Kurzbeschreibung

General Paul von Hindenburg (1847–1934) wurde nach dem militärischen Sieg der unter seinem Kommando stehenden 8. Armee über die russische Armee in Ostpreußen (Schlacht von Tannenberg) zum Feldmarschall ernannt. Im August 1916 übernahmen Hindenburg und sein Stabschef Erich Ludendorff gemeinsam die Oberste Heeresleitung (OHL). Unter ihrer Führung gewann die OHL enormen politischen Einfluss und bestimmte nicht nur die Militärstrategie Deutschlands, sondern auch dessen Wirtschafts- und Innenpolitik. Als der Reichstag (auf Initiative der SPD, der Zentrumspartei und der Fortschrittspartei) am 19. Juli 1917 angesichts des sich hinziehenden Krieges, zunehmender Streiks und anhaltender Nahrungsmittelknappheit eine Resolution verabschiedete, die einen schnellstmöglichen Friedensschluss forderte, stieß dies auf vehemente Ablehnung seitens der OHL, die weiterhin behauptete, ihre expansionistischen Kriegsziele noch erreichen zu können. Unterdessen weiteten sich seit 1916 die Streiks in der Rüstungsindustrie aus, und im August 1917 kam es zu ersten Friedensdemonstrationen und Meutereien deutscher Matrosen gegen die sinnlose Fortsetzung des Krieges. Je länger der Krieg andauerte, desto stärker bestand Hindenburgs Rolle als „Held von Tannenberg“ darin, die Moral der kriegsmüden und hungernden Heimatfront aufrechtzuerhalten. Hier ist ein Ausschnitt aus einer Rede Hindenburgs zur Kriegslage zu hören, die am 17. Oktober 1917 im Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres in Bad Kreuznach aufgezeichnet wurde. Die Aufnahme wurde für die Sammlung der Lautabteilung der Preußischen Staatsbibliothek angefertigt. In dieser Rede wiederholt Hindenburg nicht nur die offizielle Propaganda eines erfolgreichen Verteidigungskrieges, sondern behauptet auch, dass die zunehmenden Unruhen und Proteste durch feindliche Einflüsse angezettelt worden seien – eine Behauptung, die der „Dolchstoßlegende” ähnelt, mit der Hindenburg, Ludendorff und die restliche Militärführung später versuchten, sich der Verantwortung für die Niederlage zu entziehen.

Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, Ansprache zur Lage Deutschlands im vierten Kriegsjahr (17. Oktober 1917)

Quelle

Deutschland steht im 4. Kriegsjahre militärisch und wirtschaftlich unerschüttert. Eine Welt von Feinden hat nicht vermocht, es niederzuringen. Dieses Rätsels Lösung liegt in dem guten Gewissen des deutschen Volkes. Der Kampf ist uns aufgezwungen. Jeder Deutsche weiß, es geht um Sein oder Nichtsein. Und so leistet an der Front wie in der Heimat jeder fast Übermenschliches. Der Hieb ist die beste Abwehr. Darum, nicht aus Eroberungssucht, haben wir überall den Krieg in Feindesland getragen und unser Vaterland vor den Schrecken des Krieges bewahrt. Da Waffen und Hunger Deutschlands Siegeswillen nicht niederzwangen, griff der Feind zur Niedertracht. Er suchte Zwietracht zu säen, das Volk von seinem Kaiser zu trennen. An der deutschen Treue sind seine Giftpfeile aber abgeprallt. So wird die deutsche Eiche allem Sturm trotzen. Mit ruhiger Zuversicht erwarten wir den Ausgang des Ringens. Der gerechte Gott ist mit uns.
,,Ans Vaterland, ans teure, schließ' dich an! Das halte fest mit deinem ganzen Herzen. Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft." (Friedrich Schiller, Wilhelm Tell)

Quelle: Paul von Hindenburg, Ansprache zur Lage Deutschlands im vierten Kriegsjahr. Aufgenommen im Großen Hauptquartier Bad Kreuznach, 17. Oktober 1917. Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

DRA