich kinder, lassen ab von so villen weinen. Sellig die vmb der liebe Jesu verfolgung liden. Freÿwen eich deßen vnd seint getröst bleiben vöst im glauben, hoffnung vnd liebe, so verlasset eich Christus der herr, eÿwer himmellischer braÿdigam, nicht. Sonder er wirdt eüwer hälffer vndt vergelter sein, der all die tödt vnd hertz stich, die ihr da täglichen einnemben vnd leiden. Werden in daß buch der lebigen geschriben vnd alda behalten biß zu seiner zeit, alß dann wirdt Gott abweschen die trähnen von den augen seinen diennerinen, vnd all ihr betribnuß kören in ewigefreiden. Da nam er vrlaub von inen vnd versprach, inen bald wider zu komen oder ein andern zu schicken, der sÿ heimlichen mit dem hoch wirdigen gut bewahren vnd trösten solle. Daß hatt alle closterfruawen von hertzen erfreÿwet, sÿ wohlten von ihren geistlichen übung nicht ablassen. Haben ihr siben tag zeiten ihm käller gehalten, daß sÿ die singen könnten, daß sÿ niemant hören möchte.

Alß sÿ nur edliche wuchen ein wenig in der ruh wahren, da kömmen wider die closterherren. Die brachten innen schrifftlichen von dem ersammen rath gar ein trauwige bottschafft, daß sÿ inerhalb 5 tagen auß dem closter sollen. Daß seÿ nun von den herren beschlossen, wie [10v] eh wie bößer. Daß mieße sein vnd nicht anders. Sÿ sollen ihr haußrath zusammen machen, ihre frÿnd werdten sÿ abhollen. Die keine frindschafft haben, wohlen die herren schon versorgen, vnd miesten alle weltliche kleider tragen. Die priorin sprach, mir haben keinne, auch keinn gelt, solche machen zu lassen. Da haben die herren daß silber genumben auß der kustereÿkamer, vnd woh sÿ sunst bekomen haben, laßen daß durch die soltner auff den pfennig thurn tragen. Da vor gaben die herren auff diß mahl nur 4 hundert gulten, für die closterfrauwen zu weltlichen kleider, die innen die herren selbsten haben machen laßen.

Waß für grossen schrackhen solches dem gantzen convent geweßen, daß ist zu beschriben. Sÿ huben ihre händ gehimmel mit weinnen vnd soüfftzen. Sÿ sprachen, eß wahre inen vnmöglichen, außem closter zu gehn vndt weltliche kleider zu tragen. Etliche fiehlen in omacht,[38] etliche schriehen, man solle innen daß haupt abschlagen. Vor hertzen leidt vnd betriebnus wisten sÿ den herren kein anwordt zu sagen. Sÿ batten gar hoch vndt demietig, sÿ wohlten inen noch ein bartag zeit geben, sich zu bedänckhen, dan sy so schnell vor grossem leid den gnädigen herren kein andwordt könnten geben. Die closterfrauwen wißen auch alle wohl, daß dißer handel wurde angestiffet von auß drätter. Da tröstet sÿ die priorin vnd sprach, lieb kinder, mir sollen den höchsten noth hälffer vmb gnad betten. O Gott, der du alle hertzen erkännest, weist allein mit welcher tüeffen wunden die hertzen deiner armmen diennorinen geschlagen seint wordt vnd in welcher angst vnd gefärlichkeit sÿ gesetz wahren. Die priorin sprach, O Herr, erbarme dich vnßer vnd wollest daß bitten deiner betriebten kinder erhören, dan mir in nöthen vnßers lebens, ja auch vnsers guts vnd ehren.

Anmerkungen

[1] Chorgitter.
[2] Ein Paar.
[3] 01.04 bis 24.06.1526.
[4] General des Predigerordens.
[5] „Die Gelehrten, die Verkehrten.“
[6] Nicht identifiziert.
[7] mir = wir.
[8] getreu.
[9] Feigenhand, eine Geste mit der Hand, bei der der Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger geklemmt wird. Sie diente zur Abwehr aller möglichen Übel wie Behexen, Verschreien und dem bösen Blick.
[10] weil.
[11] Anastasia Mieg, die einer wirtschaftlich und politische bedeutender Familie stammte.
[12] Haus des Johanniterordens, das vom Stadtsherrschaft exempt war.
[13] Alt Sankt Peter, Stifts- und Pfarrkirche.
[14] Paar.
[15] Buchstaben (?).
[16] St. Marx und St. Katharina, Dominikanerinnenklöster.
[17] gewesene.
[18] Zusatz.
[19] Faust.
[20] Tür.
[21] Stübelein.
[22] kaum.
[23] ehrvergessene.
[24] Zusatz.
[25] Feind.
[26] bartag = Paar Tage.
[27] leiden.
[28] St. Margaretha.
[29] Altar.
[30] Gelübden.
[31] Gebetstunden.
[32] Bernhard Wurmser von Vendenheim (d. 1540), Patrizier; Stettmeister 1520–40.
[33] Caspar Hoffmeister (1466–1532) aus Weil der Stadt in Schwaben; Ratsherr 1510–32; Stifter des Syphilitikerspitals.
[34] Dr. Caspar Baldung (ca. 1480–1540); Stadtadvokat 1521–32; Bruder des Malers Hans Baldung Grien.
[35] behüten.
[36] Abend.
[37] verkleidet.
[38] Ohnmacht.

Quelle: Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg, Signatur: MS.1.392.