Kurzbeschreibung

Die Nationalsozialisten waren bestrebt, in jedem Deutschen ein Gefühl der persönlichen Verbundenheit mit der Natur zu wecken. Um diese Einstellung zu fördern, war es wichtig, diese Verbundenheit auch in der nationalsozialistischen Elite zu demonstrieren und vorzuleben, auch um die Deutschen mit ihren politischen Führern zu verbinden und sie an ihre Zugehörigkeit zu einer nationalen, „rassischen“ Gemeinschaft zu erinnern. In diesem Vorwort zu einem Buch über Hitlers Leben in seiner „Wahlheimat“ beschreibt der Verleger und Autor Walter Schmidkunz Adolf Hitlers ersten Besuch in Berchtesgaden in den südostbayerischen Alpen im Juli 1923 und stellt diesen Besuch als einen äußerst prägenden Moment für den zukünftigen Führer dar. In dieser Region sollte sich später Adolf Hitlers Feriendomizil, der Berghof, und eines seiner Hauptquartiere, das Kehlsteinhaus, auf den Gipfeln oberhalb des Dorfes Obersalzberg befinden. Diese Ländereien, so Hoffmann, waren Adolf Hitlers „Wahlheimat“, ein ruhiger, beschaulicher Ort, an dem der „Baumeister des kommenden Reiches“ seine Vision für Deutschland planen konnte und aus dem er Entschlossenheit und schöpferische Kraft schöpfte.

Hitler in den Bergen: Auszug aus Hitlers Wahlheimat (1933)

Quelle

Das Berchtesgadener Land - Der Salzberg - Das Hitlerhaus

Im Juli 1923 – genau zehn Jahre sind seither vergangen – kam Adolf Hitler zum ersten Mal ins Berchtesgadener Land. Dietrich Eckart, Anton Drexler und Hermann Esser – die Vorkämpfer und Bahnbereiter – waren mit ihm. Am stillen, grünen Gehänge des Obersalzberges fand sich das zufällige Heim, das die Ruhe, Sammlung und Vorbereitung zur großen Arbeit des Jahres 1923 verbürgte, des bedeutsamen Jahres, das unter dem schweren Eindruck des Ruhreinfalles begann und mit dem schwarzen Tag vor der Münchner Feldherrnhalle endete.

Jene Berchtesgadener Tage haben Adolf Hitler aufs innigste mit den Bergen und mit dem Land, das seine Wahlheimat wurde, verbunden.

Es war nicht der Fluchtwinkel vor der Unrast der Welt, der sich hier ihm gnädig auftat, in dem man sich in beschaulicher Muße dem Segen der Höhen hingeben konnte. Nein, damals ward der stille Salzberg für den Baumeister des kommenden Reiches der gesuchte Platz, auf dem im Anblick der himmelragenden Berge, im Tiefblick auf blühendes, gesegnetes Getal und Gehag und im weiten Ausblick nach dem ebenen urdeutschen Land das gärte, ward und reifte, was Sendung, Ziel und Wille war.

Aber ein ruhiges Bleiben war dem rastlosen Kämpfer nicht vergönnt. Besprechungen mit den Getreuen, ein paar Atemzüge Bergluft, ein paar Nächte erholenden Schlafes – dann rief ihn wieder die selbstgestellte Pflicht. Noch war ein weiter und harter Weg zurückzulegen, Hindernisse türmten sich über Hindernissen, aber in wachsenden Massen scharten sich um den erkannten und geliebten Führer Jugend und Männer und gingen für ihn, für seine Sache, ihre Sache, die deutsche Sache, durch Blut und Feuer.

Immer wieder aber zog es ihn – wenn auch nur für kurze Stunden – hinauf nach dem Salzberg, dem grünen Eiland in der bergumstandenen Bucht, an dessen Gestade das ruhlose Herz Anker geworfen hatte.

[]

Groß und berühmt ist die Namensliste derer, die im Laufe der Zeiten Berchtesgadens glückliche Gäste waren. Die gekrönten Häupter liebten zu allen Zeiten das entzückende Land, das die lebefrohen adeligen Augustiner Chorherrn entdeckt und eingelebt hatten. Deutsche, bayrische, österreichische, russische und niederländische Herrscher hielten hier Sommerfrisch, Rast oder Jagd, die Wittelsbacher waren seit dem großen Ludwig I., der mit seinen Malern das Land entdeckte und mit Vorliebe droben am Boschberglehen in der Strub im Freien Mittagstafel hielt, durch die Jahrzehnte hindurch als die „ersten Gäste“ ihres und dieses Landes hier zu Hause bis zum weidgerechten Jäger Luitpold und dem letzten Ludwig, der vor roter Revolte armselig in die entlegene Stille von St. Bartholomä flüchten mußte.

Napoleons Gattin Marie-Louise war hier und der dritte Napoleon. Bismarck hat den Watzmann bewundert und Moltke ein schweigsames Forellenabenteuer im alten Kerschbaumerhaus erlebt. Einer der letzten großen Gäste war der Generalfeldmarschall und Reichspräsident von Hindenburg. Einmal war Berchtesgaden auch die Stätte hoher Politik vergangener Jahre, als 1908 im Schoenhäusl auf der Ministerkonferenz mit dem italienischen Außenminister Tittoni, dem österreichisch-ungarischen Baron von Aehrenthal und dem russischen Minister Iswolsky Dinge beraten und beschlossen wurden, die kurzlebig und vergänglich waren wie die Schönheit eines Sommertages.

[]

Schwer zu zählen ist die Schar großer Geister, die glückselig Tage hier erlebten oder Stammgäste im Berchtesgadener Gottesgarten wurden, vom großen Humboldt, der die Schönheit des Gebietes an Neapel und Konstantinopel maß, und dem Tiroler Speckbacher, der zwischen den Gefechten im Neuner-Jahr seinem Buben den Königssee zeigte, angefangen über Jonas Lie, den Norweger, Ferdinand Gregorovius, Charlotte Birch-Pfeiffer und Henrik Ibsen bis zu Eckener, Dietrich Eckart und dem Mann, der sein deutsches Herz bodenfest in dieser Wahlheimat verankerte – Adolf Hitler.

Wer es sah und erlebte, dieses Land, ja wer seine Einzigkeit nur erahnt, der glaubt es, daß, wie die Sage erzählt, die Arche Noahs nach der großen Sintflut sich hier an den Archenköpfen am Watzmann niederließ und daß von hier aus die friedenbringende Taube in die Welt flog, und der versteht es, daß der Schöpfer des werdenden neuen Reiches, der Führer des deutschen Volkes gerade hier die Heimat seines Herzens suchte und fand.

[]

Das Haus Wachenfels am Obersalzberg hatte vor Jahren ein Hamburger sich zum Sommersitz gebaut. Die Zeiten änderten sich, dann stand es leer.

Als Adolf Hitler 1924 wieder auf den Salzberg kam, mag ihm dies Stückchen Erde in den Bergen, „von denen die Freiheit kommt“ doppelt stark ans Herz gewachsen sein und den Wunsch geweckt haben, hier Heim und Scholle zu finden. Ein Zufall kam zu Hilfe, und ein paar Jahre später mietete Adolf Hitler das Haus Wachenfels und rief seine einsam gewordene Schwester, daß sie es bewohnen und bewirtschaften möge.

Unter ihren schwesterlich und hausfraulich besorgten Händen kam Wohnlichkeit in das Heim am Salzberg. Im Erdgeschoß, das man von der Terrasse aus, auf der das Haus steht, betritt, wurde das große Erkerzimmer, das die ganze Hausbreite einnimmt, Wohnstube und Mittelpunkt des Hauses. Durch die Erkerfenster geht der Blick über die Häusergruppe beim Türkenwirt, durch die Frontfenster sieht der Untersberg herein und schaut gerade noch ein Stück Berchtesgaden herauf. Das breite, blumenumstandene Erkerfenster mit dem Rundtisch davor und an der Längswand der schwere, heimelige, grüne Kachelofen mit der gemütlichen Ofenbank charakterisieren die Stube; der Schreibtisch an der Stirnwand, trotzdem auf und in ihm oft wichtige Schriftstücke liegen und am Fernsprecher, der dort steht, In- und Ausland hängt, ist hier nicht der Brennpunkt des Raumes, der ja wie das ganze Haus dem Ausruhen dienen soll. Eher sind die bunten Wellensittiche mit ihrem schallenden Zwitschergeschmetter die anspruchsvollen Tonangebenden des Wohnzimmers, die gemeinsam mit dem Radio Frau Angelikas stille, besuchslosen Tage beleben müssen.

Der Hausrat hält die gute Mitte zwischen bürgerlich-städtischen und bäuerlich-ländlichen Möbeln und ist ganz auf Wohnlichkeit gestellt; der Bodenbelag – bayrischen Knüpf- und Fleckerlteppiche – stammt meist von nahen Heimwebstühlen. Die Fülle von Sitz- und Ruhe- und Zierkissen erinnert an die Glückwunschfluten des 20. April, als der arme Briefträger tagelang Sack um Sack gebündelter und kuvertierter Verehrung und Liebe, von unzähligen, ach, so gut gemeinten und sich doch so oft wiederholenden kleinen und großen Spenden hier herauf auf den Salzberg schleppen mußte, wo die Gratulanten ihren Kanzler und Führer sicherer zu erreichen hofften als mit dem gleichzeitigen Brief- und Spendestrom, der sich über die Berliner Reichskanzlei ergoß. In einem Zimmer im Obergeschoß ist diese Liebe aufgestapelt und im Vordergrund liegen hier nicht die prächtigen oder etwa die kuriosen Spendegrüße, sondern die naiven und herzwarmen der Kinder, der „lieber Onkel Hitler“ klexten, Zuckerln für die Hunde beilegten oder gar einen schönen Federhalter aus Sparpfennigen erstanden und übersandten, „falls Du, lieber Onkel Hitler, einen brauchst.“ Den deutschen Kindern und der heranwachsenden Jugend gilt ja auch die große Liebe des Volkskanzlers. Die vielen, vielen Kinderbriefe zu lesen, nahm er sich Zeit, und ihre kleinen wandernden Scharen sind es auch, die wie die Jugend vom Salzberg, gelegentlich ins Haus, das sich, wie man verstehen wird, allen anderen, auch den Begeistertsten, verschließen muß, hereingeholt werden, um die „Blonda“ zu streicheln, und beim großen „Onkel“ die dicken Butterbrote der guten „Tante“ zu verspeisen.

Aber auch die seltenen besonderen Gäste, die mit dem Kanzler hierherkommen oder ihn hier aufsuchen – von denen Reichsminister Dr. Goebbels den schönen Salzberg ganz besonders liebgewonnen hat –, müssen sich an die berühmten Butterbrote von Frau Angelika halten, das heißt, die Küche vom Hitlerhaus ist einfach, dem Salzberg angepaßt und naturgemäß von der Anspruchslosigkeit des Kanzlers, der vegetarisch lebt, nicht raucht und klares Wasser anderen Getränken vorzieht, beeinflußt, wenn hier auch jeder wie beim großen Friedrich nach seiner Fasson selig werden kann. Und die Gäste fühlen sich hier heroben auch so wohl, daß sie wie der Führer jede Minute auskosten und mit Hitlers Schwester nur auf die Standuhr im Erkereck böse sind, die ihnen allen viel zu schnell läuft.

Meist sind es nur wenige Stunden, die dem Kanzler hier gegönnt sind. Oft bringt ihn ein rascher Flug, der keine Unterbrechung seiner Regierungsgeschäfte bedeutet, von Berlin nach München; in der Nacht noch fährt er hinein in die Berge und auf seine Scholle, nur um hier, losgelöst von allem Störenden und Beschwerenden, ein paar Stunden tief und tief zu schlafen und frische Kräfte zu sammeln. Ein Blick auf die großen Berge im Morgenlicht, ein Milchfrühstück mit rauhem Bauernbrot – und mittags hat ihn wieder Berlin und der Kreis seiner Mitarbeiter. Der Kanzler braucht nur wenig Schlaf, wie ihm überhaupt alle persönlichen Bedürfnisse sehr nebensächlich sind. Auf das Bett am Salzberg, neben dem die Altantür in die Bergfreiheit führt, wo die Welt schweigt und nur der Brunnen rauscht, freut er sich jedesmal, und die ihm nahestehen haben es oft gehört: Nur dort oben am Salzberg schläft es sich gut und dort droben am Berg kommen auch die besten Gedanken …

[]

Quelle: Karl Schuster-Winkelhof, Adolf Hitlers Wahlheimat. Begleitwort von Walter Schmidkunz. München: Münchner Buchverlag, 1933, S. 3; 8; 14–15.