Quelle
Zweite Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Hitler-Jugend (Jugend-Dienstverordnung) vom 25. März 1939
Aufgrund des § 1 des Gesetzes über die Hitler-Jugend vom 1. Dezember 1936 (Reichsgesetzbl. 1, S. 993) bestimme ich:
§ 1: Dauer der Dienstpflicht
(1) Der Dienst in der
Hitler-Jugend ist Ehrendienst am Deutschen Volke.
(2) Alle
Jugendlichen vom 10. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind
verpflichtet, in der Hitler-Jugend Dienst zu tun, und
zwar:
1. die Jungen im Alter von 10-14 Jahren im „Deutschen
Jungvolk“ (DJ),
2. die Jungen im Alter von 14-18 Jahren in
der „Hitler-Jugend“ (HJ),
3. die Mädchen im Alter von 10-14
Jahren im „Jungmädelbund“ (JM),
4. die Mädchen im Alter von
14-18 Jahren im „Bund Deutscher Mädel“ (BDM).
(3) Schüler und
Schülerinnen der Grundschule, die das 10. Lebensjahr bereits
vollendet haben, werden bis zum Verlassen der Grundschulklassen
vom Dienst in der Hitler-Jugend zurückgestellt.
(4) Schüler
und Schülerinnen der Volksschule, die das 10. Lebensjahr bereits
vollendet haben, bleiben bis zu ihrer Schulentlassung Angehörige
des Deutschen Jungvolks oder des Jungmädelbundes.
§ 2: Erziehungsgewalt
Alle Jungen und Mädchen der
Hitler-Jugend unterstehen einer öffentlich-rechtlichen
Erziehungsgewalt nach Maßgabe der Bestimmungen, die der Führer und
Reichskanzler erläßt.
§ 3: Unwürdigkeit
(1) Der Zugehörigkeit zur Hitler-Jugend
unwürdig und damit von der Gemeinschaft der Hitler-Jugend
ausgeschlossen sind Jugendliche, die
1. ehrenrührige
Handlungen begehen,
2. wegen ehrenrühriger Handlungen vor
Inkrafttreten dieser Verordnung aus der Hitler-Jugend
ausgeschlossen worden sind,
3. durch ihr sittliches Verhalten
in der Hitler-Jugend oder in der Allgemeinheit Anstoß erregen und
dadurch die Hitler-Jugend schädigen.
[…]
§ 4: Untauglichkeit
(1) Jugendliche, die nach dem
Gutachten einer HJ-Gesundheitsstelle oder eines von der
Hitler-Jugend beauftragten Arztes für den Dienst in der
Hitler-Jugend untauglich oder bedingt tauglich befunden worden
sind, müssen entsprechend dem ärztlichen Gutachten ganz oder
teilweise von dem Dienst in der Hitler-Jugend befreit werden.
[…]
§ 5: Zurückstellung und Befreiung
(1) Auf Antrag des
gesetzlichen Vertreters oder des zuständigen HJ-Führers können
Jugendliche jeweils bis zur Dauer eines Jahres vom Dienst in der
Hitler-Jugend befreit oder zurückgestellt werden, wenn sie
1.
in ihrer körperlichen Entwicklung erheblich zurückgeblieben sind
oder
2. nach dem Urteil des Schulleiters ohne die Befreiung
die Anforderungen der Schule nicht erfüllen können.
[…]
§ 6: Deutsche Staatsangehörige nichtdeutschen
Volkstums
(1) Jugendliche deutscher Staatsangehörigkeit, bei
denen beide Elternteile oder der Vater nach ihrem
Volkstumsbekenntnis zur dänischen oder polnischen Volksgruppe
gehören, sind auf Antrag derjenigen, denen die Sorge für ihre
Person zusteht, von der Zugehörigkeit zur Hitler-Jugend zu
befreien; steht das Recht und die Pflicht für die Person des
Jugendlichen zu sorgen, mehreren zu und stellt nicht jeder von
ihnen den Antrag, so kann der Jugendliche befreit werden.
Uneheliche Jugendliche können auf Antrag derjenigen, denen die
Sorge für ihre Person zusteht, von der Zugehörigkeit zur
Hitler-Jugend befreit werden, wenn die Mutter nach ihrem
Volkstumsbekenntnis zur dänischen oder polnischen Volksgruppe
gehört; sie sind zu befreien, wenn der Vormund dem Antrag
zustimmt.
[…]
§ 7: Blutmäßige Anforderungen
Juden sind von der
Zugehörigkeit zur Hitler-Jugend ausgeschlossen.
[…]
§ 9: Anmeldung und Aufnahme
(1) Alle Jugendlichen sind bis
zum 15. März des Kalenderjahres, in dem sie das 10. Lebensjahr
vollenden, bei dem zuständigen HJ-Führer zur Aufnahme in die
Hitler-Jugend anzumelden. Treten bei einem Jugendlichen die
Voraussetzungen für die Aufnahme in die Hitler-Jugend nach diesem
Zeitpunkt ein (z.B. Entlassung aus der behördlichen Verwahrung,
Erwerb der Reichsangehörigkeit, dauernde Niederlassung im
Deutschen Reich), so ist der Jugendliche innerhalb eines Monats
nach Eintritt der genannten Voraussetzungen anzumelden.
(2)
Zu der Anmeldung ist der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen
verpflichtet.
[…]
§ 12: Strafbestimmungen
(1) Ein gesetzlicher Vertreter
wird mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark oder mit Haft bestraft,
wenn er den Bestimmungen des § 9 dieser Verordnung vorsätzlich
zuwiderhandelt.
(2) Mit Gefängnis und Geldstrafe oder mit
einer dieser Strafen wird bestraft, wer böswillig einen
Jugendlichen vom Dienst in der Hitler-Jugend abhält oder
abzuhalten versucht.
(3) Die Strafverfolgung tritt nur auf
Antrag des Jugendführers des Deutschen Reichs ein. Der Antrag kann
zurückgenommen werden.
(4) Jugendliche können durch die
zuständige Ortspolizeibehörde angehalten werden, den Pflichten
nachzukommen, die ihnen aufgrund dieser Verordnungen und den zu
ihr ergangenen Ausführungsbestimmungen auferlegt worden sind.
[…]
Berlin, den 25. März 1939
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Stellvertreter des Führers
R. Heß
Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei
Dr.
Lammers
Quelle: Reichsgesetzblatt I, 25. März 1939, S. 710. Online verfügbar unter: https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1939&page=941&size=45; abgedruckt in Paul-Meier Benneckenstein, Hrsg., Dokumente der deutschen Politik. Band 7, Teil II: Das Werden des Reiches 1939, bearbeitet von Hans Volz. Berlin, 1940, S. 794, S. 796–97.