Kurzbeschreibung

Die Deutschkonservativen verschrieben sich 1892 dem Antisemitismus, um mehr Wählerstimmen zu erhalten. Dieser Schritt markierte den Aufstieg des ultrakonservativen Parteiflügels mit Wilhelm von Hammerstein an der Spitze, dem Verleger des führenden konservativen Blattes in Deutschland, der Kreuzzeitung. Das Tivoli-Programm wurde nach dem Versammlungsort der Partei benannt.

Die Konservativen machen sich den Antisemitismus zu eigen: Das Tivoli-Programm der Deutsch-Konservativen Partei (1892)

Quelle

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1. Wir wollen die Erhaltung und Kräftigung der christlichen Lebensanschauung in Volk und Staat und erachten ihre praktische Betätigung in der Gesetzgebung für die unerläßliche Grundlage jeder gesunden Entwicklung. Staat und Kirche sind von Gott verordnete Einrichtungen, ein Zusammenwirken beider ist die notwendige Vorbedingung zur Gesundung unseres Volkslebens. Wir erkennen einerseits dem Staat das Recht zu, kraft seiner Souveränität sein Verhältnis zur Kirche zu ordnen, andererseits wollen wir keinen Gewissenszwang und deshalb kein Übergreifen der staatlichen Gesetzgebung auf das Gebiet des inneren kirchlichen Lebens. In diesem Sinne werden wir auch für das gute Recht der evangelischen Kirche auf selbständige Regelung ihrer inneren Einrichtungen eintreten. Die konfessionelle christliche Volksschule erachten wir für die Grundlage der Volkserziehung und für die wichtigste Bürgschaft gegen die zunehmende Verwilderung der Massen und die fortschreitende Auflösung aller gesellschaftlichen Bande. Wir bekämpfen den vielfach sich vordrängenden und zersetzenden jüdischen Einfluß auf unser Volksleben. Wir verlangen für das christliche Volk eine christliche Obrigkeit und christliche Lehrer für christliche Schüler.

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3. Wir wollen die Monarchie von Gottes Gnaden unangetastet erhalten wissen und bekämpfen, bei gesetzlich gesicherter bürgerlicher Freiheit für alle und bei wirksamer Beteiligung der Nation an der Gesetzgebung, jeden Versuch, die Monarchie zugunsten eines parlamentarischen Regimentes zu beschränken.

4. [] Wir erwarten, daß das neue Bürgerliche Gesetzbuch von deutsch-nationalem Rechtsbewußtsein getragen werde. []

6. Wir sehen in der vollen Wehrkraft des deutschen Volkes eine unerläßliche Bedingung für die Machtstellung der Nation und für die Erhaltung des Friedens.

7. Die maßvolle Fortführung einer zielbewußten Kolonialpolitik unter dem Schutze des Reiches werden wir unterstützen. []

10. Für die Landwirtschaft, welche unter der Ungunst des Weltmarktes, der internationalen Währungsverhältnisse und der inneren wirtschaftlichen Entwicklung leidet, ist der bestehende Zollschutz aufrechtzuerhalten. []

11. Für die Industrie ist der durch die Konkurrenz des Auslandes bedingte Zollschutz aufrechtzuerhalten und, wo nötig, zu verstärken.

12. Für das Handwerk erscheint vornehmlich die Einführung des Befähigungsnachweises, die Stärkung der Innungen und Innungsverbände, die Begründung und Förderung genossenschaftlicher Vereinigungen zu fördern. []

14. Diejenigen Anhänger der Sozialdemokratie und des Anarchismus, deren vaterlandslose und auf den Umsturz gerichtete Bestrebungen weite Kreise unseres Volkes gefährden, sind als Feinde der staatlichen Ordnung zu bekämpfen.

15. Einer gewissenlosen Presse, welche durch ihre Erzeugnisse Staat, Kirche und Gesellschaft untergräbt, ist nachdrücklich entgegenzutreten.

Hochhaltung von Christentum, Monarchie und Vaterland, Schutz und Förderung jeder redlichen Arbeit, Wahrung berechtigter Autorität, das sind die obersten Grundsätze, welche die Deutsche Konservative Partei auf ihre Fahne geschrieben hat.

Quelle: Wilhelm Mommsen und Günther Franz, Deutsche Parteiprogramme I: Die konservativen Parteien von den Anfängen bis 1918. Leipzig and Berlin: Teubner, 1932, S. 25–27.; abgedruckt in: Rüdiger vom Bruch und Björn Hofmeister, Hrsg., Kaiserreich und Erster Weltkrieg 1871–1918. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Hrsg. von Rainer A. Müller, Band 8. Stuttgart: P. Reclam, 2000, S. 227–29.