Kurzbeschreibung

Am 20. Juli 1944 platzierte Claus von Stauffenberg (1907–1944) eine Bombe in der Wolfsschanze, dem Hauptquartier von Adolf Hitler in Ostpreußen. Die Bombe, die kurz darauf explodierte, löste einen gescheiterten Staatsstreich gegen Hitlers Regime aus. Unter den Verschwörern der so genannten Operation Walküre befanden sich mehrere führende Militärs und traditionelle konservative Politiker sowie bekannte Mitglieder der Bekennenden Kirche, der protestantischen Strömung, die der Weltanschauung der Nationalsozialisten am meisten zuwiderlief. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli berief sich Hitler auf die alte Tradition der Sippenhaft, um die Verbrechen derjenigen zu bestrafen, die als Verräter galten. Bei der Sippenhaft konnte eine Person allein durch Assoziation schuldig werden. Angefangen bei denjenigen, die mit dem gescheiterten Attentat in Verbindung standen, wurden auch Familienmitglieder, Freunde und Kollegen der Verschwörer zur Verantwortung gezogen. Diese Tradition wurde genutzt, um die Inhaftierung und manchmal auch die Ermordung von Tausenden von Menschen zu rechtfertigen.

Hans Koch (1893–1945), ein bekennendes Mitglied der Bekennenden Kirche und Rechtsanwalt, wurde im April 1945 wegen seiner Beteiligung an dem Putsch zum Tode verurteilt. Dieses Dokument ist eine klare Stellungnahme der evangelischen Kirche gegen das gescheiterte Attentat auf Hitler. Darin bezeichnen die Kirchenführer die Täter als Mörder und Verräter und bekräftigen ihre Loyalität gegenüber dem Reich und seinem Führer. Als die protestantischen Behörden von den Verbindungen zwischen der Widerstandsbewegung und der Bekennenden Kirche erfuhren, befürchteten sie eine Mitschuld und die daraus resultierenden Konsequenzen.

Die Evangelische Kirche reagiert auf das Attentat auf Hitler (30. Juli 1944)

Quelle

Ergebenheitsadresse der Deutschen Evangelischen Kirche

Anschlag auf den Führer

Mit Empörung und Abscheu wendet sich das deutsche Volk von der Tat des 20. Juli ab, die in einer Stunde, die das Aeußerste an Geschlossenheit erfordert, es unternahm, mit Mitteln des Mordes und Verrats das Reich in Wirren unabsehbaren Ausmaßes zu stürzen. Aus tiefstem Herzen danken wir dem Allmächtigen für die Errettung des Führers und bitten ihn, Er möge ihn weiterhin in seinen Schutz nehmen. Mit dieser Bitte soll sich das Gelöbnis neuer Treue und der Entschluss verbinden, uns ernster noch als zuvor der unerbittlichen Forderung dieser Zeit zu unterwerfen, für die der Führer rastlos sein Alles einsetzt.

Die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei und der Geistliche Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche haben nach dem Anschlag auf das Leben des Führers in Treuetelegrammen an ihn den Dank gegen Gott für die gnädige Bewahrung Ausdruck verliehen. Zugleich wurde dabei vom Geistl. Vertrauensrat zur Kenntnis gebracht, daß am Sonntag nach dem Mordanschlag allgemein in den evang. Gottesdiensten des Reichs fürbittend des Führers gedacht worden ist.

Quelle: Das Evangelische Deutschland. Kirchliche Rundschau für das Gesamtgebiet der Deutschen Evangelischen Kirche, Nr. 30-31/1944, S. 74; abgedruckt in Bernd Sösemann (in Zusammenarbeit mit Marius Lange), Propaganda: Medien und Öffentlichkeit in der NS-Diktatur: eine Dokumentation und Edition von Gesetzen, Führerbefehlen und sonstigen Anordnungen sowie propagandistischen Bild- und Textüberlieferungen im kommunikationshistorischen Kontext und in der Wahrnehmung des Publikums, Band 1. Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2011, S. 708.