Kurzbeschreibung

Die Festnahme von Adolf Eichmann in Argentinien stand auf rechtlich umstrittenem Boden: Agenten des israelischen Geheimdienstes hatten Eichmann in Argentinien gefangen genommen, was einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht darstellte. Mossad-Agenten flogen ihn unter Drogeneinfluss und getarnt als israelischer Flugangestellter, der ein Kopftrauma erlitten hatte, aus dem Land. In diesem Artikel wird die Gefangennahme Eichmanns als freiwillig dargestellt: Eichmann habe sich freiwillig der israelischen Justiz gestellt, nachdem „jüdische Freiwillige“ (die tatsächlich Mitglieder des israelischen Geheimdienstes waren) ihn aufgespürt hätten. Diese Darstellung verschleiert die komplizierte Rechtslage bei der Festnahme Eichmanns. Die ostdeutsche Tageszeitung Berliner Zeitung formulierte den Artikel möglicherweise so, weil die DDR die BRD beschuldigte, Eichmanns Auslieferung an Westdeutschland beantragen zu wollen, um den Fall Eichmann zu begraben, da sie befürchtete, dass NS-Verbrecher in ihrer Regierung durch einen Prozess entlarvt würden. Laut DDR-Regierung wäre jede westdeutsche Infragestellung der komplizierten rechtlichen Natur von Eichmanns Gefangennahme ein Versuch, einen möglichen Auslieferungsversuch vorzubereiten.

Eichmann in Argentinien aufgespürt (8. Juni 1960)

Quelle

Buenos Aires (ADN/EB). Der millionenfache Judenmörder Adolf Eichmann hat sich freiwillig der israelitischen Justiz gestellt, nachdem er von jüdischen Freiwilligen in Argentinien aufgespürt worden war, wo er unter falschem Namen lebte. Dies wird in einer israelitischen Note festgestellt, die der Botschafter Israels, Arieh Levavi, Sonnabend der argentinischen Regierung überreichte.

Jüdische Freiwillige hätten seit 15 Jahren in der ganzen Welt nach Eichmann gesucht, der einer der Hauptverantwortlichen für die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis ist, heißt es u. a. in der Note. Vor einigen Monaten sei es gelungen, den Verbrecher in Argentinien aufzuspüren. Er sei aufgefordert worden, sich nach Israel zu begeben und sich vor der israelitischen Justiz für seine Taten zu verantworten, nach einer 24stündigen Bedenkzeit habe sich Eichmann damit einverstanden erklärt und eine entsprechende schriftliche Erklärung abgegeben.

Quelle: „Eichmann in Argentinien aufgespürt“, Berliner Zeitung, 8. Juni 1960, S. 2.