Kurzbeschreibung

Die Mobilisierung der deutschen Wirtschaft war unerlässlich für die Kriegsanstrengungen. Organisationen wie der Kriegsausschuss der deutschen Industrie gingen aus dem Zusammenschluss der beiden führenden Wirtschaftsverbände hervor. Er trug zur Umformung der Wirtschaft durch Mobilisierung der Industrieproduktion für den Kriegsbedarf bei. Der Ausschuss beriet das Kriegsministerium bei der Wirtschaftspolitik, eine Rolle, die dieser Institution einen immensen Einfluss verlieh, nicht nur auf die allgemeine Planung und Ausführung von politischen Maßnahmen, sondern auch auf die Verteilung von kriegswirtschaftlichen Aufträgen.

Die Reaktion der deutschen Wirtschaft (nach August 1914)

Quelle

Deutschland ist von Feinden umringt; die deutsche Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist ihnen ein Dorn im Auge. Deshalb sollen die Früchte der deutschen Arbeit zerstört werden. Die Feindschaft gilt der deutschen nationalen Arbeit; denn sie ist die Stütze unserer Weltmachtsstellung.

Während draußen an Deutschlands Grenzen die Operationen beginnen, gilt es jetzt, hier im Herzen des Landes, neben vielem anderen, auch dafür zu sorgen, daß die wirtschaftliche Arbeit, soweit irgend möglich, aufrecht erhalten und die hierfür verfügbaren Kräfte auf rationellste Weise gesammelt und organisiert werden, damit vor allem Zersplitterung und Vergeudung wirtschaftlicher Machtmittel vermieden werden.

Zu diesem Zwecke haben sich der Centralverband Deutscher Industrieller und der Bund der Industriellen vereinigt; sie haben zunächst die Unterzeichneten, die im Augenblick erreichbar und in Berlin anwesend sind, zusammengerufen mit der Bitte, dieser Gemeinschaftsarbeit ihre Kraft zu leihen.

Wir, die Unterzeichneten, sind dem Rufe ohne Zögern gefolgt und haben uns heute zu dem Kriegsausschuß der deutschen Industrie mit dem Vorbehalt zusammengetan, daß weitere Vertreter aus den übrigen deutschen Landesteilen hinzugezogen werden.

Die Zusammenfassung der gesamten geistigen und materiellen Mittel, welche die Industrie in sich vereinigt, unter einheitlicher Leitung durch die bewährtesten Führer der deutschen Arbeit, in Fühlung mit der Reichsverwaltung und der deutschen Finanzkraft, das ist die große Aufgabe, die wir lösen müssen. Es handelt sich um ein planmäßiges Zusammenwirken der bereits vorhandenen industriellen Organisationen für eine kraftvolle Arbeitsteilung und die zweckmäßigste Verwendung der vorhandenen nationalen wirtschaftlichen Kräfte, nicht allein für unsere Landesverteidigung an den Grenzen, sondern auch für Versorgung des inneren Bedarfes während der Dauer des Krieges.

Es sind Lebensfragen der deutschen Industrie, die auf dem Spiele stehen.

Wir müssen uns eine systematische Verteilung und Unterbringung der Angestellten und Arbeiter sowohl in der Landwirtschaft wie in der Industrie sichern.

Wir können die Unterstützung und Beschäftigung der infolge des Krieges notleidenden Zweige der Industrie durch die außergewöhnlich in Anspruch genommenen Industrien, die Überweisung von Teilen des Erzeugungsprozesses u. dgl. vermitteln.

Wir wollen die schnellste Verbreitung der Lieferungsausschreibungen des Staates und seiner einzelnen Verwaltungszweige (Militär-, Post-, Eisenbahnverwaltung usw.) organisieren.

Durch die Herausgabe fortlaufender Mitteilungen über die für die Kriegszeit erlassenen Gesetze, Verordnungen und Bekanntmachungen der Behörden wollen wir die Industrie aufklären und belehren, durch Auskunftserteilung in Verwaltungs- und Rechtsfragen, wie sie sich aus dem Kriegszustande ergeben, ihr zur Seite stehen.

Wir wollen die industriellen Kräfte auch sammeln für die Förderung allgemeiner nationaler Zwecke und uns bereit halten für alle weiteren Aufgaben, die in dieser ernsten Zeit an die Industrie herantreten werden.

Der „Kriegsausschuß der deutschen Industrie“ ist sofort in Tätigkeit getreten. Der Centralverband Deutscher Industrieller und der Bund der Industriellen haben sich dem Kriegsausschuß mit ihren sämtlichen Organisationen und Einrichtungen zur Verfügung gestellt.

Wir bitten alle Industriellen, von der Tätigkeit dieses „Kriegsausschusses“ Gebrauch zu machen, ihn aber auch in jeder Richtung nach Möglichkeit zu unterstützen. Wir erhoffen insbesondere die Mitarbeit der Landes- und Fachverbände, die unerläßlich ist, wenn die gesteckten Ziele erreicht und verwirklicht werden sollen. Wir glauben deshalb, auf ihre Mithilfe bestimmt rechnen zu können.

Die Geschäftsstelle des „Kriegsausschusses“ befindet sich Berlin W 9, Linkstraße 25 III.

(Unterschriften)

Quelle: Aufruf an die deutsche Industrie, nach August 1914, Der Kriegsausschuß der deutschen Industrie. Seine Entstehung und seine Aufgaben: Vorläufiger Bericht der Geschäftsführung. Berlin, kein Datum, S. 3–4.; abgedruckt in Ulrich Cartarius, Deutschland im Ersten Weltkrieg: Texte und Dokumente. München, 1982, S. 57–58.